Die Rückkehr der historischen Sulzbacher Torarolle nach Amberg ist nach Überzeugung der bayerischen Landtagspräsidentin Ilse Aigner für alle ein Grund zum Feiern. Denn das Festjahr "1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" und auch die Amberger Festwoche zur Heimbringung der Torarolle seien ein Bekenntnis "zum vitalen, vielseitigen jüdischen Leben in unserer Heimat", sagte Aigner am Sonntag. Amberg, Bayern und Deutschland seien "im Herzen jüdisch", sagte Aigner, die auch Schirmherrin der am Sonntag startenden Festwoche ist.

Judentum gehört zu Deutschland

Wenn etwas zu Deutschland gehöre, dann sei es das Judentum, sagte Aigner: "Es war da, bevor es den Staat gab, den wir heute Deutschland nennen. Es war da, bevor es hier Deutsche gab. Es war da, vermutlich auch bevor es hier Christen gab." Nach 1.700 Jahren sei es an der Zeit, dass dieses Land für seine jüdischen Bürgerinnen und Bürger "eine unbedingte und unhinterfragte Heimat" sei.

Der Festakt zur Rückkehr der restaurierten Torarolle sei deshalb von großer Bedeutung. "Wenn wir heute hier eine Torarolle heimbringen, deren Patinnen und Paten alle deutschen Verfassungsorgane sind, dann ist das eine heilige Schrift und es ist zugleich ein heiliges, entschlossenes Bekenntnis zum jüdischen Leben, zum jüdischen Herzen unseres Landes."

Antisemitismus ist Lackmustest für Demokratie

Die antisemitischen Angriffe und Vorfälle der jüngsten Zeit hätten einen Schatten auf das Gemeinwesen und auf die freiheitliche Demokratie geworfen, sagte die Landtagspräsidentin weiter. Antisemitismus sei "der Lackmustest für unser Land, unsere Verfassung, unsere Demokratie" - egal, von wem er ausgehe. Aigner rief dazu auf, mit aller Kraft und Entschiedenheit dagegenzuhalten:

"Die Zeit der Worte ist vorbei. Im Kampf gegen Antisemitismus, im Kampf für die Zukunft der jüdischen Menschen in unserem Land - zählen nur Taten."

Rückkehr der Torarolle soll Startschuss für interkulturelles Zentrum sein

Beim Festakt zur Rückkkehr der Torarolle wurde die Schriftrolle zunächst gesegnet und anschließend in einer feierlichen Prozession in die Amberger Synagoge zurückgetragen. Sie war aufwendig in Israel restauriert und am Holocaustgedenktag im Januar im Deutschen Bundestag fertiggestellt geworden. Die Tora datiert auf das Jahr 1792 und trägt die Inschrift "Sulzbach". 1822 überstand sie den Stadtbrand und 1938 die Reichspogromnacht. Gut 70 Jahre hatte sie unerkannt im Schrein der Amberger Synagoge gestanden, bevor Rabbiner Elias Dray das einzigartige Kulturgut im Jahr 2015 fand.

Die Rückkehr der Torarolle solle gleichzeitig der Startschuss für die Idee von Rabbiner Elias Dray sein, in Amberg ein interkulturelles Zentrum entstehen zu lassen, das künftig die Verständigung zwischen den Kulturen fördert und aktiv mit Bildungsangeboten gegen Antisemitismus auftritt, sagte der Rabbiner.

Wolf-Schlessinger-Preis erstmals verliehen

Anlässlich des Festaktes vergab die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) Amberg zum ersten Mal den Wolf-Schlessinger-Preis. Die frühere Bundestagsabgeordnete Barbara Lanzinger (CSU) und Kreisheimatpfleger Dieter Dörner erhielten ihn für ihre Schlüsselrolle bei der Restaurierung der Torarolle.

Dörner setzte sich für eine Instandsetzung der über 200 Jahre alten Torarolle ein, die sonst wegen ihrer Beschädigung, wie im jüdischem Glauben üblich, auf einem Friedhof begraben worden wäre. Lanzinger hatte einen wesentlichen Anteil daran, dass die Schriftrolle auch mit Bundesmitteln restauriert werden konnte, sagte der Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Staatsregierung, Ludwig Spaenle, der die Laudatio hielt.

Die Preisträger erhielten einen Schlüsselanhänger in Toraform aus Gold. Der Preis soll laut IKG auch künftig vergeben werden und an den mutigen Sulzbacher Rabbiner Schlessinger erinnern.