"Wer sich an Sportwetten beteiligt, kann sein Geld auch gleich zum Fenster rauswerfen"

Herr Landgraf, im Rahmen der Aktion "Wirf dein Geld nicht zum Fenster raus!" werden am Donnerstag um 12 Uhr in Deutschland, Österreich und anderen europäischen Ländern, allein in fast 20 Orten in Bayern, von Suchtberatungsstellen falsche Geldscheine aus dem Fenster geworfen. Worauf wollen Sie damit aufmerksam machen?

Konrad Landgraf: Die Aktion soll auf die Gefahren hinweisen, die von Sportwetten und der Werbung für Sportwetten ausgehen. Diese Gefahr ist groß, denn selbst das beste Sportwissen garantiert keinen Gewinn. Es ist uns wichtig, dass die Menschen erkennen, dass Sportwetten eine Form des Glücksspiels sind und eben keine sichere Einnahmequelle. Auch wenn sich jemand gut im Fußball auskennt, kann er den Ausgang eines Spiels nicht vorhersagen. Oder einfacher ausgedrückt: Wer sich an Sportwetten beteiligt, kann sein Geld auch gleich zum Fenster rauswerfen.

Bei Fußballvereinen ist es schon lange gängig, aber erstmals gibt es auch bei der Europameisterschaft einen Sportwettenanbieter als Sponsor. Was ist daran problematisch und was fordern Sie?

Bereits im März hat das Bündnis gegen Sportwetten-Werbung kritisiert, dass UEFA, DFB und EURO 2024 GmbH ihrer menschenrechtlichen Verantwortung im Hinblick auf den Schutz vor problematischem Glücksspiel im Allgemeinen und den Suchtgefahren von Sportwetten im Besonderen nicht gerecht werden. Wir fordern, die grassierende Werbung für Sportwetten einzuschränken, weil echter Sport für sich selbst spricht und keine Werbung für gefährliche Sportwetten braucht. Mit Werbung sollen Sportwetten salonfähig gemacht werden, ohne auf Gefahren hinzuweisen. Das trifft besonders auf männliche Jugendliche und junge Erwachsene zu, die für den Adrenalin-Kick durch Sportwetten besonders empfänglich sind und glauben, sie könnten mit ihrem Wissen über Sport das schnelle Geld machen.

"Rund 1,4 Millionen Menschen leiden unter einer Störung durch Glücksspiele"

Was sind die spezifischen Suchtgefahren von Sportwetten? Wie viele Menschen sind von dieser Sucht betroffen und welche Auswirkungen hat es auf sie?

Für Bayern gibt es keine eigene epidemiologische Studie. Bundesweit geht man aktuell davon aus, dass rund 2,4 Prozent der Bevölkerung, also rund 1,4 Millionen Menschen, unter einer sogenannten Störung durch Glücksspiele leiden. Heruntergebrochen auf Bayern wären das über 200.000 Menschen. Dabei zeigt sich, dass vor allem von Live-Wetten ein ähnlich hohes Gefahrenpotenzial wie von virtuellem Automatenspiel ausgeht. Laut dem Glücksspiel-Survey leiden über 30 Prozent der Personen, die unter anderem an Live-Wetten teilnehmen, an einer Störung durch Glücksspielen.

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