Wir haben euch gefragt, was ihr euch von Kirche wünscht – und ihr habt geantwortet. Und zwar sehr ausführlich, was uns freut. 

In den zahlreichen Mails, die ihr uns geschrieben habt, ergibt sich ein breites, differenziertes Bild. Es gibt offenbar nicht die eine Sache, die sich alle von Kirche wünschen.

Hier sind vier Erkenntnisse, die eure vielfältigen Forderungen und Wünsche vorab zusammenfassen:

  • Eine Rückbesinnung auf die Kernkompetenzen ist ein Thema, das viele bewegt. 
  • Ebenso aber auch der Wunsch, die Kirche möge bei Spiritualität und Glaube mehr Mut zu neuen Formen haben.
  • Seelsorge ist auch vielen von euch sehr wichtig.
  • Bei Fragen der politischen Positionierung von Kirche ergibt sich kein klares Bild. 

Ich wünsche mir von Kirche...

Fangen wir mit dem ersten Punkt an: die Rückbesinnung auf alte Stärken. Irene Henninger, selbst Pfarrerin im Ruhestand, schreibt:

"Ich wünsche mir, dass das ehrenamtliche Engagement viel stärker gefördert, und die vorhandene Bereitschaft, sich einzubringen, freundlich entdeckt wird. (...) Ich wünsche mir, dass der Pfarrer-Beruf wieder als das gesehen wird, was er ist: eine Berufung - ein Geschenk, weil man eine Gemeinde eine bestimmte Zeit begleiten und fördern darf und die guten Schätze am jeweiligen Ort heben helfen darf. (...) Ich wünsche mir eine Kirche, in der vor Ort von den Ortsgeistlichen die Seelsorge an den Gemeindegliedern im Blick behalten wird - und die ehrenamtlichen Engagements gefordert und nicht gebremst werden."

In eine ähnliche Richtung denkt Wilfried Geyer, ebenfalls Pfarrer im Ruhestand. Er merkt an, die Frage müsse lauten: Was will Gott von uns Menschen in der gegenwärtigen Situation?

"Ich wünsche mir mehr Menschen, die mit mir im Gebet auf Gott hören und mit mir darüber reden, was sie von Gott wahrnehmen - und warum? Dann könnten wir uns gemeinsam überlegen, was wir davon halten und was wir bei uns ändern möchten."

Pfarrpersonen sollen für Gemeinde da sein

Beate Wagner wiederum wünscht sich Erreichbarkeit, und zwar nicht nur digital:

"Einen Pfarrer, der einen anruft und nicht eine Mail schreibt. Und wenn er keinen Rückruf oder Mailantwort erhält, auch mal nachfragt."

Das geht Anke Rieder offenbar ähnlich. "Kein Hinterfragen ist erlaubt, junge Pfarrer möchten, wenn ihre Arbeit getan ist, Feierabend, möchten dann nicht mehr für die Gemeinde da sein, nur noch privat. Schade", findet sie. 

Auch die Kommunikation über die eigene Bubble hinaus scheint nicht immer zu klappen. "Kirche müsste sich viel stärker an Menschen außerhalb wenden", meint Gabriele Korus. "Bevor ich 2014 mit der Kirche wieder in Kontakt gekommen bin, habe ich überhaupt nicht mitbekommen, was sie so in der Stadt alles macht." 

Generell sei Kirche für kirchenferne Menschen nicht sichtbar, ist ihre Meinung:

"Was ich mir wünsche und was mir fehlt, sind Angebote für Frauen oder Menschen um die 50 ohne Kinder. Stammtische, Frauenkreise, Bibelkreise etc. Zu Zeiten, die mit einem Vollzeitjob machbar sind. Vormittags um 10 Uhr oder nachmittags um 15 Uhr gibt es das, abends um 20 Uhr eher nicht oder extrem selten."

Kritik an Kirche: Zu divers oder nicht divers genug?

Uns haben auch sehr kritische Stimmen erreicht, die teilweise gar keine Wünsche mehr an die Kirche haben. "Die Kirche ist, wie alle Organisationen, ein Instrument zur Durchsetzung von Einflusssphären und Machtansprüchen" schreibt etwa Friedrich W. Heitmann. "In mehr als 2000 Jahren Geschichte war sie zumeist auf Seiten der Falschen, der brutalen Machthaber und reichen Unterdrücker."

Beate Vogt-Weber wirft der Kirche "Unglaubwürdigkeit" vor, und macht dies an ihrem Umgang mit Corona-Krise und Ukraine-Krieg fest. "Das gilt es aufzuarbeiten", ist sie überzeugt. Und Monika Lederer stört, dass das Thema Diversität zu sehr in den Mittelpunkt gestellt werde. "Konzentrieren wir uns auf Gott und Jesus und nicht auf die Politik der Grüne", lautet ihr Ratschlag. 

Zu letzterem Punkt gibt es jedoch auch andere Meinungen. So wünschte sich eine Nutzerin eher mehr Diversität, schreibt sie. Und dazu: "Aufarbeitung und nachhaltige Prävention von Missbrauchstaten." 

Spiritualität und Glaube

Sehr viele eurer Wünsche beziehen sich auf den Umgang mit Spiritualität und Glaube. Thomas Starke etwa möchte von der Kirche gerne an der Hand genommen werden:

"Ich wünsche mir, dass mir Kirche hilft, zu glauben. Das ich gezeigt bekomme, wie es gehen könnte."

Er wünscht sich, dass die Kirche sich mehr um die Zweifelnden, die Nicht-Gläubigen kümmert. "Wie bringt Kirche die Ungläubigen zum Glauben? Wie geht sie um mit Erkenntnissen der Naturwissenschaften? Wie integriert sie diese und führt sie weiter ... zu Gott?"

Claudia Schott wiederum ist der Meinung, dass sich Kirche mehr trauen sollte. Konkret nennt sie Formen, die vom traditionellen Gottesdienst recht weit weg sind:

"Ich wünsche mir Impulse zu bestimmten Themen an ungewöhnlichen Orten. Also zum Beispiel mal einen Frühschoppen in einer Kneipe oder im Sommer im Biergarten, mit Lokalpromis oder anderen Persönlichkeiten und Menschen aus der Gemeinde im Gespräch. Ohne Lieder singen oder Glaubensbekenntnis, auch ohne Gebete."

Sabine Connerley wünscht sich Kirche als zweite Familie. Damit meint sie "Offen, ehrlich, mit regelmäßigem Kontakt und gegenseitiger Wertschätzung." Kirche solle ein Ort der Besinnung und des Lernens sein, "wo uns Gott als Liebe vermittelt wird in Wort und Tat. Wo der Bezug von Bibel auf die Jetztzeit hergestellt wird. Wo ich lerne, was Christsein bedeuten kann und ich wachse, in meinem Selbstverständnis, meinem Mut." 

Jetzt seid ihr dran

Das war ein erster Eindruck, welche Wünsche unsere User*innen an die Kirche haben. Welche habt ihr? Schreibt uns – und erzählt es uns. 

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden