Die beiden großen christlichen Kirchen haben ihr neues ökumenisches Migrationspapier vorgestellt. Das Gemeinsame Wort "Migration menschenwürdig gestalten" soll aktuelle Fluchtbewegungen in den Blick nehmen und eine sozialethische Orientierung geben. Die Schrift fordert eine gerechtere und humanere Migrationspolitik in Deutschland und Europa. Das Migrationspapier wurde von der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) erarbeitet.

Der Text erscheint fast 25 Jahre nach dem ersten Gemeinsamen Wort der Kirchen zu den Herausforderungen durch Migration und Flucht. Das erschien 1997 und trug den Namen "...und der Fremdling, der in deinen Toren ist". An der Vorstellung beteiligten sich der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und der Osnabrücker Bischof und stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Franz-Josef Bode.

Rassismus verleugnet gottgegebene Menschenwürde

Bei der Vorstellung des Migrationswortes in einer Online-Pressekonferenz betonte der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Franz-Josef Bode, dass die Kirchen mit ihrem Text ein deutliches Zeichen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und gegen jede Form von Menschenfeindlichkeit setzen:

"Wenn jüdische und muslimische Gotteshäuser geschändet werden, darf uns das als Kirchen nicht kalt lassen. Wenn Menschen wegen ihrer Hautfarbe oder Weltanschauung bedrängt und verletzt werden, ist unser Platz an ihrer Seite. Im Gemeinsamen Wort stellen die Kirchen unmissverständlich klar, dass sie allen menschenfeindlichen Strömungen entgegentreten. Rassismus verleugnet die von Gott gegebene Würde jedes Menschen."

Der Vorsitzende des Rates der EKD, Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm, rückte die europäische Flüchtlingspolitik in den Fokus:

"Für mehr als 82 Mio. Menschen, die derzeit weltweit unterwegs sind, geht es um das nackte Überleben. Dass die Würde und die Rechte von Geflüchteten an so vielen Orten weltweit missachtet und verletzt werden, so auch an den Außengrenzen der EU ist skandalös und zutiefst beschämend. Deshalb setzen wir uns nachdrücklich für eine europäische Flüchtlingspolitik ein, die sich an den Menschenrechten orientiert."

Perspektivwechsel in der Migrationspolitik gefordert

Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins (Universität Münster) sprach sich für einen grundlegenden Perspektivwechsel aus:

"Nicht Migration zu verhindern, sondern die Ursachen einer von Gewalt oder Not getriebenen, unfreiwilligen Migration zu überwinden, ist aus ethischer Sicht Ziel von Migrationspolitik."

Sie gehört, ebenso wie Prof. Dr. Hannes Schammann (Universität Hildesheim) der Ökumenischen Arbeitsgruppe zur Vorbereitung des Migrationswortes an. Prof. Schammann betonte, dass das Wort in einer Zeit entstanden sei, in der in Europa und weltweit eine Erosion des Multilateralismus zu beobachten sei:

"Heute entfernen wir uns in der EU von einem solchen gemeinsamen Ansatz, der mehr sein muss als die Hochrüstung der Außengrenzen. Wenn der Blick auf die Verhinderung von Migration das Einzige ist, was die EU zusammenhält, wird die EU als Wertegemeinschaft keine Zukunft haben."