Dort, wo sie aufgewachsen ist und lebt, in der niederbayerischen Stadt Straubing, verbessert sie tatkräftig die Lebens- und Arbeitsbedingungen berufstätiger Frauen. Antonie Laucher gründet 1905 den Katholischen Arbeiterinnen- und Dienstmädchenverein, der als Teil der fortschrittlichen katholischen Arbeiterbewegung gerechten Lohn, bessere Arbeitsbedingungen, gesellschaftliche Anerkennung, politische Gleichberechtigung fordert.

Antonie Laucher wurde am 24. August 1852 in Augsburg geboren. Ihr Vater Dr. Karl Laucher ließ sich zwei Jahre später in Straubing nieder, hier besuchte Antonie die höhere Mädchenschule des Ursulinenklosters.

Dem Drängen der Eltern nach einer standesgemäßen Ehe widersetzte sich Antonie mit einer demonstrativen Geste: Sie ließ sich die Haare kurz schneiden, zur damaligen Zeit für eine junge Dame ein Skandal. Sie heiratete nie und trug zeitlebens einen Kurzhaarschnitt -  der Bubikopf-Mode der Weimarer Zeit weit voraus.

Antonie erlernte keinen Beruf, sondern lebte vom elterlichen Vermögen und stand ihrem Bruder Max, einem praktischen Arzt, als Haushälterin bei. In der Meldekartei der Stadt Straubing blieb sie zeit ihres langen Lebens als "Landgerichtsarzttochter" vermerkt. Die Adressbücher führten sie als "Privatiere".

Typisch für bürgerliche Frauen mit Verstand und Herz, wie sie Antonie repräsentierte, war ein karitatives, sozialfürsorgliches Engagement für Unterschichtenfrauen. 1905 gründete sie zusammen mit Jakob Wagner, Stadtpfarrprediger zu St. Jakob, einen Katholischen Arbeiterinnen- und Dienstmädchenverein, dem sie sich fortan tatkräftig widmete. Weit vor der Jahrhundertwende hatten sich bereits sozialistische und konfessionelle Organisationen der Arbeiter gebildet. Der erwerbstätigen Frauen aber nahm man sich erst nach 1900 verstärkt an. Lange Arbeitszeiten, geringer Lohn, anstrengende Tätigkeiten, kein Arbeitsschutz kennzeichneten damals die Lage der Arbeiterinnen und Dienstmädchen.

Die katholischen Arbeiterinnenvereine wollten den erwerbstätigen Frauen Rat und Hilfe zur Bewältigung ihrer Aufgaben in Beruf, Haushalt und Familie bieten, aber auch religiösen Halt und vergnügliche Unterhaltung.

Antonie Laucher organisierte gesellige Sonntagsnachmittage, Näh- und Stickabende, Singstunden, Ausflüge oder Theaterspiele – für ihre ausgezeichneten Theaterdarbietungen waren die Straubinger Arbeiterinnen und Dienstmädchen weitum bekannt. Der Verein bildete aber die Frauen auch in sozialen, wirtschaftlichen und staatsbürgerlichen Fragen weiter, denn Hilfe zur Selbsthilfe war Ziel der katholischen Arbeiterbewegung. So kam eine der ersten Stadträtinnen Straubings aus dem Arbeiterinnenverein. In Notlagen wurde den Mitgliedern zur Seite gestanden, zum Beispiel durch eine Krankenunterstützungskasse.

Dank der Vorsitzenden Laucher entwickelte sich der Straubinger Verein zu einem der rührigsten und größten Vereine Süddeutschlands; Mitte der 1920er Jahre zählte er 250 Mitglieder. Wohl ihre größte Leistung war 1923/25 der Erwerb, Um- und Neubau des großen Arbeiterinnenheims mitten in der Stadt. Ihre Beziehungen zu einflussreichen Persönlichkeiten, zum Beispiel zu Landtagsabgeordneten, ermöglichten die Finanzierung. Das Heim bot neben einem Theater- und Festsaal mit 340 Sitzplätzen und modernster Bühnenausstattung auch Versammlungsräume und Unterkünfte für ledige Arbeiterinnen, für kranke und alte Dienstmädchen, für arbeitslose oder stellensuchende Mädchen.

Antonie Laucher vermittelte für Dienstmädchen, Näherinnen und Arbeiterinnen auch Stellen. Sie achtete persönlich darauf, dass die Arbeit einigermaßen zu den Frauen passte und "kontrollierte" Dienstverhältnisse.

Hierbei scheute sie sich nicht, "Herrschaften", die ein Dienst- oder Nähmädchen nicht gut behandelten, zur Rede zu stellen. So kanzelte sie einmal eine Herrschaft mit folgenden Worten ab: "Frau Rechtsanwalt, glauben‘S ja ned, dass Eana im Himmel drobn die Dienstmädchen a no an Fußschamel machen müssen." Ihr eigenes Dienstmädchen wurde nicht nur "Kind im Haus", sondern auch ihre Erbin. Antonie pflegte einen einfachen Lebensstil, nahm am gesellschaftlichen Leben ihrer Kreise nicht teil. Sie gab keine Einladungen mit der Begründung: "Wenn ma was Guats ham, mög’mas selber."

"Der Tod reißt schwere Lücken". So ist die Todesnachricht von Antonie Laucher im "Straubinger Tagblatt" 1934 übertitelt. "Frl. Antonie Laucher war schon lange krank. Seit fünf Monaten litt die Unermüdliche, Überzeugungstreue und Kampfesfrohe; der Tod kam zu ihr, die das selten hohe Alter von 81 1/2 Jahren erreichte, als Freund und Erlöser. [...] es trauert vor allem der Katholische Arbeiterinnen- und Hausangestellten-Verein. Denn sie war die Seele dieses Vereins, Gründerin und Förderin zugleich. Vor 28 Jahren hat Frl. Laucher zu Nutz und Frommen, zur gegenseitigen Förderung und Weiterbildung der katholischen Hausangestellten und Arbeiterinnen eine frohe, rasch aufblühende Gemeinschaft gegründet. Und seit dieser langen Zeit hat die teure Tote ihre ganze Kraft, ihr ganzes Streben und Wollen in den Dienst der katholischen Mitschwestern gestellt, uneigennützig, opferbereit, selbstlos und tatenfroh. [...]"

Antonie Lauchers Leben war "Arbeit für die anderen". Sie war eine Straubingerin, die sich in den Dienst anderer Straubingerinnen gestellt hat.

Die Motivation, den Mut und die Kraft für ihr soziales Engagement schöpfte sie hierbei aus ihrem tiefen christlichen Glauben. Seit 2006 erinnert in Straubing der Antonie-Laucher-Weg an sie. Der Arbeiterinnenheim-Komplex wurde 2018 von der Stadt Straubing für eine Nutzung als Rathaus erworben, ein Jahr später löste sich der "Katholische Arbeiterinnen -und Hausangestellten-Verein Straubing e.V." wegen Mitgliedermangels auf.

"Rebellinnen": Die Ausstellung über starke Frauen

Dieser Text ist Teil der Wanderausstellung "Rebellinnen". Sie stellt Frauen aus dem deutschsprachigen Raum vor, die für ihre Überzeugungen und Rechte kämpften, die Gesellschaft prägten, sie verändern wollten.

Als Medienpartner von "Rebellinnen" veröffentlicht sonntagsblatt.de Porträts und weiterführende Informationen zu allen Frauen, die in der Ausstellung gezeigt werden.

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