Ihre Initialzündung, Regisseurin zu werden, war Ingmar Bergmans "Das siebente Siegel": "Der erste wirklich großartige Film, den ich gesehen habe", sagte Margarethe von Trotta einmal. Sie sah den Film 1960 in Paris, wo sie als Au-Pair arbeitete. Doch bis ihr Teenagertraum Realität wurde, sollten fast 20 Jahre vergehen: 1978 machte Trotta mit "Das zweite Erwachen der Christa Klages" auf sich aufmerksam - der Geschichte einer Kosmetikerin, die aus Frust zur Bankräuberin wird. Bald wurde sie eine der wichtigsten deutschen Filmemacherinnen. Am 21. Februar feiert sie ihren 80. Geburtstag. Heute lebt sie vornehmlich in Paris und München.
Erlebt man sie bei öffentlichen Auftritten, beeindruckt die Frau mit dem eindringlichen Blick durch eine unglaubliche Energie. Mit feinem Gespür für Widersprüche in Politik und Gesellschaft drehte sie Filme wie "Die bleierne Zeit" (1981), "Heller Wahn" (1983) und den ersten großen Film über den Mauerfall, "Das Versprechen" (1995). Margarethe von Trotta hat fürs Kino wie fürs Fernsehen gearbeitet, ist in Italien und Frankreich so bekannt wie in Deutschland.
Sie hat ein Faible für couragierte Frauen, beeindruckte mit Filmen wie "Rosa Luxemburg" (1986) oder "Hannah Arendt" (2013). "Ihre Filme verdanken ihre starke Wirkung einer klaren und kompromisslosen Ästhetik, die starke Frauen in den Fokus rückt", erklärte die Stadt Frankfurt zur Verleihung des Theodor-W.-Adorno-Preises an Trotta 2018.
Die wichtigsten Stationen in Trottas Leben
Geboren wurde Margarethe von Trotta im Kriegswinter 1942 in Berlin als Tochter des Malers Alfred Roloff und der Aristokratin Elisabeth von Trotta. In Düsseldorf wuchs sie auf, zu Zeiten des Adenauer-Deutschlands, das sie als "bleiern" empfand.
Berlin, München, Rom und Paris sind die wichtigsten Stationen ihres Lebens. Mit 18 zieht es sie nach Paris, sie begeistert sich für das junge französische Kino, die Nouvelle Vague. Heimatfilme und Schnulzen haben sie nie interessiert. Sie erprobt sich als Schauspielerin, Anfang der 70er Jahre in Fernsehserien wie "Der Kommissar" und im Neuen deutschen Film, bei Herbert Achternbusch ("Das Andechser Gefühl", 1974) und Rainer Werner Fassbinder ("Warnung vor einer heiligen Nutte", 1970/71).
Aber Trotta will Regie führen, eigene Drehbücher verfilmen. Unterstützung findet sie bei dem Regisseur Volker Schlöndorff, ihrem zweiten Ehemann. Sie steht bei ihm nicht nur vor der Kamera, in "Strohfeuer" (1972) und "Der Fangschuss" (1976), sondern schreibt auch am Drehbuch mit. Bei "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" (1975) führt sie gemeinsam mit Schlöndorff Regie. Es ist ihr Einstieg in die Regiearbeit.
Historische Porträts starker Frauen in kompromissloser Ästhetik
Es sind die 70er Jahre, die Zeit von RAF-Terror und Radikalenerlass. Und es ist die Zeit einer erstarkenden Frauenbewegung, der die Regisseurin durchaus kritisch gegenübersteht. Trotta zeigt Frauen, die kämpfen, auch leiden, sich in komplexen Beziehungen verstricken, in "Schwestern oder die Balance des Glücks" (1979), "Die bleierne Zeit" oder "Heller Wahn". "Die bleierne Zeit", in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet, erzählt von der angepassten Juliane und der aufmüpfigen Marianne - nach dem Vorbild der Schwestern Christiane und Gudrun Ensslin gestaltet.
"Rosa Luxemburg" ist dann das erste einer Reihe historischer Frauenporträts. Luxemburg wird von Barbara Sukowa gespielt. Sie ist auch Hauptdarstellerin in "Vision - aus dem Leben der Hildegard von Bingen" und in "Hannah Arendt" (2013), der von der jüdischen Philosophin und politischen Theoretikerin erzählt, die als Beobachterin des Eichmann-Prozesses in Jerusalem 1961 die Debatte um die "Banalität des Bösen" auslöste.
Eine persönliche Erfahrung gab den Anstoß zu Trottas "Die abhandene Welt" (2015). Der Film erzählt von zwei Schwestern, die von der Existenz der jeweils anderen nichts wissen. Dass auch Margarethe von Trotta eine 15 Jahre ältere Halbschwester hat, erfuhr sie erst nach dem Tod der Mutter.
Dokumentarfilme der Regisseurin
Spielfilme sind Trottas Schwerpunkt, doch reizte sie auch das Doku-Genre. "Auf der Suche nach Ingmar Bergman" (2016-18) ist dem schwedischen Regisseur gewidmet, der einst ihren Traum auslöste, Regisseurin zu werden. Trottas Sohn Felix Moeller, aus ihrer frühen Ehe mit dem Lektor Jürgen Moeller, hat an dem Film mitgearbeitet. Der Sohn, Historiker und Dokumentarfilmer, habe seine Mutter gewarnt, das sei eine ganz andere Arbeitsweise als beim Spielfilm, wo man ein festes Drehbuch habe, sagte sie 2018 dem "top magazin". Für Trotta war die Dokumentation eine spannende Erfahrung:
"Einem Künstler gerecht zu werden, ist eine schwere Aufgabe."
Das jüngste Werk der Regisseurin, "Bachmann & Frisch" (2021/22), zu dem sie auch das Drehbuch schrieb, erzählt von der komplizierten Liebesbeziehung zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch. Auch über Margarete Mitscherlich würde Trotta gern einen Film machen: "Als Psychoanalytikerin war sie eine Pionierin." Man darf gespannt sein.