Das Studienzentrum Rummelsberg ist ein geschichtsträchtiger Ort. Vor über 60 Jahren tummelten sich hier im sogenannten "Bollenheim" schwer erziehbare Jugendliche, wie man damals sagte. Die schiere Dominanz des stattlichen Gebäudes erinnert bis heute an dieses erste Arbeitsfeld der Rummelsberger Diakonie.

Ausbildung zu*r Diakon*in

Seit rund 40 Jahren werden in dem Haus angehenden Diakone und Diakoninnen ausgebildet. "Diakonenschule" prangte einst in großen Lettern daran. Heute sind die Schilder ausgewechselt. Die Diakonenschule mit Oberseminar von einst ist einem studentischen Campus-Betrieb gewichen.

Vorlesungen in den großen Hörsälen und den Seminarräumen der Evangelischen Hochschule in Nürnberg wechseln mit Seminaren im Studienzentrum ab. Hier wie dort ist der 56-jährige Diakon Johannes Haeffner aktiv. Er verantwortet an oberster Stelle die komplette Ausbildung, forscht und lehrt zusätzlich an der EVHN.

Dichtes dunkles Haar, lässig strubbelig, an den Ecken bereits in Ehren ergraut. Haeffner mag es gerne leger, bevorzugt Rolli, statt Hemd, dunkle Jeans, statt Anzug.

"Mir ist jegliches Gehabe, auch um meine Person, ein Gräuel", erklärt er.

Früher wäre an seiner Position möglicherweise ein Pfarrer oder Pfarrerin gesessen. Heute arbeitet dort der Diakon, Sohn eines bayerischen Pfarrers. Haeffner fand Kirche gut, fand den Glauben gut, aber das Leben auf dem Präsentierteller eines Pfarrhauses wollte er nicht führen, erzählt er.

Dann traf er im Dekanat Kitzingen auf einen werdenden Diakon, seinen Wegbereiter, der christliche Verkündigung und soziale Gruppenarbeit mit Perspektiven für ein sinnstiftendes Leben verband. Damit war das Berufsziel klar: Haeffner studierte Sozialpädagogik, Pädagogik, Psychologie und Soziologie.

Der Wandel der Zeit 

Seine Karriere startete er im Jugendhaus in Nürnberg-Steinbühl, bevor er in die Behindertenhilfe wechselte, um gemeinsam mit anderen die Auflösung der großen Einrichtungen hin zu kleinen Wohngruppen auf den Weg zu bringen. "Ich war oft Feuerwehrmann", erinnerte er sich.

Er sollte weiterentwickeln, bevor es zu spät war. Das traf auch auf die damalige Rummelsberger FakS (Fachakademie für Sozialpädagogik) zu. Die Trennung von FakS und Diakonenschule stand 2004 an, staatliche und kirchliche Ausrichtung waren neu zu definieren. Nicht allen habe es gepasst, von lieb gewordenen Strukturen Abschied zu nehmen, sagt Haeffner.

Das frühere "Bollenheim" ist heute ein modernes Studienzentrum, hat digital ausgestattete Unterrichtsräume ohne Tafel, dafür mit Laptop und Beamer, Seminarräume mit ruhiger Atmosphäre und offene Arbeitsplätze für Dozenten, Ausbildungsleiter und Schulleitung der Fachakademie.

Positive Entwicklungen

Die beiden Systeme Fachakademie und die Ausbildung für Diakone und Diakoninnen hätten sich unabhängig voneinander "brillant entwickelt", sagt Haeffner. Es liege an den Entscheidungsleuten, die zur rechten Zeit am rechten Platz saßen, dass die Rummelsberger Ausbildungsphilosophie so erfolgreich geworden sei.

Wenn sich Haeffner an die jungen Menschen zu Beginn ihrer Ausbildung erinnert und daran, wie sie diese nach über fünf Jahren beenden, kommt er ins Schwärmen:

"Das sind die schönsten Erlebnisse".

"Hammer, wie die sich entwickelt haben", bricht es aus ihm heraus.

"Jede und jeder unserer Studierenden hat enormes Potenzial."

Haeffner

Das herauszufiltern, sei die eigentliche Herausforderung. Wenn er ehemalige Studierende bei den Rummelsberger Jahresfesten treffe und diese von ihren unterschiedlichen Karrieren berichten, "da geht einem schon das Herz auf", erzählt er.

Haeffner als Inspiration 

Und die Absolventen wiederum loben den Professor. So wie bei Joy Meier. Die 26-jährige jetzige Gemeindediakonin in Fürstenfeldbruck erlebte Haeffner in der EVHN als "Prof". Er sei für sie "Inspiration, Wegbegleiter und Vorbild in einem", sagt sie, "weil er es schafft, komplexe Themen greifbar und didaktisch ansprechend zu vermitteln."

Haeffners eigener Karriere half der Zufall nach. Nachdem er zwei Diplome in der Tasche hatte, traf er einen seiner Professoren an einer Kinokasse. "Wann kommen Sie zu mir zum Promovieren?", fragte der. Obwohl Haeffner nach eigenen Angaben "eine Professur nie auf der Agenda hatte", nahm er die Herausforderung an. Für seine Promotionsarbeit gab es ein "Summa cum laude". So bewarb er sich um die freigewordene Professorenstelle in Diakonik und Pädagogik an der EVHN. Wissenschaftsministerium und Landeskirche pflichteten der Berufung ausdrücklich zu.

Schule und Bildung sind sein Ding, sagt er. Er will mit anderen Diakonen und Diakoninnen die Kirche wieder nach vorn bringen. 

"Ich habe noch viel zu tun, bevor ich mich zur Ruhe setze."

Haeffner

Diakonieort Rummelsberg

 Als kirchliche Berufsgruppen sind Diakoninnen und Diakone doppelt qualifiziert. Im Diakonieort Rummelsberg (Landkreis Nürnberger Land) werden derzeit 78 junge Frauen und Männer zu Diakoninnen und Diakonen ausgebildet.

Davon studieren 43 Soziale Arbeit an der Evangelischen Hochschule Nürnberg (EVHN), drei haben sich für Heilpädagogik entschieden, zwei für Krankenpflege und einer für Sozialwissenschaft. Wer sich für diesen kirchlichen Beruf interessiert, sollte sich bis Mai bewerben.

An der Fachakademie für Sozialpädagogik (FakS) der Rummelsberger machen heute 26 überwiegend junge Menschen, die nicht Diakon oder Diakonin werden wollen, ihre Ausbildung zur Erzieherin oder Erzieher.

In den vergangenen 60 Jahren haben insgesamt 1.263 Frauen und Männer die Ausbildung zum Diakon oder zur Diakonin durchlaufen. 927 von ihnen haben sich zum Diakon oder Diakonin einsegnen lassen.

Mit ihrem diakonisch-sozialen Blick sollen diese Männer und Frauen eine Brückenfunktion für Gesellschaft und Kirche erfüllen. Sie seien "ein wichtiges Bindeglied zwischen Diakonie und Kirche", heißt es bei der Vorstellung der kirchlichen Berufsgruppe auf der Homepage der Rummelsberger Diakonie.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden