Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist laut russischen Staatsmedien im Alter von 47 Jahren gestorben. Die Todesursache soll ein Blutgerinnsel gewesen sein. Eine offizielle Bestätigung aus seinem direkten Umfeld liegt noch nicht vor, jedoch ist Nawalnys Anwalt auf dem Weg in die sibirische Strafkolonie, um sich über den aktuellen Stand zu informieren.

Bundeskanzler Scholz äußert sich betroffen

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach der Familie des verstorbenen russischen Regimekritikers Alexej Nawalny sein Beileid aus. "Wir sind sehr betroffen und stehen der Familie, der Frau, dem Kind und allen Angehörigen und Freunden bei", sagte er am Freitag in Berlin.

Nawalny, ein bekannter Gegner des russischen Präsidenten Wladimir Putin, soll Medienberichten zufolge während seiner Haft in einer russischen Strafkolonie gestorben sein. Scholz bezeichnete den Tod des Dissidenten als "schrecklich" und als Zeichen dafür, wie sich Russland verändert habe.

"Nach den einst vielversprechenden Entwicklungen in Richtung Demokratie ist Russland längst keine Demokratie mehr", fügte er hinzu.

Nawalny befand sich seit 2021 in russischer Lagerhaft. Im August 2020 überlebte er knapp einen Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok, weshalb er in Deutschland behandelt wurde. Nach seiner erfolgreichen Behandlung kehrte er nach Russland zurück.

Scholz betonte, dass Nawalny wahrscheinlich sein Leben riskiert habe, indem er nach dem Anschlag nach Russland zurückkehrte. Wer sich in Russland für Demokratie einsetze, müsse um sein Leben fürchten.

Andere wurden noch deutlicher: "Das Regime Putin hat ihn auf dem Gewissen", erklärte etwa Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) zum Tod Nawalnys.

Nawalny war nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS am Freitag in der Strafkolonie im Norden Russlands, in der er inhaftiert war, zusammengebrochen und gestorben. Der 47-Jährige war seit Langem ein Opponent des russischen Präsidenten Wladimir Putin. 

Weitere Stimmen aus der Politik

Wie kaum ein anderer sei Nawalny "Sinnbild für ein freies und demokratisches Russland", gewesen, erklärte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf der Plattform X, vormals Twitter. "Genau deswegen musste er sterben", ergänzte sie.

Bundeswirtschaftsminister Habeck erklärte, Nawalny habe sein Leben verloren in seinem Einsatz für ein besseres Russland. "Er war ein Patriot, der sich für Demokratie und den Rechtsstaat einsetzte und sein Land und die Menschen dort liebte", sagte Habeck.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der auf seinem Kanal bei X regelmäßig daran erinnerte, wie lange der Putin-Gegner Nawalny schon inhaftiert war, erklärte dort, Nawalny habe für ein demokratisches Russland gekämpft. "Putin hat ihn dafür zu Tode gequält. Das ist ein neuer, erschütternder Beleg für den verbrecherischen Charakter dieses Regimes", erklärte er.

Auch die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Nawalny während seiner Behandlung nach dem Giftgasanschlag in Berlin besucht hatte, meldete sich entsetzt zu Wort. "Er wurde Opfer der repressiven Staatsgewalt Russlands", erklärte sie. Eine "mutige, unerschrockene und sich für sein Land einsetzende Stimme" sei mit fürchterlichen Methoden zum Verstummen gebracht worden.

Auch CDU-Chef Friedrich Merz (CDU) übte scharfe Kritik an Russland. "Das System Putin hat sein menschenverachtendes Gesicht erneut gezeigt", schrieb er bei X. Der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan erklärte, der Tod Nawalnys sei "ein politischer Mord mit Ansage".

Die Schuldigen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, forderte er und verlangte eine international geführte Aufklärung sowie die Freilassung politisch Gefangener in Russland. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte eine unabhängige Aufklärung der Todesumstände.

Nawalny und der christliche Glaube

Neben seiner politischen Tätigkeit war Nawalny auch ein gläubiger Mensch. In seinem Berufungsprozess vor dem Moskauer Bezirksgericht Babuschkino zitierte er aus der Bergpredigt des Matthäus-Evangeliums und bekannte sich zu seinem christlichen Glauben, wie der "Spiegel" 2021 berichtete. 

"Selig sind, die hungert und dürstet nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden", zitierte Nawalny aus der Bergpredigt.

Obwohl einige seiner Mitstreiter sich darüber lustig gemacht hätten, sei der Glaube an die Gerechtigkeit Gottes Kern seiner Hoffnung gewesen.

EKD-Ratsvorsitzende Fehrs entsetzt

Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kirsten Fehrs, hat sich entsetzt über die Nachricht vom Tod des russischen Regimekritikers Alexej Nawalny geäußert.

"Er steht stellvertretend für all jene, die sich in Russland für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt haben und dafür Repression, Gefängnis und sogar den Tod erleiden", sagte die Hamburger Bischöfin laut Mitteilung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Freitag in Hannover.

Kein Mensch dürfe inhaftiert werden, weil er sich für Demokratie und Menschenrechte einsetze, erklärte Fehrs weiter. "In meinen Gebeten bin ich bei Nawalnys Familie und Angehörigen und denke an die vielen weiteren Opfer des russischen Regimes", sagte sie.

Die EKD und die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde setzen sich gemeinsam mit der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial für die Freilassung der politischen Gefangenen in Russland ein. Unter www.gefangen-in-russland.de sind die Schicksale der derzeit 575 politischen Gefangenen in Russland veröffentlicht.

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