Der Geschäftsführer des Vereins "Genussregion Oberfranken" mit Sitz in Bayreuth, Norbert Heimbeck, erklärt im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd), was ein Kronacher Pfarrer mit dem Brauch zu tun hat und warum sinnloses Betrinken nicht dazu gehört.

Herr Heimbeck, woher kommt denn der Brauch des "Stärke Antrinkens"?

Norbert Heimbeck: Die genauen Wurzeln lassen sich nicht mehr zu 100 Prozent bestimmen. Die erste schriftliche Erwähnung geht jedenfalls auf 1751 zurück, als ein Kronacher Pfarrer seine Gemeinde dazu aufgerufen hat, Bier zu trinken, um die schwere Arbeit im neuen Jahr meistern zu können.

Es geht darum, sich Kraft und Gesundheit anzutrinken.

Der Brauch ist mehr oder weniger auf Oberfranken begrenzt und wird heute noch gefeiert - zwischen Hof und Bamberg und zwischen Kronach und Forchheim.

Und warum gerade der 6. Januar?

Der 6. Januar wird im süddeutschen Volksmund oft noch als Hochneujahr bezeichnet. Vor der Umstellung vom Julianischen auf den Gregorianischen Kalender im Jahr 1582 war der zwölfte Tag nach Weihnachten noch der Neujahrstag. Diese zwölf Nächte haben ja seit Jahrhunderten eine besondere Bedeutung, in Bayern heißen sie Raunächte.

In der Zeit sollen dem Volksglauben zufolge Geister und Dämonen ihr Unwesen treiben. Am Ende dieser bedrohlichen Zeit haben sich die Leute dann früher zusammengesetzt und gefeiert. Das könnten die Wurzeln des "Stärke Antrinkens" sein.

Laut offiziellen Brauchtums-Regeln sollen zwölf Seidla - der Oberbayer sagt dazu zwölf Halbe - getrunken werden. Für jeden Monat des Jahres eine. Ganz schön viel, oder?

Das mit den zwölf Seidla ist aus der Zeit gefallen. Ich selbst kenne niemanden, der das geschafft hat. Und die Wirtshäuser werben - bis auf ein paar wenige Ausnahmen - auch nicht mit zwölf Seidla. Wer will schon als 'Bierleiche' enden?

Auch wenn es immer noch einige als Trinkspiel sehen - heute geht es um etwas anderes: nämlich darum, die Wirtshauskultur zu pflegen, sich zusammenzusetzen und ins Gespräch zu kommen.

Das ist für mich der viel schönere Anlass, wenn dann ein Student neben dem Professor sitzt oder ein Handwerker neben dem Manager. Da weichen soziale Unterschiede auf.

Ist es ein Zufall, dass "Stärke Antrinken" gerade in Oberfranken, wo es die höchste Brauereidichte der Welt gibt, noch so beliebt ist?

Ich glaube, das ist eher Zufall. Diese Brauereidichte mit heute 165 Brauereien hat historische Gründe. In Oberfranken gab es viele Landadlige, Ritterfamilien und kleine Fürstentümer, die das Recht hatten, Brauereilizenzen zu vergeben. Das haben sie natürlich gern gemacht, weil sie dafür Steuern einkassieren konnten.

Diese Kleinstaaterei war in Oberfranken viel stärker ausgeprägt als sonst wo. Und weil der Oberfranke eher konservativ ist, bleibt er auch heute noch seiner Lieblings-Brauerei treu.

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