Über die Aufhebung einer bestehenden Ausgangs- und Kontaktsperre an der Landeserstaufnahmestelle (LEA) Ellwangen (Ostalbkreis) mit ihren rund 600 Plätzen für Flüchtlinge wird am Wochenende entschieden. Ursache für die zumindest bis 3. Mai dort bestehende Ausnahmesituation: Mehr als die Hälfte der Bewohner und rund 30 Beschäftigte sind mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert.

Das bedeutet für die Bewohner unter anderem, Kontakte zu meiden, sich hauptsächlich auf ihren Zimmern aufzuhalten, dort auch zu essen, und nicht wie sonst ihren persönlichen Bedarf selbst beim Einkauf in Ellwangen zu decken. 

Die Beschäftigten in der LEA müssten "aktuell sehr viel leisten" und erledigen dies "mit Bravour", teilte das Regierungspräsidium Stuttgart als zuständige Behörden auf Sonntagsblatt-Anfrage mit. Unterstützung von außen werde - so weit wie möglich - dankbar angenommen, berichtet eine Sprecherin des Regierungspräsidiums. Im Einsatz seien zurzeit auch Soldatinnen und Soldaten, vom Essenspakete packen bis zum Fiebermessen.

Corona in der Landesaufnahmestelle: Die Chronologie der Ausbreitung

Trotz Vorsichtsmaßnahmen kam in Ellwangen nach dem 2. April eine Lawine in Gang. An dem Tag hatte das Regierungspräsidium einen 32-jährigen Infizierten aus Ghana gemeldet, der dort in Quarantäne sei. Einen Tag später wurde eine Außenstelle der Ellwanger LEA in Giengen an der Brenz (Landkreis Heidenheim) eingerichtet für 26 nicht infizierte Personen. Doch wenig später wurde bekannt, dass zwei mit dem Corona-Virus infizierte Mitarbeitende dort im Dienst waren. Es folgte in Giengen die Ausgangssperre für alle.

Am 5. April wurden in Ellwangen sechs weitere Infektionen bekannt und auch dort die Ausgangssperre verhängt. Am 11. April belegte das Land eine temporäre Isolierunterkunft für bis zu 60 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge wie Mütter mit Kindern in Althütte-Sechselberg im Rems-Murr-Kreis, im ehemaligen Freizeitzentrum des Süddeutschen Gemeinschaftsverbandes.

Nicht-infizierte LEA-Bewohner können zurzeit nicht verlegt werden, erklärt die Sprecherin. Als Kontaktpersonen der Infizierten unterliegen alle der Ausgangssperre. Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg schaltete sich ein und forderte "ein Ende der Massenunterbringung". Es gab zudem Gerüchte, unter anderem, dass der WLAN-Zugang abgeschaltet worden sei.

Ellwangen: Bewohnerinnen und Bewohner der Aufnahmestelle akzeptieren überwiegend Ausgangssperre

Die Sprecherin des Regierungspräsidiums stellte klar, dass es ein WLAN-Problem am Anfang gab, als nämlich ein nicht dafür vorgesehenes Gebäude zur Quarantänestation für die ersten Infizierten wurde. Und es habe Corona-bedingte Veränderungen schon seit 20. März gegeben.

Das war eine Folge der Corona-Verordnung des Landes und bedeutete unter anderem, dass Hygiene-Artikel nun nicht mehr in der Stadt eingekauft werden konnten, sondern als Basispakete - kostenlos - ausgeteilt wurden. Zu bestimmten Ausgabeterminen gab es Nachfüllmöglichkeiten. Und für persönliche Dinge des täglichen Bedarfs öffnete jetzt werktags ein Kiosk.

"Die Bewohnerinnen und Bewohner akzeptieren überwiegend die Ausgangs- und Kontaktsperre. Wo Fragen bestehen oder Unsicherheiten herrschen, führen wir Gespräche", berichtet die Sprecherin. Doch es würden auch Verstöße festgestellt und von der LEA-Leitung zur Anzeige gebracht. Auf dem Gelände ist ein Sicherheitsdienst im Einsatz.

Trotz Ausnahmesituation gebe es weiterhin Fixpunkte. So sei die unabhängige Sozialberatung in der LEA aktiv. Es gebe zusätzlich telefonische Beratung. Für Kinderbetreuung hätten die Malteser ein "angepasstes Grundangebot" eingerichtet. Verschiedene Institutionen und Firmen spendeten "insbesondere Spielmaterialien für Kinder, die wir entsprechend in der LEA verteilen". Für jede brauchbare Unterstützung in der aktuellen Situation seien Bewohner und Mitarbeitende dankbar, berichtet die Sprecherin.