Eine Kirche als Box-Studio, Ausstellungsraum oder Kinosaal? Das alles wäre künftig bei der Nutzung von Kirchenräumen möglich – zumindest, wenn man den Ideen der Künstlerinnen und Künstler folgt, die derzeit im DG Kunstraum der Deutschen Gesellschaft für Christlichen Kunst zu sehen sind.
Immer häufiger werden christliche Kirchen aufgegeben und für eine andere Nutzung freigegeben. Eine Ausstellung der Deutschen Gesellschaft für Christliche Kunst widmet sich nun der Frage, wie Kirchenräume verändert werden könnten. Unter dem Titel "Kirche Raum Gegenwart" präsentieren vier Künstlergruppen ihre Konzepte, "was Kirchenräume künftig sein oder werden könnten", erklärte Kuratorin Benita Meißner bei der Eröffnung in München. Die Ausstellung im Kunstraum der Galerie ist bis 16. März zu sehen.
Kirche als Box-Studio
Einen Sommer lang haben sich die Künstlerinnen und Künstler mit Kirchengemeinden in Süddeutschland auseinandergesetzt. Gemeinsam mit den Gemeinden vor Ort entwickelten sie Konzepte für die Transformation der Räume. Die Ergebnisse dieser künstlerischen Auseinandersetzung werden nun anhand von großformatigen Plakaten, Texten sowie Modellen in der Galerie einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt.
Das Künstlerkollektiv Empfangshalle provoziert mit ihrem Konzept für die "Wengenkirche" St. Michael in Ulm: Die Künstler stellen Fitnessgeräte in die Kirche und den Gemeindesaal. Wenn es nach ihnen geht, sollen künftig Nutzerinnen auf dem Laufband im Altarraum auf einer großen Leinwand verschiedene Pilgerwege entlanglaufen können. Im Gemeindesaal will die "Empfangshalle" einen Boxring aufbauen und damit den Raum für die Sozialarbeit mit Jugendlichen nutzbar machen.
Ursula und Tom Kristen legen ein Konzept vor, bei der sie in der "Leutekirch" St. Martin in Leutkirch die Kirchenbänke komplett entfernen und damit zeigen, wie der Raum für Ausstellungen und Konzerte genutzt werden könnte.
Jutta Görlich und Peter Haimerl führten in der Lätarekirche in Neuperlach viele Interviews mit den Gemeindemitgliedern. Sie stellen in ihrem Konzept eine bunt leuchtende Stahlkonstruktion vor das 70-Jahre-Gebäude, das an eine Oktoberfest-Installation erinnert und mit "Welcome to Fabulous Laetare Neuperlach" auf die Angebote der Gemeinde verweist, zu denen Kinovorführungen, Tanzabende oder Grillfeste gehören.
Nutzung von Kirchenräumen
Ludwig Hanisch und Karina Kueffner widmen sich der Neugestaltung von St. Wendelin in Langeprozelten am Main. Sie sorgen mit einer knallroten Wand für eine Unterteilung des Raumes. Anstelle der Kirchenbänke stellen sie bewegliche Quader in den Raum. So kann die Kirche besser für Konzerte, Gruppenarbeiten oder Begegnungen genutzt werden.
Ganz offensichtlich zielen die Künstlerinnen und Künstler darauf, die Kirchenräume zu öffnen und transparenter, heiterer, kommunikativer zu gestalten. Bis auf die Empfangshalle sind die Eingriffe in den Raum eher behutsam. Eher geht es darum, die Räume zu modernisieren und eine Mehrfachnutzung zu ermöglichen. Ob der sakrale Charakter dadurch leidet, kann durchaus diskutiert werden.
Auch deshalb bietet die Galerie vier Gesprächsabende mit den Künstlerinnen und Künstlern an. Zudem gibt es ein Symposium mit dem Titel "Öffnen statt schließen: Kirchen als öffentliche Räume" am 1. März in der evangelischen Auferstehungskirche in München.
Weitere Informationen auf der Webseite von DG Kunstraum.
Ausstellung DG Kunstraum
Programm
Eröffnung
Do, 19.1.2023, 18 bis 21 Uhr
Begrüßung
George Resenberg, erster Vorsitzender des Vereins Ausstellungshaus für christliche Kunst
Dr. Walter Zahner, erster Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst
Einführung
Benita Meißner, Geschäftsführerin und Kuratorin des DG Kunstraums
Kirche Raum Zukunft
Gespräch I
Dr. Susanne Fischer, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (angefragt)
Marinus Kohlhauf, Erzdiözese München und Freising, Hauptabteilungsleiter Bauwesen
Stefan Neukamm, Evang. -Luth. Kirchengemeindeamt München, Abteilung Bau und Liegenschaften
Dr. Walter Zahner, erster Vorsitzender der DG
Moderation: Benita Meißner
Di, 24.1.2023, 19 Uhr
Gespräch II
Empfangshalle mit Vertreter*innen der Gemeinde St. Michael, Ulm
Ludwig Hanisch und Karina Kueffner mit Vertreter*innen der Gemeinde St. Wendelin, Langenprozelten Ursula und Tom Kristen mit Vertreter*innen der Gemeinde St. Martin, Leutkirch
Moderation: Benita Meißner
Do, 2.2.2023, 19 Uhr
Gespräch III
Helmut Braun, Kunstreferent der Ev. Kirche in Bayern
Dr. Jürgen Emmert, Würzburg
Dr. Manuela Klauser, Wiss. Mitarbeiterin DFG-Forschungsgruppe Sakralraumtransformation (TRANSARA) Moderation: Benita Meißner
Do, 9.2.2023 Do, 19 Uhr
Gespräch IV
Wärmende Klänge in der kalten Kirche
Musik: Esther Schöpf und Norbert Groh
Jutta Görlich, Peter Haimerl, Benita Meißner und Pfarrer Gruzlewski im Gespräch
Lätarekirche, München
So, 12.3.2023, 16.30 Uhr
Symposium
Öffnen statt schließen: Kirchen als öffentliche Räume
Andréas Hofstetter-Straka, St. Maria als, Stuttgart
Dr. Sonja Beeck, Jürgen Willinghöfer, chezweitz, Berlin
Bernd Berger, Pfarrer Auferstehungskirche München
Ort: Ev. Auferstehungskirche, München
Mittwoch, 1.3.2023, 18.30 Uhr
Finissage mit Musik
Do, 16.3.2023, 18:00 bis 20:00 Uhr