Rieke C. Harmsen und Christine Ulrich produzieren seit zwei Jahren den Podcast "Ethik Digital". Im Gespräch mit Thomas Zeilinger, dem Beauftragten für Ethik der bayerischen evangelischen Landeskirche, erzählen sie beim Live-Gespräch auf dem Kirchentag 2023 in Nürnberg, wie der Podcast entsteht, welche Gespräche besonders spannend sind und was sie noch vorhaben.

Thomas Zeilinger: Willkommen zu einer neuen Folge des Podcast "Ethik Digital". Ich freue mich, für unsere heutige Folge begrüßen zu können: Rieke Harmsen, Redakteurin des evangelischen Sonntagsblatts in Bayern, und Christine Ulrich, Redakteurin beim Evangelischen Pressedienst.
Wir haben inzwischen in den letzten zwei Jahren seit 2021 insgesamt 15 Folgen des Podcasts „Ethik digital“ produziert und wollen heute zurückschauen auf die Erfahrungen, die wir dabei gemacht haben. Wie kamen wir auf die Idee?

Christine Ulrich: Als ich vor fünf Jahren beim Evangelischen Presseverband angefangen habe, stand plötzlich Rieke Harmsen vor mir und sagte, du studierst doch Ethik, lass uns einen Podcast zum Thema Ethik machen. Dann haben wir uns darauf verständigt, den Bereich einzugrenzen und nur über Digitale Ethik zu sprechen.

Rieke Harmsen: Wir wollten eine klare Zielgruppe und eine Nische finden, zugleich fanden wir die Kooperation mit dir, Thomas Zeilinger, als theologischer Berater sehr spannend. Wir kommen aus dem Journalismus und haben alle sehr unterschiedliche Positionen und Aufgaben, und da ergänzen wir uns gut in der Zusammenarbeit.

Thomas Zeilinger: Im Podcast habt ihr untersucht, wie es mit diesem Verhältnis von Mensch und Maschine steht. Was ist euch besonders in Erinnerung geblieben?

Christine Ulrich: Nicht erwartet hätte ich, dass uns die Gesprächspartnerinnen und -partner alle zugesagt haben.

Rieke Harmsen: Wir haben mit dem Podcast während der Pandemie begonnen, und das hat der ganzen Geschichte einen besonderen Dreh gegeben. Daraus ist unser Format entstanden: Wir zeichnen das Gespräch mit Zoom auf, erstellen daraus ein Audio und machen daraus auch eine Textversion. Das ist sehr aufwändig, lohnt sich aber, weil jeder Kanal sein Publikum hat.

Thomas Zeilinger: Für die erste Staffel haben wir gemeinsam nach Gesprächspartnerinnen und partnern gesucht. Was ist euch aus der Anfangszeit gut in Erinnerung geblieben?

Rieke Harmsen: Für uns war klar, das wird ein journalistischer Podcast – das schwierige Thema Digitale Ethik wollten wir so runterbrechen, dass es für jeden Menschen verständlich ist. Ich bin keine Ethikerin und keine Theologin, sondern Journalistin, und es ist mein Job, gute Fragen zu stellen und die Leute ins Gespräch zu bringen.

Christine Ulrich: Und dann haben wir uns thematisch orientiert und uns das Spannungsgebiet Mensch und Maschine angesehen. Dann haben wir eine Liste erstellt mit Themen und Namen – also zum Beispiel die Frage, wie die Maschine eigentlich in unser menschliches Leben kommt. Oder den Wandel des Journalismus. Und es soll um politische Fragen gehen, um Waffensysteme, um den digitalen Krieg. Wir haben einzelne Themengebiete destilliert und uns dazu Ansprechpartner gesucht.

Thomas Zeilinger: Was ist zu beachten bei der Produktion?

Christine Ulrich: Man sollte sich vorbereiten auf die Gespräche. Wir wollen thematisch schon ein bisschen tiefer gehen, und dafür lesen wir uns ein.

Rieke Harmsen: Wir versuchen, die Expertise der Befragten möglichst gut anzusprechen. Besonders schön ist es, wenn bestehende Gespräche fortgesetzt werden und sich Aspekte herausholen lassen, die bisher noch nicht so detailliert besprochen wurden. Häufig spielen wir uns die Bälle zu, weil jede von uns andere Fragen und Perspektiven mit einbringt. Eine gute Vorbereitung ist wichtig.

Je besser die Vorbereitung, desto besser ist das Ergebnis.

Thomas Zeilinger: Was macht ein Gespräch besonders interessant? Und was ist schwierig daran?

Christine Ulrich: Schwierig ist, wenn man eine Frage stellt und das Gegenüber irgendwas ganz anderes antwortet oder etwas von einer eigenen Agenda, aber nicht das, was man gefragt hat und hören möchte. Ich bin sehr dankbar, wenn es jemand schafft, präzise auf eine Frage zu antworten. Im Zweifelsfall müssen wir dann den Redefluss unterbrechen, das kannst du ganz gut, Rieke, ich glaube, wir ergänzen uns da.

Thomas Zeilinger: Ist es schwieriger, ein Gespräch über Zoom zu führen?

Christine Ulrich: Ja, wir können dem anderen nicht in die Augen schauen. Und es gibt technische Hürden. Ich habe mich schon schwergetan am Anfang, ein solches Gespräch mit jemandem zu führen, den ich noch nie leibhaftig getroffen habe.

Rieke Harmsen: Oft führen wir Vorgespräche, um die Menschen kennenzulernen, dann ist der Einstieg leichter. Und wir sprechen viel über den persönlichen Zugang zum Thema Ethik.

Thomas Zeilinger: Welche Tipps könnt ihr weitergeben an alle, die einen Podcast machen wollen?

Rieke Harmsen: Ein vernünftiges Mikrofon ist wichtig. Die Sprache ist auch wichtig, aber es gibt auch Podcasts mit Menschen, die lispeln oder einen Sprachfehler haben und trotzdem sehr gut ankommen. Viel wichtiger ist es, authentisch zu sein. Für den Schnitt und die Produktion gibt es inzwischen viele Tools, mit denen man gut arbeiten kann.

Thomas Zeilinger: Wie mache ich Werbung für einen Podcast – und was sind da eure Erfolgsfaktoren?

Rieke Harmsen: Erstmal sind die Plattformen natürlich ein Stolperstein. Jeder sollte überlegen, mit welcher Plattform gearbeitet werden soll – davon hängt viel ab. Beim Marketing kommt es vor allem auf Vernetzung an. Das fängt damit an, dass man die Gesprächspartnerinnen und -partner darum bittet, auf den Podcast hinzuweisen. Und dann geht es darum, das Netzwerk zu erweitern. Hilfreich sind dafür Newsletter, Links auf anderen Webseiten, aber auch digitale Werbung, wenn es dafür ein Budget gibt.

 

Making of: So entsteht der Podcast Ethik Digital. Live-Gespräch auf dem Kirchentag 2023 in Nürnberg.

Podcast Digitale Ethik- wie man sich thematisch annähert

 

Thomas Zeilinger: Wie arbeitet ihr mit der Thematik Digitale Ethik?

Christine Ulrich: Ich habe erst mal gemerkt, dass es ein Unterschied ist, ob man journalistisch ein Gespräch führt oder ob man es wissenschaftlich, ethisch oder philosophisch führt. Es ist immer eine Herausforderung, die Balance zu finden, denn wir möchten im Gespräch ja nicht vom Hölzchen aufs Stöckchen kommen.

Bei einigen Gesprächen wie etwa mit Peter Kirchschläger über die Menschenrechtsfrage, hätte ich viele Sachen noch genauer wissen wollen. Und dann muss man aber an das Format denken und die anderen Fragen auch noch stellen.

Wir möchten nicht nur über die Risiken der Digitalisierung sprechen. Das tut die ganze Gesellschaft, das machen Soziologen, das machen Wirtschaftswissenschaftler. Wir wollen die ethischen Spannungsfelder ausloten, also wo geht es um Werte, um moralische Normen, um uns als Menschen, um unsere Vorstellungen von einem guten Leben.

Und im Gespräch wollen wir auch die Unterschiede, also eine Person sprechen, die überzeugt davon ist, was ethisch ist, ist automatisch gut und richtig, oder jemand, der Ethik betreibt, indem er erst mal abwägt und schaut, was da ist, und dann Fragen stellt und nicht gleich die Antworten in den Raum stellt.

Rieke Harmsen: Spannend war es, zu beobachten, dass das Verhältnis von positiven und negativen Aspekten in jedem Gespräch sich in etwa die Waage hält. Unsere Expertinnen und Experten formulieren Kritik, aber auch Hoffnung, und sie versuchen, die nächsten Schritte zu formulieren.

Christine Ulrich: Ja, es geht darum, dass man nicht gleich so eine kulturpessimistische Haltung einnimmt. Wir haben Angst vor dem Verlust unserer Privatsphäre, der Datenschutz ist sowieso schon dahin, und es alles schlechter für uns als Menschen – diese Attitüde haben die Wenigsten. Viele haben einen optimistischen Blick und vertrauen auch darauf, dass es ein Regulierungspotenzial gibt und wir etwa nicht nur zittern müssen vor Google und Meta.

Thomas Zeilinger: Was ist das Besondere am Zusammenspiel zwischen Ethik und Journalismus?

Rieke Harmsen: Warum ich diese Gespräche gerne führe, ist die Auseinandersetzung mit dem Menschen. Wir nehmen uns Zeit, mit diesen Personen gemeinsam über etwas nachzudenken, nachzuhaken, noch mal ein Widerwort zu geben, einen anderen Aspekt zu sehen.

Viele haben sich in dem Gespräch geöffnet, und das geschieht nur, wenn man sich Zeit nimmt. Dann scheint die eigene Haltung durch und die Anschauung, und das ist ein Faszinosum.

Christine Ulrich: Wir haben immer gesagt, 40 Minuten Podcast, mehr geht nicht, und das versuchen wir auch einzuhalten. Das ist eine wahnsinnige Zumutung für Menschen, die heute nur noch von Schnipseln leben. Aber es ist toll, sich wirklich auf diesen Menschen einzulassen und wirklich zuzuhören.

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Der Podcast Ethik Digital erscheint einmal monatlich und wird von Rieke C. Harmsen und Christine Ulrich gehostet. Der Podcast erscheint als Audio, Video und Text. Alle Folgen des Podcasts Ethik Digital gibt es unter diesem Link. Fragen und Anregungen mailen Sie bitte an: rharmsen@epv.de

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