Im Organisationsbüro des Freiwilligenzentrums Augsburg (FWZ) hängt ein Plan des Veranstaltungsorts der Welt-Freiwilligenkonferenz. Handschriftlich haben die Mitarbeiter des FWZ dort eingetragen, wer während der vier Konferenztage die Säle und Tagungsräume im Augsburger "Kongress am Park" nutzen wird. Man sieht dem Plan an, dass viel mit ihm gearbeitet wurde – und auch, dass eine ganze Menge los sein wird an diesen Tagen.
Gut 700 Teilnehmer aus mehr als 80 Ländern werden vom 17. bis 20. Oktober zur Welt-Freiwilligenkonferenz in Augsburg erwartet. Es ist ein weltweites Treffen von Verantwortlichen für bürgerschaftliches Engagement in Verbänden, Organisationen und Unternehmen. Mit dabei sind die Leiter von Freiwilligenagenturen ebenso wie Behördenvertreter, die ehrenamtliches Engagement organisieren, oder Manager, die für Freiwilligenprojekte in ihren Firmen zuständig sind.
Die Welt-Freiwilligenkonferenz gibt es seit 1972
"Ziel der Konferenz ist der gegenseitige Austausch", sagt Wolfgang Krell, der das Augsburger Freiwilligenzentrum leitet: "Wir wollen aber auch zeigen, wie Bürger mit ihrem Engagement die Gesellschaft und ihre lokale Gemeinschaft vor Ort mitgestalten können." Im Mai 2016 hat das FWZ den Zuschlag für die Welt-Freiwilligenkonferenz bekommen. Seit 1972 findet sie alle zwei Jahre statt. Erstmals treffen sich die Teilnehmer nun in Deutschland.
Unter dem Konferenzmotto "Our responsibility for a global future" (Unsere Verantwortung für die Zukunft weltweit) wollen sie dabei unter anderem Themen diskutieren, die mit den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen zusammenhängen. In Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Workshops geht es aber auch darum, wie man lokales Engagement fördern, Jugendliche dafür gewinnen oder die Ergebnisse von Freiwilligenarbeit messen kann. Vorträge wird es unter anderem von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller, Bayerns Sozialministerin Kerstin Schreyer und dem Gründer der Klimaschutz-Aktion "Plant for the Planet", Felix Finkbeiner, geben. In den Workshops werden darüber hinaus gut 100 Freiwilligenprojekte aus aller Welt vorgestellt. "In anderen Ländern werden oft mit wenig Mitteln tolle Projekte organisiert", berichtet FWZ-Leiter Krell, der schon bei einigen Freiwilligenkonferenzen dabei war. "Einen Strauß von Ideen" könnten die Teilnehmer dabei für ihre Arbeit mitnehmen.
Rund 180 ehrenamtliche Helfer sind bei der Konferenz im Einsatz
Dass die Konferenz reibungslos läuft, dafür sorgen ebenfalls Freiwillige. Rund 180 ehrenamtliche Helfer sind rund um das Treffen im Einsatz. Mit dabei ist auch Judith Schröer. Die 22-Jährige wird als eine von rund 130 ehrenamtlichen "SymPaten" die Teilnehmer im Kongresszentrum empfangen und dafür sorgen, dass sie sich dort zurechtfinden. Es mache ihr Spaß, "mit verschiedenen Menschen unterschiedliche Sprachen zu sprechen, ihnen etwas zu erklären – und ihnen damit zu helfen", sagt die Fremdsprachenstudentin, die auch sonst neben ihrem Studium ehrenamtlich tätig ist.
Die Engagement-Bereitschaft unter den jungen Leuten, die sich als Helfer gemeldet haben, sei groß, meint Friederike Pahl, die im Augsburger Freiwilligenzentrum die Arbeit der "SymPaten" koordiniert: "Sie freuen sich darauf, die Konferenz zu unterstützen." Ganz allgemein nehme der Wunsch, sich zu engagieren, zu, bestätigt Wolfgang Krell. So habe es zuletzt einen "deutlichen Aufschwung" bei der Freiwilligenarbeit gegeben. Bestätigt wird das vom Freiwilligen-Survey des Bundesfamilienministeriums. Demnach ist der Anteil Engagierter an allen Deutschen, die älter sind als 14 Jahre, zuletzt auf knapp 44 Prozent gestiegen. Freiwilliges Engagement reicht dabei vom Kuchenbacken fürs Schulfest bis zum Vorsitz in einem Verein.
Freiwilliges Engagement ist vielfältiger geworden
Mit dem Anstieg sei das freiwillige Engagement dabei auch vielfältiger geworden, erläutert Krell. Zwar gebe es immer noch viele Freiwillige, die sich über mehrere Jahre hinweg regelmäßig wöchentlich engagierten. "Man findet aber auch vermehrt diejenigen, die zum Beispiel nur einmal im Jahr etwas tun wollen." Die Motivation jedoch sei bei den allermeisten ähnlich, meint Krell: "Zu sehen, dass man mit seinem Engagement tatsächlich etwas bewegen kann."
Ehrenamt auf allen Ebenen der Kirche
Auch in der evangelischen Kirche hat die ehrenamtliche Arbeit einen hohen Stellenwert. "Große Teile der Aktivitäten der Kirchengemeinden und des kirchlichen Engagements in der Gesellschaft gäbe es nicht ohne Ehrenamtliche", sagt Ralph Thormählen, der im Amt für Gemeindedienst der evangelischen Landeskirche in Bayern (ELKB) für Ehrenamtsarbeit zuständig ist. Nach der jüngsten Statistik der ELKB von 2017 sind rund 156.000 Ehrenamtliche unentgeltlich im "kirchlichen und diakonischen Bereich tätig". Das Engagement betreffe dabei alle Ebenen des kirchlichen Lebens, erläutert Thormählen: Kirchengemeinden, Dekanate, Landeskirche, Dienste und Einrichtungen.
Dabei zeigt eine neue, bislang unveröffentlichte Studie des Amts für Gemeindedienst: Die kirchlichen Ehrenamtlichen sind äußerst treu. Die Dauer ihres ehrenamtlichen Engagements liegt bei fast 20 Jahren. Dieses Engagement kann dabei mehrere Bereiche umfassen. Im Schnitt engagiert sich jeder Ehrenamtliche in zwei Arbeitsfeldern und wendet dafür gut 11 Stunden pro Monat auf. Spitzenreiter bei der Ehrenamtsarbeit sind Kirchenmusik, Kirchenvorstand, Gemeindebrief, Kinder- und Jugendarbeit, Gottesdienst-Teams, Mitarbeiter bei Festen und Veranstaltungen, Kindergottesdienste, Aufgaben rund um den Gottesdienst, Frauen- und Seniorenarbeit.
Künftig dürfte das kirchliche ehrenamtliche Engagement noch wichtiger werden, meint Thormählen. "Angesichts zurückgehender Zahlen von Hauptberuflichen in der Kirche werden die Ehrenamtlichen in Zukunft wohl noch an Bedeutung gewinnen", glaubt der evangelische Pfarrer. Neben einem klaren organisatorischen Rahmen für das Engagement und einem guten Miteinander von Haupt- und Ehrenamtlichen sei es daher wichtig, die Freiwilligen "weiter in ihren Kompetenzen zu stärken", betont Thormählen: "Sie brauchen Unterstützung und Ermächtigung, um Ideen auch wirklich voranbringen zu können."