Sie haben PuK als einen großen Magnet beschrieben, nach dem sich alle anderen Planungen und Vorhaben wie Metallspäne ausrichten. Ist der Magnet stark genug oder liegen die Metallspäne immer noch kreuz und quer in der Landschaft?
Blum: Der Magnet baut gerade seine Stärke im Feld auf. Denn wir stehen im PuK-Prozess an der Schwelle, dass die strategischen Zielsetzungen, wie sie die Landessynode beschlossen hat, in die Umsetzung gehen. Als ersten Schritt hat die Landessynode dem Landeskirchenrat den Auftrag gegeben, Schwerpunkthemen zu bestimmen und festzulegen, in welcher Struktur sie umgesetzt werden sollen. Das hat bereits zu einem Umdenken im Landeskirchenamt geführt. Unter dieser Zielsetzung sind die Abteilungen zu einer weitaus stärkeren Kooperation gekommen, sie arbeiten jetzt sozusagen unter einer gemeinsamen Überschrift.
Sehr erfreulich ist, dass PuK inzwischen auch schon in der Fläche angekommen ist. Ein konkretes Beispiel dafür: Das Dekanat Feuchtwangen hat ein einheitliches Gottesdienstkonzept entwickelt und den Bereich Familie als gemeinsames Schwerpunkthema bestimmt.
Ein Motor für das Reformprogramm ist die Landessynode als bayerisches Kirchenparlament. In einigen Monaten endet die Amtszeit. Fürchten Sie dadurch einen Stillstand, weil sich eine neue Synode erst einarbeiten muss?
Blum: Da habe ich überhaupt keine Sorge. Natürlich müssen sich die neuen Synodalen erst einmal mit der Programmatik vertraut machen. Ich sehe sogar den Vorteil darin, dass die neue Synode direkt in die Umsetzung gehen kann, da die strategischen Schwerpunkte ja bereits feststehen. Diese Schwerpunkte sind kein festgefügtes Konzept, sondern lassen bei der Umsetzung bewusst viele Freiräume.
Gibt es auch Widerstände gegen den großen Veränderungsprozess?
Blum: Der Eindruck wäre falsch, dass bei PuK alles glatt durchläuft. Natürlich haben wir an vielen Stellen Widerstände gespürt. Dabei gab es wie bei jedem Reformprozess drei Gruppen: Eine Gruppe hat motiviert mitgemacht, eine weitere Gruppe eher notgedrungen und eine dritte Gruppe wollte überhaupt keine Veränderungen. Wichtig war jedoch, dass wir von Anfang eine klare Zielrichtung hatten - eben wie die Kirche mit ihrer Botschaft von der Liebe Gottes wieder näher zu den Menschen in ihren jeweiligen Lebenssituationen kommt - und dass wir uns von den Widerständen nicht schrecken ließen.
Im Prozessverlauf haben wir jetzt nach meiner festen Überzeugung den "Point-of-no-Return" erreicht.
Das zeigt sich allein schon daran, dass es einen breiten Konsens über die zentralen Kernthemen von PuK in der gesamten Landeskirche gibt, wie etwa die Weitergabe des Glaubens an die junge Generation oder die Weiterentwicklung der Kirche ins digitale Zeitalter.
Wie weit ist denn die Digitalisierung in der Kirche vorangekommen?
Blum: Wir haben ein Digitalisierungs-Konzept und nehmen dafür auch richtig Geld in die Hand. Neben einigen Großprojekten haben wir zum Beispiel auch einen Fonds mit fünf Millionen Euro gebildet, aus dem kleinere Digitalprojekte finanziert werden sollen. Ein Vergabeausschuss wird unbürokratisch und schnell über Projekte entscheiden, die eine Größenordnung von bis zu 300.000 Euro haben und in den nächsten zwei oder drei Jahren realisiert werden. Ein wesentliches Kriterium ist dabei, dass diese Projekte in die PuK-Thematik passen.
Bei PuK geht es ja vor allem um eine inhaltliche Dimension. Welche Bedeutung hat die Digitalisierung für die Verwaltung?
Blum: Weil Verwaltungsvorgänge eher hinter den Kulissen laufen, finden sie in der Öffentlichkeit eher wenig Beachtung. Die Digitalisierung spielt aber für unsere Organisation und Verwaltung eine ganz große Rolle. Denn Verwaltung sollte immer schnell, effizient und "geräuschlos" sein. Ein Ziel ist beispielsweise die "elektronische Akte" einzuführen. Dadurch können die Verwaltungsabläufe sehr erleichtert werden, weil jeder die Informationen, die er braucht, auf seinen Rechner bekommt und nicht erst eine Papierakte aus der Registratur holen muss, die dann auch nur an jeweils einer Stelle genutzt werden kann. Ein anderes Beispiel ist die Weiterentwicklung von SAP.
