Einsamkeit wird der evangelischen Theologin Petra Bahr zufolge immer mehr zu einer "heimlichen Krankheit" der Herzen. "Die Pandemie hat diese Form der Verlorenheit noch verstärkt", sagte die hannoversche Regionalbischöfin am Sonntag in einem Gottesdienst im Kloster Marienwerder bei Hannover.

Klostergemeinschaft vorbildlich

Ein vermeintlich überkommenes Lebensmodell wie das einer Klostergemeinschaft sei dabei vorbildlich und weise in die Zukunft.

"Hier darf man frei, selbstbestimmt und gleichzeitig mit Anderen leben",

sagte Bahr, die auch Mitglied im Deutschen Ethikrat ist.

Gründe für zunehmende Einsamkeit

Gründe für die zunehmende Einsamkeit der Menschen sehe sie vor allem in einer älter werdenden Gesellschaft und weniger Familienbeziehungen, die bis ins hohe Alter hielten. Dies liege nicht daran, dass die Jungen egoistisch geworden seien, sondern weil das Leben sich durch Mobilität und Selbstbestimmung so verändert habe.

Auch Diakonie-Präsident kümmert sich um Thema Einsamkeit

Auch der Diakonie-Präsident Ulrich Lilie will das oftmals tabuisierte Thema Einsamkeit "aus der Schmuddelecke holen". "Ich möchte, dass es besprechbar wird, wenn man sich einsam fühlt", sagte der Diakonie-Chef kürzlich beim Start einer Sommerreise zu diesem Thema in Bremen. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) forderte er mehr Engagement und ein abgestimmtes Vorgehen gegen die wachsende Einsamkeit in der Gesellschaft, und zwar "mit langem Atem":

"Das sollte als Querschnittsaufgabe ressortübergreifend und über ein breites zivilgesellschaftliches Netzwerk gut koordiniert angepackt werden."

In nahezu allen Altersgruppen gebe es immer mehr Menschen, die alleine lebten, sagte Lilie dem epd. Die Pandemie habe diesen Trend noch verstärkt, Nähe sei oftmals zum Luxusgut geworden.

"Mit Lockdown und Kontaktbeschränkungen haben viele Menschen Erfahrungen mit Einsamkeit gemacht, die sich bislang für immun hielten - quer durch alle gesellschaftlichen Schichten."

Zwar führe nicht jede Einsamkeit zu Leid. Doch wenn sie als belastend empfunden werde, könne sie krank machen. "Die Stress- und Gehirnforschung zeigt, dass unfreiwilliges Alleinsein als extremer Stress erlebt wird und auf die gleichen Zentren wirkt wie das Schmerzempfinden." Einsamkeit sei für die Gesundheit ein genauso starker Risikofaktor wie etwa Fettleibigkeit oder dauerhaftes Rauchen.

Begegnungen und Gespräche ermöglichen

Es gehe darum, beispielsweise mit Nachbarschaftscafés oder über Besuchsdienste Begegnungen und Gespräche zu ermöglichen, bekräftigte Lilie. Wichtig sei dabei auch eine umsichtige Stadtplanung und Quartiersgestaltung, die für lebendige, grüne und attraktive Begegnungsorte sorge:

"Diakonie und Kirche verstehe ich dabei als gute Partner, weil sie schon über viele solcher Orte und Netzwerke verfügen."

Hilfe bei Suizidgedanken

Ihr denkt an Suizid, macht euch um jemanden Sorgen oder habt einen Menschen aufgrund eines Suizidtodesfalls verloren? Hier findet ihr Erste-Hilfe-Tipps und Notfallkontakte sowie weiterführende Informationen zur Bewältigung dieser Notsituation

Zögert bitte nicht, bei der Telefonseelsorge anzurufen:

Evangelisch: 0800 1110111 (24 Stunden erreichbar, 7 Tage die Woche)

Katholisch:  0800 111 0 222 (24 Stunden erreichbar, 7 Tage die Woche)

Gemeinsam: 116 123

Nummer gegen Kummer für Kinder und Jugendliche: 116 111 (Montag bis Samstag 14 - 20 Uhr)
Nummer gegen Kummer für Eltern: 0800 - 111 0 550 (Montag bis Freitag 9 – 17 Uhr, Dienstag und Donnerstag bis 19 Uhr)