"Lieber Kirchentag, warum schaffe ich es einfach nicht, mich in dich zu verlieben?", beginnt Pfarrer Nicolai Opifanti den Text zu seinem aktuellsten Beitrag auf Instagram. Als Bild wählte er ein Foto seines Notizbuches, auf das er die Worte "Lieber Kirchentag" schrieb und dazu das aktuelle Datum an den Rand kritzelte. Umrahmt wird die Szene von einer Rose, der Eindruck eines sehr persönlichen Briefes entsteht. 

Opifanti ist Gemeindepfarrer in Kirchheim/Teck und Social-Media-Pfarrer. Gemeinsam mit Sarah Schindler hat er eine Projektstelle für den "Pfarrdienst in Digitalen Räumen", seinem Instagram-Account "pfarrerausplastik" folgen 12.300 Menschen. 

"Lieber Kirchentag, ..."

"Wir beide haben uns doch so Mühe miteinander gegeben. In München haben wir uns auf großer ökumenischer Bühne das erste Mal getroffen, in Stuttgart sind wir uns wirklich nah gekommen und doch wollte der Funke nie so überspringen, dass ich Dir nach Wittenberg und Dortmund gefolgt wäre", führt Optifanti seine direkte Ansprache an den Kirchentag fort.

Auch in diesem Jahr sei er wieder eingeladen, doch: "Nur in meinem Herzen, so scheint es mir, bleibt es grau, wenn ich an Dich denke."

Dabei gäbe es "viele tausend Menschen", die "ganz entzückt" seien, "wenn nur Dein Name fällt". Der Kirchentag ist laut Optifanti für viele "liebevolle Heimat, Initiatorin neuer Hoffnung und ein Bild wie Kirche auch sein kann bunt, vielfältig und lebensfroh." 

Der Kirchentag und ich

Die Beziehung Opfiantis zum Kirchentag jedoch gestaltet sich offensichtlich holprig: "Woran liegt das? An mir? An Dir? Wie immer, wenn es mit Beziehungen nicht recht klappen möchte, liegt es wohl an uns beiden ein bisschen."

Er habe immer mehr das Gefühl, der Kirchentag spiele ihm etwas vor und gebe vor, etwas zu sein, dass er nicht (mehr) sei:

"Je greller Du um meine Aufmerksamkeit warbst und mit schicken Parolen um Dich warfst desto mehr spürte ich, dass wir nicht zueinander passen."

Schuldzuweisungen sind dabei jedoch nicht in Opifantis Sinn: "Ich möchte stattdessen lieber die Schuld bei mir suchen und mich fragen, warum ich mich so fremd bei Dir fühle? Warst Du mir nicht fromm genug, oder doch zu wenig offen für Menschen jenseits kirchlicher Vorstellungsgrenzen."

Das Ende einer Beziehung?

Auch eine Lösung schlägt der Social-Media-Pfarrer vor und greift dabei das Motiv der gescheiterten Beziehung erneut auf: "Vielleicht müssen wir beide auch aufhören, uns was vorzumachen und endlich Anfangen ehrlich miteinander zu sein und auf unser Gefühl zu hören. Du auf Deins und ich auf meins und uns eingestehen, dass wir beide uns einfach nicht miteinander wohlfühlen. Ich jedenfalls freu mich für jede*n deiner Liebhaber*innen, ich weiß, Du kannst ihnen so viel bieten und ich weiß auch, dass Du ein großes Herz hast und mir verzeihst, wenn ich Dir jetzt erst sage, dass ich Dich nicht liebe, Dein Plasti."

Reaktionen auf Instagram

Mit seinem Beitrag scheint "Plasti" aka "Pfarrer aus Plastik" einen Nerv zu treffen. Nur 15 Stunden nach seiner Veröffentlichung erzielte er bereits fast 400 Likes und an die 50 Kommentare.

"Das holt mich sehr ab. Ich bin auch so gar nicht in love mit dem Kirchentag. Ich freue mich für alle, die dort einen guten Ort für sich haben. Aber nicht zieht es auch dieses Mal wieder nicht dorthin", lautet einer von ihnen, ein anderer schlicht:

"Mega."

Doch auch gegenteilige Meinungen sind zu lesen: "Ich war seit 1982 regelmäßig auf dem Kirchentag ... als Bläserin, als normale Besucherin, habe dann mehrere Jahre familientechnisch pausiert und bin in diesem Jahr endlich wieder da. Ich freue mich riesig drauf. Bei mir ist der Kirchentagsfunke beim ersten Besuch in Hannover übergesprungen."

Zahlreiche User*innen setzen sich in den Kommentaren mit ihrer eigenen "Beziehungsgeschichte" mit dem Kirchentag auseinander - und tun damit vielleicht genau das, was Opifanti mit seinem Posting erreichen wollte. 

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