Wie so vieles in Zeiten des Coronavirus ist auch eine lange geplante Aktion vom evangelischen Partnerschaftszentrum Mission EineWelt und der evangelischen Landeskirche verschoben worden: Das Plastik-Fasten unter dem Motto "Not for sale" soll nun erst im Herbst 2020 stattfinden. Doch die Leiterin der Pazifik-Informationsstelle bei Mission EineWelt, Julia Ratzmann, hält mit ihrem Mann Stephan und den beiden 14-jährigen Zwillingssöhnen Adrian und Alvaro bereits seit Aschermittwoch das Plastik-Fasten durch.
Auf Süßigkeiten zu verzichten, dazu sei die ganze Familie zu schwach gewesen, erzählt die 48-Jährige:
"Wir haben etwas gesucht, das wir alle vier durchziehen können, und sind dann auf den Verzicht von Plastik-Verpackung gekommen".
Allerdings fehlen damit nun erst mal auch die Lieblings-Süßigkeiten wie Gummibärchen oder Schoko-Reiswaffeln im Einkaufskorb. "Das ist tatsächlich ein großer Verzicht", seufzt die Mutter.
Sieben Wochen ohne Plastikmüll
Die Nürnberger Familie hat ihre sieben Wochen ohne Plastik gut vorbereitet. Sie stellte eine Liste mit den Produkten zusammen, die sie unbedingt wollte, und jedes Familienmitglied schwärmte mit dieser Liste in einen Supermarkt in der Nähe aus und kontrollierte, was es ohne Kunststoff-Verpackung gibt. Der eine entdeckte Kekse im Karton, der andere Joghurt im Pfandglas.
Julia Ratzmann selbst stellte sicher, dass sie in der Metzgerei für ihren Aufschnitt ein eigenes Behältnis mitbringen kann. Sie produziert süße Zwischenmahlzeiten für die Jungen im Voraus und stellt 20 Gläschen in den Kühlschrank. Für spezielle Wünsche gehen Ratzmanns in den Unverpackt-Laden in Nürnberg. Bambus-Zahnbürsten gibt es heute schon in immer mehr Drogerien, erzählt die studierte Völkerkundlerin.
Zu 100 Prozent konsequent könne man nicht sein, räumt Ratzmann ein. "Das ist eine Abwägung von Zeit, Geld und Plastik". Das Haarwaschmittel oder Shampoo nehme man noch aus der Plastikverpackung, denn die Kosmetika selbst zu machen, würde zu viel Zeit kosten. Schwer gefallen ist Julia Ratzmann auch die Entscheidung für Papiertaschentücher, die nur in Plastikfolie zu bekommen sind. Aber Stofftaschentücher hält sie in Infektionszeiten für unhygienisch. "Wir sind aber stolz, dass wir unseren Gelben Sack ziemlich reduziert haben", sagt die berufstätige Mutter. Alle 14 Tage füllt die Familie jetzt einen halben Gelben Sack.
Kunststoff ist nicht mehr aus der modernen Welt wegzudenken, erklärt Ratzmann. "Was wir reduzieren können, ist aber der Verpackungsmüll."
Die abgeriebenen Mikroplastik-Partikel würden schließlich nicht von weggeworfenen Waschmaschinen stammen, sondern von Zahnbürsten, Plastiktüten oder Wattestäbchen.
Die Menschheit habe sich "zu lange nicht gekümmert, welche Probleme durch den Plastikzuwachs in die Welt gekommen sind", erklärt Ratzmann. Hoffnung gibt ihr aber, dass es inzwischen schon "trendy" sei, aus Plastikmüll Produkte wie Sportschuhe oder Brillen herzustellen. Umweltschutz sei eben nicht mehr mit Birkenstock-Latschen und selbst gestrickten Pullovern assoziiert. "Heute haben auch moderne junge Leute das Problem erkannt und versuchen gegenzusteuern".
Ihre Familien-Plastik-Fastenaktion wollen Ratzmanns auch nach dem Osterfest fortsetzen. "Vielleicht nicht mehr ganz so konsequent, aber wir werden bewusster schauen und entdecken." Erst vor ein paar Tagen hat Julia Ratzmann einen Käse im Kühlregal gesehen, der in Kunststoff aus 80 Prozent recyceltem Material eingeschweißt war. Als Mitarbeiterin der Pazifik-Infostelle ist Ratzmann auch mit der Aktion "Not for sale" befasst. Wenn die auch erst im Herbst stattfindet, fordert sie dazu auf, schon heute bei Instagram Fotos von solchen Entdeckungen und andere Ideen zum Plastikfasten zu posten.
Terminliche Verschiebung
Die für 22. bis 28. März geplante Aktion "Eine Woche ohne Plastik" von Mission EineWelt und der evangelischen Landeskirche muss wegen der Corona-Pandemie verschoben werden. Sie wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt.