Was illustriert die Abgründe unserer Zeit klarer als der tödliche Anschlag auf die Synagoge von Manchester vor ein paar Tagen? Ein Mann mit syrisch-muslimischen Wurzeln ermordet britische Juden – wegen des Kriegs, den Israel in Gaza mit großer Härte gegen die radikal-islamische Hamas führt. 

Für Antisemiten besteht die Schuld der Juden bereits in deren Jude-Sein

Was haben britische Juden mit dem Gazakrieg zu tun? Das Verbrechen von Manchester ist die Spitze eines Eisbergs namens Antisemitismus. Dieser Eisberg, der wächst weltweit in allen gesellschaftlichen Milieus, auch in der Kirche. Antisemiten wie der Täter von Manchester sind überzeugt: Die Schuld der Juden besteht bereits in ihrem Jude-Sein.

Antisemitismus ist "das Gerücht über die Juden", wie es der Philosoph Theodor Adorno auf den Punkt brachte. Dieses Gerücht traut Juden alles zu, besonders alles Schlechte, und es geht vor allem von einer globalen jüdischen Verschwörung aus. Die Medien, das Geld, die jüdische Krake, Sie wissen schon ...

Das uralte böse Gerücht ist auch unter Christen heute noch weiter verbreitet, als man es wahrhaben möchte. Die vor 80 Jahren formulierte Stuttgarter Schulderklärung der evangelischen Kirchen erwähnte seinerzeit den Holocaust an den Juden mit keiner Silbe. In den Jahrzehnten danach hat sich viel getan im christlichen Verhältnis zum Judentum, aber viele tief sitzende antisemitische Motive haben sich auf die Projektionsfläche "Israel" verschoben. Um tote Juden der Schoah können auch viele Christen aufrichtig trauern. Wenn es um lebende Juden geht, die sich gegen Angreifer wehren und den ihnen entgegentretenden Islamfaschismus bekämpfen, fällt das vielen schon schwerer.

Bestürzt "Besorgnis" auszudrücken reicht nicht

Für die Öko-Aktivistin Greta Thunberg, die schon mal mit einem Kraken fürs Foto posierte, entscheidet sich die Frage der Klimagerechtigkeit inzwischen im Palästina-Konflikt. Gerade war sie in israelischer Haft. Die Hilfsflotille für Gaza, auf der sie mitsegelte, führte gar keine Hilfsgüter mit, wie sich herausstellte. Von Anfang an ging es um den Publicity Stunt, darum, sich wieder einmal als Opfer zu inszenieren.

Sonntagsreden, auch kirchliche, nennen Antisemitismus gern in einem Atemzug mit Rassismus oder Islamophobie. Auch die sind Phänomene der Dummheit und des Hasses. Doch das "in einen Topf werfen" vernebelt den Blick auf das Spezifische des Antisemitismus, der im Gerücht von der "mächtigen Verschwörung des Bösen" in Gestalt der Juden liegt. 

Bestürzt "Besorgnis" auszudrücken "über das Aufkommen antisemitischen Hasses in der Welt", wie jüngst Papst Leo, auch das reicht allein nicht aus. Gerade Christen sollten – nicht nur im Blick auf ihre Geschichte und auf judenfeindliche Motive ihrer Theologie – sich beim Thema Antisemitismus sehr genau selbst im Spiegel betrachten.