Ein früher Nachmittag im Restaurant Habibi in der Ansbacher Innenstadt. Ali Saadi bereitet seinen "Chefteller" zu, eine individuelle Zusammenstellung verschiedener Salate, Grillfleisch und selbstgemachtem Hummus. Eine junge Frau schaut ihm über die Schultern.

"Unsere Praktikantin hat heute ihren ersten Arbeitstag", sagt Besitzer Saadi, der das Restaurant Habibi in der Maximilianstraße vor rund vier Jahren eröffnet hat. Er stammt aus dem Irak und hat selbst eine Fluchtgeschichte.

Saadi floh als Jugendlicher aus dem Irak nach Deutschland

Als Jugendlicher floh der heute 36-jährige Saadi mit seiner Familie aus der irakischen Stadt Kirkuk nach Deutschland. Die Familie stand vor den Trümmern ihrer Existenz, aber Saadi rappelte sich auf: Er lernte Kfz-Mechaniker, später, von 2015 bis 2020, arbeitete er als Fachkraft für Migration im Jobcenter des Landkreises Ansbach und half Geflüchteten dabei, Arbeit zu finden. Im Jahr 2017 kam er durch diesen Job auf die Idee, ein Restaurant zu eröffnen, in dem syrische Flüchtlinge Arbeit finden.

Seit mehr als zehn Jahren herrscht in Syrien Bürgerkrieg. Fast sieben Millionen Menschen haben seitdem das Land verlassen, 770.000 davon leben in Deutschland. Laut der Bundesagentur für Arbeit sind rund zwei Drittel der syrischen Geflüchteten nicht erwerbstätig.

"Ich möchte Geflüchteten eine Chance geben, sich zu integrieren", erläutert der Ansbacher Restaurantbesitzer. Denn:

"Arbeit und der dadurch entstehende Kontakt mit Deutschen sind bei der Integration sehr hilfreich."

Im Restaurant Habibi finden syrische Flüchtlinge Arbeit - trotz fehlender Berufsausbildung

Vor Beginn der Corona-Pandemie hatte der Imbiss vier Angestellte aus Syrien - doch die Pandemie hat das kleine Restaurant wirtschaftlich schwer getroffen. Aktuell hat er nur noch einen Angestellten: Marwan Al-Mustafa. Mit knapp 50 Jahren, ohne Berufsausbildung und Sprachkenntnisse, hätte er auf dem Arbeitsmarkt keine Chance gehabt. Als Al-Mustafa 2019 bei ihm anfing, konnte er kein Wort Deutsch und hatte keine Küchenerfahrung. "Das habe ich gerne in Kauf genommen", sagt Saadi.

Drei Männer und eine Frau stehen hinter der Theke eines Restaurants.
Ali Saadi in seinem Restaurant neben seiner Schwester Schengül Saadi (l-r), seinem Vater Mohammed Saadi und dem Mitarbeiter Marwan Al-Mustafa.

Durch den aktuellen Krieg in der Ukraine fühlt er sich an seine eigene Situation erinnert. "Ich bin nach wie vor bereit, Geflüchtete einzulernen und einen Arbeitsplatz anzubieten", sagt Saadi. Ob diese aus Syrien, der Ukraine oder einem anderen Land kämen, spiele für ihn keine Rolle. Er sehe aber auch die Probleme:

"Ich denke, die sprachliche Barriere stellt eine große Hürde dar."

Von der Politik wünsche er sich mehr Unterstützung für Arbeitgeber und ein größeres Angebot an Sprachkursen.

Für einfachere Integration braucht es schnelle Asylverfahren und frühzeitige Sprachkurse

Petra Bendel, Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR), sagte dem Sonntagsblatt:

"Je eher Geflüchtete integriert werden, desto schneller finden sie in Arbeit."

Es brauche schnellere Asylverfahren sowie frühzeitige Sprach- und Integrationskurse. Das findet auch die Vorsitzende des Verbands Deutsch-Syrischer Hilfsvereine, Nahla Osman. Das derzeit unbürokratische Vorgehen bei ukrainischen Geflüchteten müsse auch für andere gelten.

Mehr als 70 Prozent der Syrer haben einen Schulabschluss - ein enormes Potenzial beim derzeitigen Fachkräftemangel. "Es gibt viele syrische Kellner mit langjähriger Berufserfahrung, die in Deutschland sofort anfangen könnten", erläutert Osman. Viele Geflüchtete seien seit über sechs Jahren im Land und sprächen einigermaßen gut Deutsch. Trotzdem hätten etliche von ihnen bis heute Probleme mit der Anerkennung ihrer in Syrien ausgeübten Berufe oder Ausbildungsabschlüsse, weiß Osman.

Mittlerweile bedient Al-Mustafa die Kunden im Habibi in einfachem Deutsch und bereitet die Speisen selbst zu. "Ich habe bis jetzt sehr gute Erfahrungen mit syrischen Flüchtlingen gemacht", sagt Saadi. Aber einige hätten auch falsche Vorstellungen vom Arbeitsleben in Deutschland gehabt. Ein langer Arbeitstag in seinem Restaurant sei "nicht für jeden" gemacht, erläutert Saadi - und ist sich zeitgleich sicher:

"Durch harte Arbeit kann man hier viel erreichen."