Wie beurteilt der kda die Bemühungen der Politik, geeignete Rahmenbedingungen für die Arbeitnehmer in der Corona-Krise zu schaffen?
Sabine Weingärtner: Die Politik hat im März schnell reagiert und durch den leichteren Zugang zu Kurzarbeitergeld, zu Hartz IV und zum Kinderzuschlag ein zusätzliches Hilfsnetz für Millionen Berufstätige aufgespannt. Kurzarbeit ist ein kluges Instrument, da sie in der Krise den Arbeitnehmern ihre Arbeitsplätze und den Unternehmen ihre Fachkräfte bewahrt.
Problematisch ist, dass man auch mit Kurzarbeitergeld kaum über Hartz IV liegt, wenn man aus Niedriglohnbranchen wie der Gastronomie oder dem Handel kommt.
Und Hartz IV wiederum reicht kaum zum Leben - gerade angesichts geschlossener Tafeln und steigender Lebensmittelpreise. Wir fordern deshalb in der Krise per Petition zusätzliche Soforthilfen für Bedürftige.
Frau Weingärtner, während der Corona-Krise ist es auch für die Mitarbeiter des kda schwieriger geworden, Kontakt mit den Menschen zu halten. Wie schaffen Sie das?
Weingärtner: Der Kontakt erfolgt nun telefonisch oder digital. Die meisten unserer Mitarbeiter haben viele ihrer Kontakte abtelefoniert oder angeschrieben, um zu fragen, wie es ihnen und ihrem Arbeitsumfeld geht. Unsere Netzwerkpartner nehmen aber auch selbst Kontakt zu uns auf.
Wir haben ein Arbeitsseelsorgetelefon geschaffen. Werktags ist in zwei Schichten jeweils ein Mitarbeiter am Telefon erreichbar, hört zu, nimmt Anliegen auf und vermittelt an eine Beratungsstelle vor Ort.
Über dieses Arbeitsseelsorgetelefon erreichen wir auch Menschen, die uns bisher noch nicht kennen gelernt haben. Ein spezieller Bereich des kda ist das Gastgewerbe, das derzeit mit am schwersten von den Ausgangsbeschränkungen betroffen ist.
Was erfahren Sie aus dieser Branche?
Weingärtner: Hotels und vor allem Gastwirtschaften sind sehr stark unter Druck geraten, insbesondere kleine Betriebe und Startups ohne finanziellen Background. Große Hotels sind oft etwas besser aufgestellt, jedoch auch nicht auf unbegrenzte Zeit. Zum Teil sind diese nur noch pro Schicht mit einer Person an der Rezeption besetzt, um die wenigen verbliebenen Gäste versorgen zu können. Mitunter ist das eine oder andere Hotel bereits ganz geschlossen worden.
Einige Restaurants behelfen sich mit Außer-Haus-Verkauf, aber das reicht in vielen Fällen nicht aus, um die Kosten zu decken.
In kleinen Dörfern allerdings treffen die Gastwirte mit ihren Ideen auf eine offene und solidarische Dorfgemeinschaft, die das neue Angebot zahlreich annimmt.
Aktuelle Einnahmeausfälle reichen weit in die Zukunft hinein, da sie im gastronomischen Bereich nicht ausgeglichen
werden können. Ein Zimmer lässt sich auch in Zukunft nur einmal vermieten, ein Essen auch weiterhin nur einmal verkaufen.