Am 24. November feiert der mehrfach prämierte Dokumentarfilm "Route 4" bundesweit in deutschen Kinos Premiere. An dem unabhängigen Filmprojekt von und über die Missionen der Seenotrettungsorganisation Sea-Eye wirkten auch Absolventen der Hochschule Würzburg-Schweinfurt mit, darunter die Münchner Regisseurin Martina Chamrad, die damit ihr Dokumentarfilmdebüt gab.

Von 70 Stunden Rohmaterial zum fertigen Dokumentarfilm

70 Stunden Rohmaterial von einem der wenigen privaten Seenotrettungsschiffe im Mittelmeer habe sie gesichtet, berichtet sie dem Evangelischen Pressedienst. Sie bildeten die Basis für den Film "Route 4". Das Material stamme von einem Mediateam, das über 15 Monate das Seenotrettungsschiff "Alan Kurdi" der Regensburger Hilfsorganisation Sea-Eye begleitete.

Dabei entstanden sowohl Aufnahmen in Niger, Tunesien, Libyen, Italien und Malta, als auch Szenen mit Menschen an Bord. Gezeigt werden laut Chamrad die Strapazen, die die Menschen auf ihrer Flucht erlebten.

Die Aufnahmen seien schockierend, aber auch zutiefst menschlich gewesen, erzählt sie. Nie habe sie gewusst, was sie beim Öffnen eines neuen Files erwartete: "Manchmal gab ein Geflüchteter nur einen Reisebericht. Dann wieder erzählte jemand, wie in der Wüste alle Frauen, die mit auf der Flucht waren, vergewaltigt wurden." Die Arbeit an dem Film sei von einem Auf und Ab der Gefühle begleitet gewesen.

Themen des Films

In "Route 4" geht es um die zentrale Mittelmeerroute, die Experten zufolge die tödlichste Fluchtroute der Welt ist. Migranten und Asylsuchende versuchen in kleinen Gummi- oder Holzbooten von Libyen aus über das zentrale Mittelmeer nach Italien zu gelangen. Viele kommen dabei ums Leben.

Die Bilder von den überfüllten Booten hätten sie besonders berührt, sagt Chamrad. "Die Menschen darauf waren voller Hoffnung." Sie erinnere sich auch an eine Aufnahme, bei der die libysche Küstenwache auf eines der kleinen Boote zufuhr. Aus Angst, von den Milizen zurückgebracht zu werden, seien die Geflüchteten aus den Booten gesprungen und in Richtung "Alan Kurdi" geschwommen. Ein Vater habe dabei um Hilfe gerufen, weil er nicht schwimmen konnte.

Viele auf den Schiffen, die unmittelbar Kontakt mit Libyen hatten, hätten ein großes Bedürfnis gehabt, sich mitzuteilen, sagt Chamrad, und erzählten, dass sie dort wie Sklaven behandelt worden seien. "Sie flohen nicht nur aus ihrem eigenen Land, sondern flüchteten dann noch einmal aktiv aus Libyen, in dem sie in Lagern gehalten werden." Manche seien mehrmals versklavt worden, wieder geflüchtet und zurückgebracht worden. "ein furchtbarer Kreislauf."

Der Film will den Erzählschwerpunkt nicht nur auf eine Seite - die der Flüchtenden oder die der Seenotretter - legen, "sondern einen Überblick schaffen", die Fluchtursachen quasi aus der Vogelperspektive erzählen. Ein Sprecher kläre über die Fakten auf, um auch Menschen durch die Geschichte zu leiten, die noch nichts über die Seenotrettung wüssten.

Reaktionen auf den Film

Der 54-minütige Film berichtet von der Gefahr der Migrationsrouten nach, durch und in Libyen. Dabei werde "keine durchgängige Geschichte" erzählt, sondern es würden "Einblicke vermittelt über das Erlebte und Geschehene". Regisseurin Martina Chamrad: "Der Film soll berühren, aufwühlen und auch wütend machen."

Den Zuschauern solle zugleich ein realistisches Bild von der Seenotrettung und den Menschen auf der Flucht vermittelt werden, so die Filmemacherin: "Brutalität wird nicht beschönigt." Der Film hat die FSK-Freigabe 12, enthält aber auch zwei Triggerwarnungen - bei Szenen, die von körperlichen Misshandlungen, Vergewaltigungen und psychischen Grausamkeiten berichten. Die expliziten Szenen würden dabei verpixelt gezeigt.

Weitere mitwirkende Hochschulabsolventen waren neben Martina-Chamrad auch Alexander Draheim, Marco Riedl, Fabian Heinz, Franziska Heinemann sowie Felix Konrad. Produziert wurde der Film im Auftrag von Sea-Eye und dem Mennonitischen Hilfswerk. Er hat am 24. November bundesweit Premiere, unter anderem in Kinos in Kiel, Regensburg, Freiburg, Münster, Bern, Fulda, Köln und Heidelberg.