Wenn Daniel Hess, seit 1. Juli vergangenen Jahres Generaldirektor am Nürnberger Germanischen Nationalmuseum (GNM) in die Glaskugel schaut, dann sieht er vor allem die zahlreichen Sanierungen und Erweiterungen der nächsten Jahre im gesamten Haus. Aber er will das GNM nicht nur baulich auf Vordermann bringen, sondern bis 2030 zu einem Haus mit europäischer Strahlkraft machen. Und nicht zuletzt passt der Blick in die Kugel sehr gut zu einer der beiden Sonderausstellungen, die in diesem Jahr unter dem Motto "Nürnberg, Europa und die Welt" stattfinden.
Ambitionierte Pläne für die nächsten zehn Jahre
Hess hat sich viel vorgenommen für die kommenden zehn Jahre: Bereits im Herbst wird die Dauerausstellung zur Handwerks- und Medizingeschichte wieder eröffnet. Mitte 2021 sollen dann endlich die Objekte des 1852 gegründeten Hauses ins neue Tiefdepot eingelagert werden. Im Jahr darauf stehen die Sanierung der Kartäuserkirche und der sukzessive Umbau aller Abteilungen des Hauses an. Aber Hess zeigt sich zuversichtlich: "Kein anderes deutsches Museum ist in der Lage, Themen in dieser Gänze zu präsentieren", sagte er mit Blick auf die mit dem Umbau einhergehenden Neukonzeption der Sonderausstellung. Nicht zuletzt wegen der ständigen Baustellen-Situation will das Museum seine Energie dieses Jahr auf nur zwei Sonderausstellungen lenken.
Den Anfang macht vom 2. Juli bis 4. Oktober mit Hans Hoffmann (cirka 1545 bis 1591) ein Vertreter der sogenannten Dürer-Renaissance, der sich vor allem mit Kopien nach Werken des berühmten Nürnberger Künstlers einen Namen machte. Eine monografische Ausstellung mit rund 150 Objekten zeigt erstmals überhaupt das Schaffen des Künstlers, der nicht nur fremde Kunstwerke für Päpste und Fürsten adaptierte, sondern auch eigenständige Tier- und Pflanzenstudien schuf. Kuratorin Yasmin Doosry zeigte eine Eigeninterpretation Hoffmanns von Dürers berühmten Hasen-Motiv, das sogar das markante Monogramm des bekannten Nürnberger Künstlers ziert, und religiöse Motive wie eine Darstellung des zwölfjährigen Jesus im Tempel.
Die Besucherzahlen verzeichnen einen Anstieg
Dass auch in der Gegenwart Wahrsagerei ein Dauerthema ist, zeigen laut Museumsmitarbeiterin Marie-Therese Feist nicht nur die Horoskope in den Zeitschriften, sondern auch Wettervorhersagen oder Börsenkurse. Das menschliche Bedürfnis, in die Zukunft zu sehen, zeigen 100 Exponate aus Ostasien und Europa, die vom 3. Dezember bis 30. Mai 2021 in der Ausstellung "Zeichen der Zukunft" gezeigt werden, die sich mit mit Wahrsagerei und Zukunftsdeutung vom 17. bis zum frühen 20. Jahrhundert befasst. Darunter befindet sich ein Arbeitskoffer einer Astrologin, die individuelle Horoskope erstellte, oder eine Scheibe, die Mondphasen zeigt und die zur Behandlung von Krankheiten heran gezogen wurde.
Erst kürzlich habe der Bund dem GNM für weitere zwei Jahre wieder Fördergelder zugesagt, mit der die Vermittlung von Kulturgeschichte und Museumsarbeit vorangetrieben werden soll. Seit wenigen Monaten bietet ein neuer Medienguide 600.000 Jahre europäische Kulturgeschichte in sieben Sprachen, zu denen ab März auch türkisch dazu kommt. Fast 30.000 Besucher haben laut Museumsdirektor Hess im vergangenen Jahr an Angeboten zur Wissens- und Forschungsvermittlung teilgenommen. Mit rund 326.000 verkauften Eintrittskarten war das Jahr 2019 noch einmal ein Stück erfolgreicher als das vorige.
Das Germanische Nationalmusuem öffnet sich auch zeitgenössischer Kunst
Auf neues Terrain begibt sich das GNM ab dem 3. Oktober, wenn beim "Global Art Festival" einen Monat lang zeitgenössische Künstler aus aller Welt sich von Werken der Sammlung zu eigenen inspirieren lassen. Für Hess eine Plattform, mit der das GNM einen Beitrag zur kulturellen Diversität erbringen will. "Kultur- und Migrationsgeschichte waren schon immer eng verzahnt", erklärte der Generaldirektor. Das sehe man nicht nur in den Ausstellungsräumen des Hauses, sondern letztlich auch an ihm selbst, der 1998 aus der Schweiz nach Nürnberg an das größte kulturgeschichtliche Museum Deutschlands kam.