Nach Kritik: Material wird überarbeitet

Der Weltgebetstag der Frauen hat auf die Kritik an der Liturgie aus den palästinensischen Gebieten für den 1. März kommenden Jahres reagiert und will die Vorlage für den Gottesdienst umgestalten. "Die Stimmen der Palästinenserinnen sollen dabei nicht verschwiegen werden", sagte Brunhilde Raiser vom Weltgebetstags-Vorstand. Zum Vorwurf, die Liturgie sei in Teilen antisemitisch, erklärte Raiser, man wolle berücksichtigen, welche Kritik oder Fragen sich in Bezug auf Antisemitismus in der Liturgie stellen.

Von einem "Canceln" der Gottesdienstvorlage für 2024 könne jedoch keine Rede sein, betonte Raiser. Infolge des Terrorangriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober habe sich in Deutschland der Bezugsrahmen und die Deutungsmöglichkeiten zum Thema Israel-Palästina verschoben: "Die vorliegende Liturgie bedarf daher einer Einordnung und Einbettung in den aktuellen Kontext", so Raiser. Eine Änderung stellte sie unter anderem für die Fürbitten-Gebete in Aussicht. Auch werde über begleitende und einführende Texte nachgedacht.

Das für den Weltfrauentag angefertigte Titelbild der Künstlerin Halima Aziz sei bereits zurückgezogen worden, auch der Verkauf sei gestoppt, sagte Raiser. Der in Gaza aufgewachsenen jungen Künstlerin wird vorgeworfen, sie habe sich nach den Anschlägen über die sozialen Medien mit der Hamas solidarisch gezeigt.

So hatte der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (DKR) die Organisatorinnen und Organisatoren des Weltgebetstags aufgefordert, die Texte so zu überarbeiten, dass sie den Opfern des Hamas-Israel-Krieges gerecht würden. Das bekannt gewordene Material enthalte "falsche und tendenziös politische Aussagen, die im Zusammenhang als antisemitisch zu klassifizieren sind", erklärte der Koordinierungsrat Ende Oktober.

Der Bochumer evangelische Theologieprofessor Günter Thomas kritisierte eine "tendenziöse Auswahl und Ikonografie" der bisherigen Texte und Bilder für den Weltgebetstag. Die Texte und Bilder der Materialien "dämonisieren Israel", schrieb er an die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, und EKD-Synodenpräses Anna-Nicole Heinrich vor der am Sonntag in Ulm beginnenden EKD-Synode. Sie müssten auf eine grundlegende Überarbeitung des Materials hinwirken.

Nach Einschätzung von Oberkirchenrätin Wibke Janssen von der Evangelischen Kirche im Rheinland ist die gegenwärtige Situation in Israel und den palästinensischen Gebieten in den bisherigen Entwürfen für den Weltgebetstag nicht berücksichtigt. "Dazu wäre jetzt eine engagierte Auseinandersetzung nötig", sagte Janssen kürzlich dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Der unabhängige Weltgebetstag ist die weltweit größte ökumenische Basisbewegung von Frauen. Er wird jährlich am ersten Freitag im März in mehr als 150 Ländern mit Gottesdiensten gefeiert. Die Liturgie kommt immer aus einem anderen Land.

 

 

Theologieprofessor äußert Kritik vor Beginn der EKD-Synode

Infolge des Terrorangriffs der Hamas auf Israel gibt es zunehmend Kritik am Weltgebetstag der Frauen am 1. März kommenden Jahres, der von Frauen aus Palästina vorbereitet wird.

Die Texte und Bilder der Materialien "dämonisieren Israel", schrieb der Bochumer evangelische Theologieprofessor Günter Thomas an die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, und die EKD-Synodenpräses Anna-Nicole Heinrich vor der am Sonntag in Ulm beginnenden EKD-Synode. Beide müssten darauf hinwirken, dass die Materialien für den Weltgebetstag zurückgezogen und grundlegend überarbeitet werden.

Ankündigung: Materialien werden überarbeitet

Das deutsche Weltgebetstags-Komitee mit Sitz in Stein bei Nürnberg hat bereits angekündigt, die Materialien zu überarbeiten. "Tatsächlich braucht die Gottesdienstordnung eine Aktualisierung, eine Hinführung oder ein weiteres Vorwort etwa. Wir hoffen auf eine solche Aktualisierung durch das palästinensische Komitee", hieß es. Ergänzend wolle das deutsche Komitee gegebenenfalls eigene aktuelle Bausteine zur Verfügung stellen. 

"Vom internationalen Komitee des Weltgebetstages (WDP) hätten wir uns allerdings eine klarere Distanzierung von der Hamas als Terrororganisation und ihrer Gewalt gewünscht", hieß es weiter.

Reaktion des Deutsches Koordinierungsrats

Zuvor hatte bereits der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (DKR) die Organisatorinnen und Organisatoren des Weltgebetstages aufgefordert, das bisherige Material zurückzuziehen und die Texte für den Weltgebetstag 2024 so zu überarbeiten, dass sie den Opfern des Hamas-Israel-Krieges gerecht werden.

Das bekannt gewordene Material enthalte "falsche und tendenziös politische Aussagen, die im Zusammenhang als antisemitisch zu klassifizieren sind".

Israelbezogener Antisemitismus ist nicht neu

Der Theologe Thomas kritisierte, die Materialien seien nicht erst mit dem Pogrom der Hamas am 7. Oktober antisemitisch gewesen, "sie waren es schon vorher". In ihrer "tendenziösen Auswahl und Ikonografie" enthielten die Texte und Bilder einen israelbezogenen Antisemitismus.

"Sie delegitimieren die Existenz des Staates Israel", bilanzierte er.

Selbstverständlich müsse man auch auf palästinensische Christinnen hören. Wenn diese aber israelbezogenen Antisemitismus verbreiteten, dann müsse ihnen widersprochen werden.

Aufarbeitung neuer Vorwürfe

Zur Kritik an der in Gaza aufgewachsenen jungen Künstlerin Halima Aziz erklärte der Weltgebetstag, das Titelbild für 2024 sei gemeinsam vom internationalen und vom palästinensischen Komitee ausgesucht worden:

"Wir überprüfen die Vorwürfe, Halima Aziz habe sich nach den Anschlägen vom 7. Oktober über die sozialen Medien mit der Hamas solidarisch gezeigt. Sollten sich diese Vorwürfe bewahrheiten, werden wir uns klar distanzieren und diese Stellungnahme dem jeweiligen Material beilegen."

Was ist der Weltgebetstag?

In mehr als 150 Ländern wird am ersten Freitag im März mit ökumenischen Gottesdiensten der Weltgebetstag gefeiert. Die Liturgie kommt immer aus einem anderen Land, 2023 aus Taiwan. Der Weltgebetstag wurde von christlichen Frauen gegründet, aber inzwischen feiern auch Männer mit.

Die Idee zu der inzwischen weltgrößten ökumenischen Basisbewegung von Frauen stammt aus den USA, wo sich Christinnen 1887 erstmals zu einem Weltgebetstag versammelten. 1927 wurde der erste internationale Gebetstag gefeiert, seit rund 70 Jahren auch in Deutschland.

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