Alexander Dobrindt ist seit Januar 2025 Bundesminister des Innern der Bundesrepublik Deutschland. Der CSU-Politiker war zuvor unter anderem Bundesverkehrsminister und viele Jahre lang Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag.

In der neuen Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz gilt er als einer der prägenden konservativen Köpfe, insbesondere in Fragen der inneren Sicherheit, Migration und kulturellen Identität.

Doch wie steht der studierte Soziologe, der sich selbst als gläubiger Katholik bezeichnet, zu Religion, Kirche und Glauben?

Alexander Dobrindt: Katholik, der den Kirchen nicht traut

Alexander Dobrindt ist bekennender Katholik. Wie die meisten seiner neuen Kolleg*innen leistete er seinen Amtseid mit der Gottesformel. "Der christliche Glaube ist das Fundament unserer Politik", schrieb Dobrindt 2018 in einem Gastbeitrag für die "Welt".

Doch das Verhältnis des neuen Bundesinnenministers zur organisierten Kirche ist von Misstrauen und Kritik geprägt. Der CSU-Politiker wirft den Kirchen immer wieder politische Vereinnahmung vor, etwa wenn sie sich für Klimaschutz oder Flüchtlingshilfe starkmachen. Gleichzeitig moniert er ihre angebliche Sprachlosigkeit bei Themen wie Schwangerschaftsabbruch oder Geschlechteridentität.

2022 sprach Dobrindt von "Fehlanzeige", wenn es um kirchliche Beiträge zum Lebensschutz oder zum Selbstbestimmungsgesetz ging. Auch während der Corona-Pandemie habe er zu wenig "sinnstiftende Begleitung" erlebt. Als die EKD-Synode im selben Jahr der Klimabewegung Letzte Generation Applaus spendete, sah Dobrindt darin eine "falsch verstandene Milde".

Offenbar ist seine Erwartung, dass sich die Kirche aus politischen Debatten heraushalten möge – es sei denn, sie stimmen mit seinen Überzeugungen überein. Das  erinnert an Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, die kürzlich für ähnliche Äußerungen in der Kritik stand.

Dobrindt grenzt Islam kategorisch aus

Dabei offenbart sich ein selektives Verständnis von Religion im öffentlichen Raum. Wenn Dobrindt religiöse Orientierung fordert, dann meint er damit vor allem moralische Rückendeckung für eine sehr konservative Agenda, nicht nur beim Lebensschutz, sondern auch in Fragen der nationalen und kulturellen Identität.

Dazu passt, wie er im Jahr 2018 den islamischen Glauben kategorisch ausgrenzte: Dieser sei für Deutschland "kulturell nicht prägend und soll es auch nicht werden".

Dobrindts stellte die pauschale Behauptung auf, Werte wie Toleranz oder Nächstenliebe fänden sich in der "islamischen Welt” (was auch immer das sein mag) "so nicht wieder".  Nun beinhaltet eine derart starke Aussage zum einen stets ein sehr hohes Risiko, an der Realität zu scheitern. Zum anderen spricht er damit Muslim*innen in Deutschland und weltweit eiskalt demokratische Reife ab und widerspricht jeder Form religiöser Gleichbehandlung. 

Wieder einmal nutzte also ein Politiker das Christentum im Sinne eines Kulturkampfes, um es gegen andere Religionsgemeinschaften in Stellung zu bringen.

Kirche soll disziplinieren

Dobrindts öffentliche Haltung zur Religion ist vornehmlich identitätspolitisch, normativ und ausgrenzend. Die Kirche soll nach seinem Verständnis Orientierung geben, aber bitte keine unbequemen Fragen stellen.

Mit anderen Worten: Sie soll die Menschen disziplinieren, nicht inspirieren.

Kommentare

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Florian Meier am Di, 20.05.2025 - 08:29 Link

Diese "Politiker X glaubt das und Y jenes"-Serie finde ich etwas seltsam. Es sollte doch klar sein, dass Politiker hier stark auf ein Außenbild bedacht sind. Über ihre innersten Beweggründe kann man oft nur spekulieren, weil sie aufgrund der Dauerbeobachtung da einen gewissen Panzer anlegen (müssen). Für den regelmäßigen Kirchgang und ausgiebige philosophische oder biblische Studien fehlt im Amt ohnehin die Zeit. Die sollten sie lieber Familie und Freunden widmen, die ohnehin oft zu kurz kommen. Es ist mir egal wie viele Kreuze ein Politiker vor sich herträgt. Entscheidend ist in der Politik wie im Leben, was hinten raus kommt. Solange Herr oder Frau Staatsmann die Religion nicht aktiv bekämpft und den Menschen und dem Gemeinwohl dient, dürfen sie glauben, was sie wollen.

Oliver Marquart am Di, 20.05.2025 - 10:39 Link

Artikel, die darüber spekulieren, was und woran Politiker*innen glauben, wären wirklich seltsam. Nur: Darum geht es in diesem und den anderen auch gar nicht. Sondern darum, wie sich Politiker*innen öffentlich zu Religion und Kirche positionieren. Und das ist eine Fragestellung, die sehr wohl berechtigt ist und die abgesehen davon auch viele unsere Leser*innen interessant finden.