Normalerweise wäre auf dem Spargel- und Erdbeerhof von Georg Kuhn in Allersheim bei Würzburg ab diesem Wochenende einiges los. "Die ersten Saisonarbeiter wären hier, um die 50 Personen aus Rumänien", sagt der Landwirt, der sich auf Edelkulturen spezialisiert hat.
Aber was ist in diesen Tagen schon normal? Zwar läuft im kleinen Dörfchen Allersheim kaum jemand mit Mundschutz herum, doch auch dort ist die Corona-Pandemie das alles beherrschende Thema.
"Ohne die Saisonkräfte wird es keinen oder nur sehr wenig Spargel geben", sagt der Landwirt: "Wir brauchen jetzt Klarheit von der Politik."
Der Landweg für die saisonalen Arbeitskräfte aus Osteuropa ist zu: Österreich und Ungarn haben ihre Grenzen komplett geschlossen, der normale Anreiseweg per Bus oder Pkw nicht möglich.
"Wir denken im Moment über andere Lösungen nach - beispielsweise Flugreisen nach Nürnberg, wo wir die Arbeitskräfte dann abholen würden", sagt Kuhn. Aber ob das klappt, sei noch unklar. Dabei sind die Regelungen seitens des Bundesinnenministeriums sowie des bayerischen Agrarministeriums klar:
Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft sind systemrelevant, sie sind vom derzeit gültigen Reiseverbot ausgenommen. Eigentlich.
Denn die rechtlichen Vorgaben gelten für deutsche Außengrenzen, das aber interessiert Ungarn und Österreich offenbar nicht, sagt Kuhn: "Ich verstehe auch nicht, weshalb es auf den Fernstraßen für Waren und Arbeitskräfte keinen 'Grünen Korridor ' gibt, der frei bleibt - früher durfte man schließlich auch durch die DDR nach Berlin fahren, wenn man auf der Autobahn geblieben ist."
Diesen Freitag jedenfalls sollten die ersten Saisonarbeiter kommen, am Montag schon die nächsten.
Im Mai wären dann für gewöhnlich bis zu 150 Arbeitskräfte aus Rumänien gleichzeitig auf Kuhns Erdbeer- und Spargelhof beschäftigt.
Die durch ihre Traktoren-Proteste bekanntgewordene Initiative "Land schafft Verbindung" hat wegen der schwierigen Anreisebedingungen für Saisonarbeitskräfte vorgeschlagen, dass von Kurzarbeit Betroffene nun doch in der Landwirtschaft mithelfen könnten. Oder Beschäftigte aus der Gastronomie, die nun nur noch verkürzt öffnen darf.
Davon ist der "Spargel-Schorsch", wie Georg Kuhn in seiner Heimatregion auch genannt wird, nicht angetan: "Wir hatten vor Jahren mal die Auflage, dass wir eine gewisse Quote an deutschen Arbeitslosen beschäftigen mussten - das war nix. Die haben den Spargel kaputtgestochen."
Denn auch wenn sich das viele Kunden nur schwer vorstellen können: Spargelstechen kann nicht jeder.
Man muss es lernen - und das klappt nicht in ein, zwei Tagen. "Deshalb sind wir ja so sehr auf unsere schon seit Jahren bei uns tätigen Saisonarbeiter angewiesen", erläutert Kuhn. Maximal bei der Erdbeerernte könne er sich eine Aushilfe von hiesigen Kräften vorstellen: "Erdbeerpflücken kann man schneller lernen, an den Pflanzen kann man nicht so viel Schaden anrichten."
Aber auch das sei nur auf freiwilliger Basis sinnvoll: "Erntearbeit ist ein Knochenjob. Wer das nicht von sich aus machen möchte, der macht es nicht gut."
Aber alleine mit den Saisonarbeitskräften ist es nicht getan. Denn der Erdbeer- und Spargelbauer vermarktet den Großteil seiner Ernte selbst. An Buden am Straßenrand oder vor Einkaufsmärkten kann man seine Spargelstangen und Erdbeeren kaufen.
"Ich denke, wenn wir dort auf die aktuellen Hygienevorschriften achten, kann das funktionieren - die Sicherheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat dabei natürlich oberste Priorität", sagt Kuhn.
Man suche gerade nach Lösungen für ein möglichst kontaktloses Bezahlen auch mit Bargeld und wie Kunden und Verkäufer an den Ständen ausreichen Abstand halten könnten.
Noch will Kuhn nicht Schwarzmalen: "Wir haben ja keine Glaskugel, vielleicht wird noch alles gut." Aber im schlimmsten Fall wird das Gros seiner Ernte auf den Feldern vergammeln. An Spekulationen will er sich nicht beteiligen, wirtschaftlich würde ihn das aber hart treffen. Und es hätte Auswirkungen auf die Versorgung der Menschen:
"Getreide und Fleisch gibt es in Deutschland genug - bei frischem Gemüse sind wir im Normalfall schon auf Importe angewiesen."
Die heimische Produktion dürfe nicht ausfallen, sagt er und wünscht sich daher: "Die einen sind zu vorsichtig, die anderen zu leichtsinnig. Wir brauchen mehr Mitte."