Politikerinnen und Politiker sollten nach Ansicht des früheren Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude (SPD) künftig wieder mehr streiten. In den Parlamenten habe es in den vergangenen Jahren zu wenig Streit um die Themen gegeben, die die ganze Bevölkerung bewegten, sagte er bei einer Podiumsdiskussion anlässlich des 125-jährigen Bestehens der Diakonie Herzogsägmühle bei Peiting (Landkreis Schongau-Weilheim). Als Beispiele nannte er unter anderem die Bankenrettung und die Abschaffung der Wehrpflicht.
Auch die bayerische Politikerin und Gründerin der Partei mut, Claudia Stamm, sprach sich dafür aus, Differenzen in Debatten stärker zu zeigen und um Kompromisse zu ringen. "Eine Demokratie lebt vom Streit", sagte die frühere Landtagsabgeordnete der Grünen vor den rund 400 Gästen. Gerade bei Parteien müsse wieder stärker erkennbar werden, für welche Werte und Inhalte sie stünden.
Diakonie Herzogsägmühle feiert 125-jähriges Bestehen
Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm mahnte, trotz aller Offenheit für verschiedene Meinungen, Nöte und Ängste müsse klar sein: "Der Grundkonsens in diesem Land darf sich nicht verschieben." Niemand dürfe wegen seiner Hautfarbe, Herkunft oder Religion diskriminiert werden. "Das darf nicht salonfähig werden."
Das "politische Streitgespräch", an dem auch der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) und der Penzberger Imam Benjamin Idriz teilnahmen, stand unter der Frage "In welcher Gesellschaft wollen wir leben?". Es war Auftakt zu einem Festwochenende mit Konzerten, Gottesdienst und einem Dorffest in Herzogsägmühle.
Das evangelische Diakoniedorf Herzogsägmühle wurde 1894 als Arbeiterkolonie für heimat- und wohnungslose Männer gegründet. Unter dem Leitwort "Ort zum Leben" bietet die Diakonie heute Beratung, Therapie, Arbeit und Wohnraum für Menschen mit Suchtproblemen, mit seelischen Erkrankungen und mit Behinderung, für Wohnungslose sowie für Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf. Im Jahr 2018 beschäftigte das Unternehmen 1.413 Mitarbeitende.