Die Episkopalkirche der USA
Die Episkopalkirche ist eine christliche Konfession, die sich durch ihre bischöfliche (episkopale) Kirchenstruktur auszeichnet. Der Begriff leitet sich vom griechischen bzw. lateinischen επίσκοπος/episcopus ab und bedeutet "Bischof". Im Gegensatz zu den meisten evangelischen Kirchen bewahrt die Kirche das historische dreigliedrige Amt aus Bischöfen, Priestern und Diakonen sowie deren apostolische Sukzession – die ununterbrochene Linie der Bischofsweihen seit den Aposteln.
Die größte Episkopalkirche ist die Episcopal Church in den Vereinigten Staaten mit etwa zwei Millionen Mitgliedern in über 100 Diözesen. Sie gehört zur Anglikanischen Gemeinschaft und hat ihren Verwaltungssitz in New York City – unweit der UN-Zentrale.
Entstehung nach der amerikanischen Revolution
Die Episkopalkirche in den USA ist ein Produkt des Umbruchs. Nach dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1775-1783) standen die anglikanischen Gemeinden in den ehemaligen britischen Kolonien vor einem organisatorischen Problem: Ihre Mutterkirche, die Church of England, war der britischen Krone unterstellt. 1789 gründeten sie daher die Protestant Episcopal Church in the United States of America – heute Episcopal Church genannt.
Die neue Kirche übernahm zentrale Elemente der anglikanischen Tradition: die Bischofsverfassung, die Betonung der Sakramente und das Book of Common Prayer. Gleichzeitig entwickelte sie eine eigenständige Struktur mit einer Verfassung und einer zweikammerigen Generalversammlung, in der Laien und Geistliche gleichberechtigt vertreten sind.
Der erste amerikanische Bischof, Samuel Seabury, wurde 1784 in Schottland geweiht, da die Church of England die Weihe ohne Treueeid zur britischen Krone nicht gestattete.
Gesellschaftlicher Wandel und heutige Ausrichtung
Historisch war die Episkopalkirche eng mit der gesellschaftlichen Elite der Ostküste verbunden. Seit den 1970er Jahren wandelte sich ihre Ausrichtung grundlegend: 1976 ließ sie als eine der ersten größeren Denominationen Frauen zum Priesteramt zu.
Knapp 13 Jahre später, 1989, wurde Barbara Clementine Harris als erste Frau zur Bischöfin geweiht – sie übernahm das Amt der Suffraganbischöfin in der Diözese Massachusetts. Eine Suffraganbischöfin unterstützt den Diözesanbischof und hat in der Regel keine eigenständige Leitung über eine ganze Diözese inne.
Die erste Diözesanbischöfin der Episkopalkirche war Mary Adelia McLeod, die 1993 in Vermont geweiht wurde. Sie war die dritte Frau, die in der Episkopalkirche zur Bischöfin geweiht wurde, aber die erste, die eine eigenständige Diözese leitete.
Eine der derzeit prominentesten Bischöfinnen ist Mariann Edgar Budde, Bischöfin der Episkopalkirche der Diözese Washington, D.C. Am Tag nach der Amtseinführung von Präsident Donald Trump im Januar 2025 richtete sie in ihrer Predigt beim nationalen Gebetsgottesdienst in der Washington National Cathedral direkte Worte an den Präsidenten und bat ihn um "Erbarmen" mit Menschen, die Angst haben, darunter Einwanderer und LGBTQ-Personen.
Heute engagiert sich die Episkopalkirche stark für soziale Gerechtigkeit, Antirassismus und Klimaschutz und gilt als eine der progressivsten Kirchen Amerikas.
Kirchenstruktur und Leitung
Die Kirche wird vom Presiding Bishop (Vorsitzender Bischof) geleitet – seit 2024 ist das Sean Rowe – sowie durch ein Synodensystem. Das oberste Entscheidungsgremium ist die alle drei Jahre tagende Generalkonvention.
Sie setzt sich aus zwei Kammern zusammen: dem Bischofshaus (House of Bishops), in dem alle Bischöfe und Bischöfinnen vertreten sind, und dem Haus der Abgeordneten (House of Deputies), das sich aus gewählten Priestern, Diakonen und Laien zusammensetzt.
Prominente Gesichter
Zur Episkopalkirche gehörten und gehören zahlreiche bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Gesellschaft und Kultur. Besonders an der Ostküste war die Kirche traditionell mit der gesellschaftlichen Elite verbunden, was ihr den Ruf als "Church of the Establishment" einbrachte.
Zu den prominenten Mitgliedern zählen die Präsidenten Franklin D. Roosevelt und George H.W. Bush, die Politiker Colin Powell, John Kerry und Pete Buttigieg sowie Persönlichkeiten wie Eleanor Roosevelt, der Schauspieler Robin Williams, der Astronaut John Glenn und Sandra Day O'Connor, die erste Frau am Supreme Court.
Ein symbolischer Moment für die internationale Ausstrahlung der Kirche war 2018 die Hochzeit von Prinz Harry und Meghan Markle, bei der Michael Curry, der Presiding Bishop der Episcopal Church, die Predigt hielt – ein ungewöhnlicher Auftritt amerikanischer Kirchlichkeit bei einem britischen Königshaus-Ereignis.
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