Digitaler, agiler und mit weniger Hierarchien: So soll sie aussehen, die evangelische Kirche in Bayern im Jahr 2030. Die Mentalität würde dann definitiv "sehr anders" sein, resümierten Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und Synodalpräsidentin Annekathrin Preidel am Sonntag in einem Gespräch mit dem Sonntagsblatt:

"wie bei den jungen Leuten, mehr 'einfach mal machen', weniger Schreibtische und Regelungen".

Die Kirchenleitung hatte sich am Wochenende in der Evangelischen Akademie Tutzing getroffen, um den Zukunftsprozess "Profil und Konzentration" (PuK) voranzubringen.

Es galt zu konkretisieren, wie Kirche 2030 aussehe könne, angesichts rückläufiger Kirchensteuereinnahmen, weniger Personal und weniger Kirchenmitgliedern. Seit 2017 tüftelt die Kirche hierfür auf allen Ebenen an ihrem PuK-Prozess. In Tutzing einigten sich Landessynode, Landessynodalausschuss, Landeskirchenrat und Landesbischof auf fünf Themenfelder, die zuerst angegangen werden sollen.

Digitale Kommunikation in der evangelischen Kirche soll verstärkt werden

Dazu gehört die digitale Kommunikation, beschrieb Preidel. Technische Möglichkeiten wie der Kontakt via Email oder App müssten stärker genutzt werden, sagte Bedford-Strohm:

"Wir möchten uns melden können und ausstrahlen, dass wir auch interessiert sind zu erfahren, was die Menschen von uns wollen".

Via App sollten die Menschen schnell das kirchliche Angebot finden, das sie suchen.

"Wir bieten viel, aber das muss digital besser gefunden werden."

Vorbei sei dagegen, dass jede Ortsgemeinde alles biete - diese Kleinteiligkeit passe nicht mehr in die Zeit. Kirchliche Heimat sei nicht mehr zwangsweise an eine stationäre Gemeinde gebunden. Stattdessen setze man auf Netzwerke, regionale Kooperationen und multiprofessionelle Teams.

Regionen mit mehr Freiheit, neue Personalpolitik

Hierfür müssten die Regionen mit mehr Freiheiten gestärkt werden, lautet das zweite Themenfeld; etwa in der Entscheidung, welche Stellen sie wo und wie einsetzen. Drittens brauche es eine Personalpolitik, die ermögliche, dass kirchliche und nichtkirchliche Berufe gemeinsam Aufgaben erfüllen, um Seelsorgern Freiraum für ihre Kernaufgaben zu geben.

Es brauche eine Aufwertung des Ehrenamts - ihm komme künftig eine noch bedeutendere Rolle zu, sagte Preidel: Diese müsse aber auch mit Schulungen und mehr Entscheidungskompetenz begleitet werden.

 

Zukunftskonferenz in der Evangelischen Akademie Tutzing
Zukunftskonferenz in der Evangelischen Akademie Tutzing

Spiritualität der evangelischen Kirche entfalten

Viertens brauche es Rahmenbedingungen, damit sich Spiritualität als Kern kirchlicher Identität entfalten kann. Kirche und Diakonie hätten viele wichtige Botschaften, sagte der Bischof:

"Es gibt so viele Bereiche, in denen die Menschen Orientierung brauchen."

Hier in die Menschheit hineinzuwirken, bleibe auch in Zukunft zentral. Schließlich brauche es einen Wandel der Leitungsstrukturen, um schnellere dezentrale Entscheidungen zu ermöglichen.

Wo gespart werden soll

Gespart werden soll unter anderem im Gebäudebereich: Viele kirchliche Immobilien würden künftig verkauft, vermietet oder gemeinsam mit anderen genutzt, sagte Bedford-Strohm. Auch Synergien zu schaffen und Einrichtungen zusammenzulegen wie beim Evangelischen Campus Nürnberg, sei ein Spar-Weg.

"Wir haben uns bewusst sehr früh auf diesen Weg gemacht", betonte der Bischof. Auch sei in den Jahren mit guten Kirchensteuereinnahmen viel gespart worden, um vorzusorgen. So hoffe man inhaltlich orientiert entscheiden zu können und sich "nicht bewusstlos sparen" zu müssen.

Kommunikation, Spiritualität, Seelsorge, Diakonie, Bildung, Nachhaltigkeit - all das und mehr werde es auch in der "Kirche 2030" geben. Jedoch müsse geprüft werden, wie sich die Bereiche so effektiv wie möglich aufstellen ließen. Es werde weniger Strukturen geben und mehr Ausprobieren und Risiken eingehen, sagte Bedford-Strohm:

"Und ja, wir werden weniger sein, aber wir werden nicht weniger Ausstrahlung haben - ich hoffe sogar noch mehr."

Das Behäbige müsse weg, überwiegen sollten Kreativität, Innovation und Lebensfreude.

Zukunftsprozess "Profil und Konzentration"

Das Sonntagsblatt begleitet den Zukunftsprozess der evangelischen Kirche mit dem Titel "Profil und Konzentration" redaktionell regelmäßig mit Beiträgen. Alle Artikel, Hintergrundinformationen und Interviews finden sich im Dossier unter diesem Link.

Die bayerische Landeskirche hat 2016 mit einem umfassenden Reformprozess begonnen. Unter dem Titel "Profil und Konzentration" soll die Kirche grundlegend umstrukturiert werden.

Schreiben Sie uns Ihre Meinung zum Reformprozess: online@epv.de

 

Beschlüsse der Zukunftskonferenz

  1. Über gute und digitale Kommunikation baut die ELKB den Kontakt und die Beziehung zu ihren Mitgliedern und den Menschen im Sozialraum aus.
  2. Die Region gewinnt zukünftig als Gestaltungsraum an Bedeutung und sie hat dafür sowohl einen strukturellen Rahmen wie auch Freiraum zur Gestaltung.
  3. Unsere Personalpolitik ermöglicht es, dass kirchliche und nichtkirchliche Professionen gemeinsam die anstehenden Aufgaben erfüllen.
  4. Die Kirchenleitung sorgt für Rahmenbedingungen, dass sich Spiritualität als Kern unserer Identität und wichtige Ressource in der Transformation entfalten kann.
  5. Die Leitungsarchitektur der ELKB ist so umgebaut, dass eine Transformation hin zu einer dezentralen Entscheidungskultur ermöglicht wird.