Toby Markham erwacht unter Schmerzen. Er weiß nicht, wo er sich befindet, aber nachdem langsam einige Erinnerungen zurückkehren, ist er sich sicher: er hatte einen Unfall und liegt im Krankenhaus.
Allerdings haben die Menschen dort seltsame Namen. Sunda Pangolin beispielsweise stellt sich als seine Anwältnin vor. Der Rechtsgehilfe hört auf den Namen Mauritius Sittich. Relativ schnell dämmert es Toby, dass er sich gar nicht in einem Krankenhaus befinden, sondern eher in einer Art Gefängnis. Und er wird angeklagt. Das Verbrechen: Komplizenschaft bei der Ausrottung ganzer Tierarten und Völker.
"Ihnen wird zur Last gelegt, zwischen den Jahren eins neun fünf neun und zwei null eins neun vorsätzlich und wissentlich an der globalen Diversitätsreduktion beteiligt gewesen zu sein, an der Plünderung von Ressourcen sowie der Einleitung eines unwiderruflichen Massenaussterbens, in Verletzung des Naturrechts."
Wie viel Schuld trägt der Einzelne?
Nach und nach kehren Toby Markhams Erinnerungen an sein altes Leben zurück. Er führte ein erfolgreiches Unternehmen, reiste um die Welt und hatte ein Faible für Tierfotografie. Nach einem Unfall wurde er künstlich eingefroren. Von der Welt wie sie Toby Markham kannte, ist nicht mehr viel übrig. Der Klimawandel hat sie zerstört. Jetzt soll es sich für die Verbrechen der Menschen in der Vergangenheit, zu denen er selbst gehörte, verantworten.
An dieser Stelle kommt die Frage auf: Wie viel Schuld trägt jede*r einzelne an Umweltverschmutzung, Klimawandel und Ausbeutung? "Das Jahr des Dugong" bietet eine interessante Kulisse für diese Frage. Beim Lesen wird man selbst zu Toby Markham. Bruchstückhaft tauchen Erinnerungen auf, gleichzeitig liefert uns der Autor John Ironmonger einen Blick in die Zukunft. Und stellt die beklemmende Frage:
Wie viel Schuld trage ich an der Zerstörung der Natur?
Wo bleibt die Konsequenz?
Wie viel Schuld hat Toby Markham? Wie viel Schuld habe ich? Auch wenn das Buch einen eindringlichen Appell liefert und zum Nachdenken anregt, bleibt am Ende kaum eine wirkliche Konsequenz für Protagonisten. Das Buch schafft es, dass man sich beim Lesen mit der Frage der Schuld und der Auswirkung des eigenen Handelns auseinandersetzt.
Toby Markham ist der Meinung, dass er selbst und die Menschen seiner und damit unserer Zeit zu wenig über die Artenvielfalt wussten und zu ignorant waren. Mit diesem Schuldeingeständnis ändert sich für ihn aber kaum etwas, eine wirkliche Konsequenz bleibt aus.
Mit reiner Einsicht kommt man nicht weit
"Das Jahr des Dugong" ist ein Appell an uns alle, unsere Handlungen zu hinterfragen. Nur wir sollten nicht an dieser Stelle stehen bleiben. Wir sollten uns kein Beispiel an Tony Markham nehmen, sondern weniger ignorant und selbstbezogen sein.
Neben der Frage der Schuld sollte man sich auch die Frage nach dem Handeln stellen. Wie viel kann ich beitragen? Natürlich liegt die Verantwortung bei jeder einzelnen Person, aber hilft es wirklich so viel, wenn wir uns selbst an die eigene Nase fassen? Wie viel Toby Markham steckt in jedem oder jeder von uns? Kann man seine eigene Verantwortung so einfach abtun? Wie viel bringt die persönliche Einsicht?
Vielleicht bringt sie erst etwas, wenn sich möglichst viele Menschen dieser Einsicht bewusst sind und aus einer persönlichen eine kollektive Verantwortung erwächst.