Was trägt man unter dem Talar? Diese Frage ist in den letzten Tagen auf Instagram stark diskutiert worden. Die Antwort ein schwarzer Hosenanzug ist sicherlich nicht falsch. Aber ich glaube, dass es auch nicht die einzige Antwort ist, die richtig ist.

Andere Generation, andere Kleidung

Ich denke, dass verschiedene Generationen die Frage nach angemessener Kleidung anders beantworten. Für mich, mit Anfang 30, ist beispielsweise die Jeanshose ein absolut angemessenes Kleidungsstück für viele Gelegenheiten. Sie lässt sich sportlich, aber auch elegant mit einem Blazer tragen und gilt längst nicht mehr als bloße Arbeiterhose.

In meinem Praktikum während des Studiums ist mir allerdings eine Jeans im Ostergottesdienst von einer etwas älteren Dame als unangemessen zurückgemeldet worden, die meines männlichen Mitpraktikanten wiederum nicht.

Andersherum ist es so, dass ich als Teil der Generation Y oder auch Millenials genannt, Skinny Jeans, also Hosen mit engem Bein als Trendschnitt kenne. Vor nicht allzu langer Zeit wurde ich jedoch so herzlich, wie es nur 13-Jährige sein können, von Konfis in meiner Gemeinde darauf hingewiesen, dass Skinny Jeans eigentlich nicht mehr wirklich in sind, man trägt jetzt wieder Jeans mit weitem Bein.

Auch in der Politik: Der Generationeneffekt

Dass unterschiedliche Stile an Kleidung getragen werden, je nachdem welcher Generation man angehört, sieht man auch in der Politik, besser sichtbar an Politikerinnen als an Politikern. So passte sich Angela Merkel, die Königin der Hosenanzüge, mit ihrem Kleidungsstil den Männern in ihrer Umgebung an und unterstrich dadurch, dass sie genauso wie ein Mann Politik betreiben kann.

In einer Zeit, in der Frauen beruflichen Erfolg oftmals nur erhalten konnten, indem sie männliche Führungs- und Kleidungsstile adaptierten, ist diese Kleidungswahl eine logische Konsequenz. Annalena Baerbock, die Königin der farbenfrohen Kleidung, hat einen Kleidungsstil, der eher weiblich konnotiert ist. Langsam, aber stetig entwickelt sich unsere Gesellschaft. Frauen müssen nicht mehr, um in Männerdomänen mitgestalten zu dürfen, sich kleidungstechnisch diesen anpassen.

Kleider machen Leute

Meine Devise zum Thema "Was trägt man am besten unterm Talar?" wäre das: Trage das, worin du dich wohlfühlst, dass andere Menschen dich sehen. Kleider machen Leute, an diesem Spruch ist immer noch etwas dran. Meine Kleidung beeinflusst Menschen, die mich sehen und sie beeinflusst mich selbst. Kleidung, in der ich mich wohlfühle, strahlt Selbstsicherheit aus.

Und ich glaube, Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein ist im Pfarrberuf dringend notwendig. Als Pfarrperson tritt man vor Menschen und redet vor ihnen, dafür braucht es Selbstbewusstsein. Schließlich will die christliche Botschaft überzeugt und sicher in die Welt hinausgetragen werden. Sich unwohl in der eigenen Haut und Kleidung zu fühlen, ist da eher kontraproduktiv.

Welche Kleidung Selbstsicherheit verleiht, das mag für jede Person und für jeden Anlass anders sein. Für manche mag das der schwarze Anzug sein. Für andere die Glitzerschuhe. Für wieder andere der rote Lippenstift.

Die liturgisch nicht korrekte schwarze Wollmütze

Für mich ist beispielsweise klar, dass ich zu Beerdigungen tatsächlich immer schwarz trage, untendrunter und im Schuhwerk. Damit ist klar, dass ich an diesem Tag durch meine Kleidung nicht ins Auge steche. Ich bin klar und deutlich als Pfarrerin erkennbar und nicht mehr. Für mich eine Art Schutz, die ich für Beerdigungen brauche. Aber es ist auch logisch für mich, dass ich bei Minusgraden auf dem Friedhof eine liturgisch nicht korrekte schwarze Wollmütze trage, um mich vor der Kälte zu schützen. Ich gehe fest davon aus, dass es dem lieben Herrgott lieber ist, ich bleibe gesund und kann weiter von seiner Botschaft erzählen, als krank im Bett zu liegen.

Anders ist es da bei Taufen oder anderen Gottesdiensten. An Weihnachten war für mich klar, dass auch meine Kleidung unter dem Talar weihnachtlicher aussehen darf und so war meine Strumpfhose mit Glitzer durchzogen. Und bei Taufen trage ich im Sommer in der Regel immer Turnschuhe.

Ich finde es nicht verwerflich, dass bei Gottesdiensten auch mal die eigene Persönlichkeit der Pfarrperson durch die Kleidung unter dem Talar hervorblitzt. Die aktuelle kirchliche Mitgliedschaftsuntersuchung zeigt schließlich auch wieder: Wer die Pfarrperson kennt und schätzt, hat oftmals einen größeren Bezug zur Kirche. Und wie könnte man die Pfarrperson besser kennenlernen als durch ihre Kleidung?

Schwarzer Lederschuh und weißer Sneaker

In meiner Arbeit als Gemeindepfarrerin und auch im Vikariat bin ich zum Glück, noch kein einziges Mal negativ von Seiten der Gemeinde auf meine Kleidungswahl angesprochen worden, weder von den jüngeren noch von den älteren.

Natürlich weiß ich nicht, ob es nicht doch jemand gibt, der sich von meinen Turnschuhen mal abgelenkt gefühlt hat. Aber im Großen und Ganzen nehme ich die Menschen eher so wahr, dass sie an dem, was ich von Gott erzähle, interessiert sind und nicht daran, ob ich jetzt schwarze Lederschuhe oder weiße Sneaker unter dem Talar trage.

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Ferdinand Rogge am So, 11.02.2024 - 12:07 Link

Liebe Frau Krauße, als ich im September beim Bundespräsidenten zum Sommerfest eingeladen war, saß ich neben 2 Patres. Es war ungefähr 38 Grad. Ich fragte meinen Nachbarn ob seine Kleidung nicht zu warm sei. Daraufhin lüftete er seinen Talar und zeigte seine nackten Beine. Es entwickelte sich ein schönes Gespräch über den interreligiösen Dialog, meinen Glauben, ich bin Baha‘i , Haifa und den Bremer Friedenstunnel, dessen 2. Vorsitzender ich bin. Hier in unserer Kleinstadt pflege ich schöne Kontakte zu unseren evangel. Pfarrern. Ich kann mir nicht vorstellen sie bei offiziellen, feierlichen Anlässen mal in Jeans zu sehen oder gar weiße Sneakers. Einen Aspekt haben Sie nicht bedacht. Vor Jahrzehnten gab es mal eine Untersuchung zum Thema Vertrauen zu Menschen mit Uniformen/Einheitskleidung. Uniformen, so zumindest damals, schaffen Vertrauen. Also ein Talar ist im weitesten Sinne eine Uniform also schafft er Vertrauen, Würde und Respekt siehe auch unsere Richter.
Letztendlich gebe ich Ihnen vollkommen recht, es geht um Gottes Wort und das ist wichtig. Mit lieben Grüßen 🙏 Ferdinand Rogge