Der US-amerikanische Songpoet Bob Dylan, der einzige Literaturnobelpreisträger der Popgeschichte, ist im April 80 Jahre alt geworden. Grund genug für den in Spardorf (Landkreis Erlangen-Höchstadt) lebenden Mundartdichter und -forscher, seine Dylan-Adaptionen zu sammeln, zu erweitern und mit dem Buch "Fier immer jung" mit 77 Songübersetzungen von Dylan zu veröffentlichen. Seit 30 Jahre übersetzt Helmut Haberkamm die Texte. Zusammen mit dem Burghaslacher Gitarristen Johann Müller sowie zwei Mistreitern ist dazu die CD "Dylan auf Fränkisch" entstanden.

Dylan-Übersetzungen sind schon lange nichts Ungewöhnliches mehr. Sogar im Dialekt: Wolfgang Ambros hat Bearbeitungen auf österreichisch, Wolfgang Niedecken auf Kölsch vorgelegt. Mit dem Nürnberger Musiker und Haberkamm-Freund Ernst Schultz hat sich sogar ein weiterer Mittelfranke an die sprachlich komplexen Gebilde gewagt. Haberkamm hat manche Spielorte und seelische Szenarien der Dylanschen Erzählungen in seine eigene fränkische Heimat und Gefühlswelt übertragen: "Weil es anders nicht authentisch wäre", sagt er.

Dylans berühmte Stücke kann man jetzt auch auf fränkisch erleben

Beispiel "Tangled up in blue", das jetzt "Drauri drauf und daun" in bestem fränkisch-denglisch heißt. Die 1975 auf dem Album "Blood on the tracks" erschienene, ungewöhnliche Geschichte über die Zuneigung zu einem vom Schicksal gebeutelten jungen Mädchen spielt nun nicht mehr in den Weiten der USA, sondern rund um Nürnberg.

Dylans frühen Anti-Kriegs-Song "John Brown" übersetzt Haberkamm mit "Hans Schoor". Den hat es wirklich gegeben: Schoor war der Cousin von Haberkamms Vater und liegt in der französischen Normandie auf einem "Heldenfriedhof" begraben, wo man den damals 19-jährigen Soldaten der Wehrmacht beigesetzt hatte. Der fränkische Poet hatte das Grab mit dem Vater einige Male besucht und stellte sich vor, wie es gewesen wäre, wenn Hans Schoor wie Dylans John Brown doch nach den Schlachten nach Hause gekommen wäre und seine Mutter ihn ebenso wenig wieder erkannte wie die im englischsprachigen Vorbild.

Dylan kritisierte Kriege unter "Gottes Obhut" 

Dass Kriege oft im Namen beziehungsweise unter der vermeintlichen Obhut Gottes geführt werden, hatte Dylan in seinem Song "With god on our side" und seinen Rückblicken vom Unabhängigkeitskrieg der Amerikaner 1776 bis 1783 gegen England bis zum Vietnamkrieg sarkastisch eindringlich dargelegt. Bei Helmut Haberkamm wird daraus "Mid Godd auf unnera Seitn" und eine Aufzählung der Kriege, die ab 1870 auch mit fränkischer Beteiligung geführt wurden. Am Ende der Übersetzung werden auch die Bilder von aktuellen Religionskriegen bemüht, an die heute islamistische Terroristen unter dem Vorwand, dies in Auftrag ihres "Gottes" zu führen, glauben.

Hatte Haberkamm seine ersten Dylan-Texte als Oberstufenschüler am Gymnasium in Neustadt/Aisch noch ins Hochdeutsche übersetzt, weil er einfach wissen wollte, was da gesungen wird, transkribiere er heute solche Texte sofort in die Sprache seiner Heimat. "Schon bei meinen ersten eigenen Gedichten Ende der 1980er-Jahre merkte ich, das funktioniert so nicht mit dem Ausdruck, das muss fränkisch werden", erinnert er sich.

Für Haberkamm ist das Übersetzen eine Leidenschaft 

"Im Dialekt kann ich Sätze bauen, die im Hochdeutschen schlichtweg falsch wären", ist Haberkamm überzeugt. Satzbau und -melodie beachte er auch bei Transkriptionen phonetisch wie grammatikalisch. Haberkamm schöpft bei der Auswahl seiner übersetzten Stücke aus allen Epochen des Dylanschen Schaffens. Dazu gehört auch dessen christliche Phase zu Beginn der 1980er-Jahre, im Konvolut vertreten unter anderem mit "Every Grain of Sand" (jetzt: "Jeds Kernla Sand"), das zahlreiche Anspielungen auf Jesus und den Glauben enthält. Das Lied mit seinem starken metaphysischen Kern und Dylans fortwährende Selbstreflexion über das eigene Leben habe ihn schon früh fasziniert.

Realisiert hat Haberkamm sein Buch wieder mit dem Verlag ars vivendi. Die dazugehörige CD vertreibt der Verlag, finanziert wurde diese aber durch den Kulturpreisträger der Stadt Erlangen selbst. "So etwas mach ich einmal im Leben, das ist es mir wert", meint der Gymnasiallehrer, der im Dezember 60 Jahre alt geworden ist. Auch, weil das Dylan-Projekt in gewisser Weise einen Abschluss nach drei Jahrzehnten intensiver Auseinandersetzung mit dem Werk des Musikers bedeutet. Was nicht heißt, dass das Kapitel Dylan für Haberkamm damit endgültig beendet ist.