Jahrzehntelang war man es in vielen Dörfern im Donau-Ries-Kreis gewohnt, dass im Pfarrhaus neben der evangelischen Kirche das Licht brennt. Doch das wird sich in den nächsten Jahren ändern: Mit dem Landesstellenplan 2020 werden rund ein Zehntel aller Stellen gekürzt - im Donau-Ries betrifft das vor allem Pfarrstellen.
Während mancherorts in Bayern deswegen Auflösungen von Dekanaten, das sind kirchliche Verwaltungseinheiten, oder Zusammenlegungen von Gemeinden im Raum stehen, gehen die drei Dekanate im Ries, Oettingen, Donauwörth und Nördlingen, einen eigenen Weg. 2019 fingen in den drei Dekanaten die ersten Überlegungen an, wie der Landesstellenplan 2020 gut im jeweiligen Dekanat ausgeführt werden könnte.
Schnell war klar: Alleine wird es jedem der drei Dekanate auf lange Sicht schwer fallen, die Einsparungen so umzusetzen, dass alle Gemeinden gut mit Pfarrern und Pfarrerinnen versorgt sind.
Schließlich gehören die drei Dekanate eher zu den kleineren in der bayerischen Landeskirche. Knapp 5.000 Mitglieder hat Oettingen, 13.000 Donauwörth und 14.000 Nördlingen: Da sind zusammen ungefähr 32.000 Mitglieder. Im Vergleich dazu umfasst das Dekanat Augsburg knapp 90.000 Mitglieder.
Die Lösung für die drei Dekanate: Den Landesstellenplan gemeinsam umsetzen und eine Kooperation schaffen. Schließlich konnten die Dekanate schon mit der Gründung der Diakonie Donau-Ries als Zusammenschluss der Diakonischen Einrichtungen in Oettingen, Donauwörth und Nördlingen gute Erfahrung sammeln. Und auch auf Verwaltungsebene befinden sich die drei Dekanate schon seit längerem in einem gemeinsamen Zweckverband mit anderen Gemeinden, der bis nach Eichstätt reicht. Wieso dann nicht auch im Bereich der Landesstellenplanung den Weg gemeinsam gehen?
Die drei Dekanatssynoden beauftragten im Jahr 2020 offiziell einen Kooperationsausschuss, den Landesstellenplan für alle drei Dekanate zu übernehmen und die Gebäude zu verwalten. Für Gerhard Wolfermann, Dekan in Nördlingen, war das ein Novum:
"Zum ersten Mal lag die Planung über die Stellen der nächsten Jahre nicht in den Händen der einzelnen Dekanate, sondern eines übergeordneten Ausschusses." Eine Neuheit, die so bisher auch einmalig in der Landeskirche ist.
Für die Dekanate sei es wichtig gewesen, dass nicht nur hauptamtliche Mitglieder dem Ausschuss angehören, sondern auch Menschen, die sich ehrenamtlich in der Kirche engagieren. "Auf den Pfarrstellen gibt es immer mal wieder einen Wechsel, aber der Großteil der Gemeindemitglieder bleibt. Deswegen müssen gute Lösungen gefunden werden, die in den Gemeinden unabhängig von bestimmten Pfarrern und Pfarrerinnen funktionieren", erklärt Wolfermann.
Und die Lösungen sollten am besten langfristig sein. Deswegen stand schnell fest, dass der Kooperationsausschuss im Donau-Ries nicht nur den Landesstellenplan 2020 in den Blick nehmen würde. Stattdessen betrachtete der Ausschuss das Jahr 2030 und überlegte, welche Strukturen und Veränderungen nötig sind, um mit geschätzten 30 Prozent weniger Pfarrer und Pfarrerinnen alle Gemeinden und Gemeindemitglieder gut versorgt zu wissen. "Auf diese Weise schaffen wir ein Konzept, dass zukunftsfähig ist und die Veränderungen in den nächsten Jahren mitdenkt", sagt Heiko Seeburg, Pfarrer in Deiningen-Fessenheim im Dekanat Nördlingen und Mitglied im Kooperationsausschuss.
Konkret heißt das: Die drei Dekanatsgrenzen waren für die Planungen nicht entscheidend, der Großraum Donau-Ries stand im Mittelpunkt.
Und so konzipierte der Ausschuss drei neue Regionen, zum Teil auch dekanatsübergreifend. Dabei achtete er darauf, die Zahl der Kirchenmitglieder, Gemeinden und der Pfarrer und Pfarrerinnen in den Regionen ausgewogen zu verteilen. "Die Zusammenarbeit in den Regionen soll durchführbar und Vertretungen beispielweise für Urlaube gut machbar sein", so Seeburg.
Auch schon bestehende Kooperationen und Verbindungen zwischen den Gemeinden und natürliche Grenzen spielten eine Rolle bei der Festlegung der neuen Regionen. Auf diese Weise können die Gemeinden vor Ort bestehen bleiben - auch wenn sich kleinere Gemeinden künftig eine Pfarrperson teilen müssen. Mancherorts ist das schon der Fall. Die Gemeinden tragen die Entscheidungen des Ausschusses mit, so der Eindruck von Seeburg. Vielleicht auch deshalb, weil man als Ausschuss versuche immer wieder gut über Fortschritte der Arbeit zu informieren.
Mit dem neuen Konzept wollen die drei Dekanate im Ries langfristig Strukturen schaffen um Kirche vor Ort zu ermöglichen. Auf diese Weise wollen sie laut Dekan Wolfermann die Pfarrstellen so gestalten, dass sie auch für zukünftige Pfarrer und Pfarrerinnen attraktiv sind und gleichzeitig als Kirche "nahe bei den Menschen sein" - auch dann, wenn nicht mehr in jedem Pfarrhaus ein Licht brennt.