Sie ist die erste Frau an der Spitze der Kirche von England: Sarah Mullaly ist zur Erzbischöfin von Canterbury ernannt worden. Die 63-jährige Mullally ist seit 2018 Bischöfin von London und soll am 25. März 2026 in der Kathedrale von Canterbury in ihr Amt eingeführt werden. Seit 1987 ist Mullally verheiratet; sie hat zwei Kinder.
In ihrer ersten Ansprache in der Kathedrale von Canterbury erklärte Mullally, dass ihre neue Rolle "komplex und herausfordernd" sein werde. Sie wisse, dass ihre Ernennung ein historischer Moment und für "viele ein freudiger Moment" sei, so Mullally. Einige würden fragen, was es bedeute, dass eine Frau die Kirche von England leite. Sie wolle "ein Hirte sein, der es jedem ermögliche, seinen Dienst und seine Berufung zu entfalten – unabhängig von der eigenen religiösen Tradition." Sie danke "allen Männern und Frauen, Laien und ordinierten Diakonen, Priestern und Bischöfen, die den Weg für diesen Moment geebnet haben, und allen Frauen, die vor mir da waren", so Mullally laut Bericht im Guardian.
Church of England und Bischöfin Mullally
Die Bischöfin wird sich mit schwierigen Themen beschäftigen müssen - darunter die Frage nach der Anerkennung der gleichgeschlechtliche Ehe, der Umgang mit den Missbrauchsskandalen innerhalb der Kirche sowie die Frage, wie auf den christlichen Nationalismus der extremen Rechten reagiert werden soll.
Die Theologin war in ihrer beruflichen Praxis viele Jahre im diakonischen Bereich beheimatet. Mullally wurde 2002 zur Priesterin geweiht und war lange Zeit als Leitende Krankenschwester im Gesundheitsministerium tätig. Als Anerkennung für ihre Verdienste um die Krankenpflege und Geburtshilfe bekam sie den Titel der "Dame Commander des British Empire" verliehen. 2012 wurde sie zur Schatzmeisterin der Kathedrale von Salisbury ernannt und war unter anderem für Kunst und Kultur, Baufragen sowie das geistliche Leben zuständig. 2017 wurde sie zur Bischöfin von London berufen.
Damals erklärte sie: "Ich werde oft gefragt, wie es war, zwei Karrieren zu haben, zuerst im Gesundheitsdienst und jetzt in der Kirche. Meine Berufung war jedoch immer die gleiche: Jesus Christus nachzufolgen, ihn kennenzulernen und ihn bekannt zu machen, immer bestrebt, mit Mitgefühl im Dienst an anderen zu leben, sei es als Krankenschwester, Priesterin oder Bischöfin", sagte sie dem Guardian.
Der vorherige Bischof von Canterbury, Justin Welby, hatte im November wegen eines Missbrauchsskandals seinen Rücktritt erklärt. Eine unabhängige Untersuchung war zu dem Schluss gekommen, dass er die Polizei nicht umgehend informiert habe, als er von körperlichem und sexuellen Missbrauch bei einem christlichen Sommercamp erfahren habe. Welby war zurückgetreten und hatte erklärt, er übernehme die persönliche und institutionelle Verantwortung für seine Rolle in dem Missbrauchsfall.
Das Amt der Erzbischöfin von Canterbury vereint viele Funktionen, darunter die des Diözesanbischofs der Diözese Canterbury, Primas von ganz England sowie Ehrenprimas der weltweiten Anglikanischen Gemeinschaft, die aus rund 80 bis 85 Millionen Menschen in 165 Ländern besteht.
Wahl von Bischöfin Sarah Mullally: Reaktionen des Weltkirchenrats
Der Weltkirchenrat hat der anglikanischen Bischöfin Sarah Mullally zur Ernennung als Erzbischöfin von Canterbury gratuliert. "Sie übernehmen diese große Verantwortung in einer herausfordernden Zeit", erklärte der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), der südafrikanische Theologe Jerry Pillay, in Genf. Als erste Frau in dieser wichtigen Rolle möge sie der Kirche helfen, neues Vertrauen aufzubauen.
Anglikanische Kirche
Die anglikanische Kirche entstand zur Zeit der Reformation in England. König Heinrich VIII. brach 1533 mit dem Papst, weil dieser sich weigerte, die Ehe des Königs zu annullieren. Als Oberhaupt einer neuen Staatskirche setzte sich Heinrich VIII. 1534 selbst ein.
Weltweit zählt die anglikanische Kirche heute rund 85 Millionen Mitglieder. Außerhalb Englands gibt es 42 anglikanische Kirchenprovinzen, darunter in den USA, Australien und in mehreren Ländern Afrikas, sowie fünf weitere Kirchen.
Was die anglikanische Kirche ausmacht - hier weiterlesen.