Wir wollen eine gemeinsame Verwaltungs-Plattform für die gesamte Landeskirche schaffen, über die das Personal- und Finanzwesen laufen soll. Eine große Organisation wie die ELKB benötigt einfach ein leistungsfähiges kaufmännisches Datenverarbeitungsprogramm.
Das bedeutet aber nicht, dass jede Gemeinde das komplette SAP-Programm anwenden muss. Da finden sich einfachere Anwendungsprogramme.
Die neue Landesstellenplanung, also die möglichst faire Verteilung des theologischen Personals in Bayern, ist angelaufen. Wie passt denn dieses Metallspänchen zum Magnet PuK?
Blum: Die beiden passen sehr gut zueinander und waren von Anfang an aufeinander ausgerichtet. Denn durch die Landesstellenplanung wird gesteuert, welche personellen Ressourcen für die neue inhaltliche Ausrichtung überhaupt zur Verfügung stehen.
Das war doch aber schon genauso bei den bisherigen Stellenplanungen.
Blum: Eben in dieser Form gerade nicht. Denn unter der Maßgabe von PuK erhalten dezentrale Stellen, wie etwa die Dekanate, einen deutlich größeren Spielraum. Sie können also weitaus eigenständiger als früher entscheiden, ob für eine bestimmte Aufgabe ein Pfarrer, ein Diakon oder ein Religionspädagogin eingesetzt wird, oder ob beispielweise die Kirchenmusik ausgebaut werden soll. Außerdem können Dekanate im Personalbereich grenzüberschreitend zusammenarbeiten und damit neue inhaltliche Schwerpunkte setzen.
Es kommt also zu einer Kompetenzverschiebung auf die mittlere Ebene?
Blum: Ganz genau. Es muss nicht mehr jede einzelne Stellenzuweisung im Landeskirchenamt entschieden werden, die Kirchenleitung wird eher einen groben Rahmen vorgeben, der dann von den Entscheidungsgremien vor Ort gefüllt wird.
Sie haben erst vor kurzem betont, dass die Landeskirche eine zuverlässige Arbeitgeberin ist und bleiben wird. Gilt das auch angesichts der letzten Mitgliederprognose, die stark nach unten weist?
Blum: Da habe ich gar keine Zweifel. Ich war in meinem Berufsleben schon für mehrere Arbeitgeber tätig und habe noch nie einen so zuverlässigen wie die bayerische Landeskirche erlebt. Sie plant sorgsam und vorausschauend, die Mitarbeitenden haben einen ganz hohen Stellenwert. Allerdings darf man nicht Zuverlässigkeit mit Stillstand und Bewahrung des Status Quo verwechseln. Um auf Dauer zuverlässig sein zu können, sind wir geradezu auf Veränderungen angewiesen. In unserer schnelllebigen Zeit kann niemand mehr davon ausgehen, dass er oder sie 30 Jahre am selben Schreibtisch sitzt und die gleichen Aufgaben mit denselben Arbeitsmitteln erledigen kann. Auch Kirche muss sich weiterentwickeln! Unser großes Anliegen ist, alle Mitarbeitenden in Veränderungsprozessen gut mitzunehmen.
Nur mit Veränderung kann die Zukunft gesichert werden. Dabei darf es nach meiner festen Überzeugung keine Tabus geben - auch nicht die Diskussion um eine mögliche Anpassung der Versorgungsleistungen für Kirchenbeamte, Pfarrerinnen und Pfarrer.
Wie gehen Sie denn persönlich mit den zurückgehenden Zahlen um?
Blum: Der Mitgliederschwund ist eine Realität, mit der wir leben müssen. Dabei geht es uns nicht anders als anderen Großorganisationen, Parteien, Verbänden oder Gewerkschaften. Das ist aber kein Grund für Resignation - im Gegenteil. Für uns muss es eine Herausforderung sein, noch viel stärker und überzeugender zu vermitteln, was uns der christliche Glaube bedeutet, wie er Menschen - gerade auch in schwierigen Lebenssituationen - tragen kann und dass er ihnen zu einem ausgefüllten und menschenwürdigen Leben verhelfen kann. Die Fragen nach der eigenen Existenz und dem Leben in Gemeinschaft werden in einer individualisierten Gesellschaft immer virulenter. Eine Antwort bietet der christliche Glaube mit seinem Wertesystem. Deshalb sehe ich die abnehmenden Zahlen der Kirchenmitglieder als Aufforderung zu einer stärkeren Profilierung. Wir müssen vermitteln, was Kirche für die Menschen mit ihren ganz konkreten Fragestellungen tun kann. Und an dieser Stelle schließt sich wiederum der Kreis zu unserem großen Reformprozess "Profil und Konzentration".