Die in rund anderthalb Jahren sanierte Kapelle ist Eigentum der Gemeinde Cadolzburg, die auch für die Arbeiten verantwortlich zeichnete und das Gros der Kosten von rund einer dreiviertel Million Euro trug. Gesichert wurden die Wandfresken mit Darstellungen aus der Passion und Christus auf dem Regenbogen als Weltenretter. Auf der Südseite der Kapelle, die zur Pfarrei St. Katharina im nahen Seukendorf, findet man die 14 Nothelfer mit der heiligen Katharina in der Mitte.

"Wohnzimmercharakter" hat das beliebte Kirchlein für die Pfarrerin Natascha Kress nicht nur wegen der überschaubaren Größe, sondern auch durch das Interieur wie den Altar, der an einen Bauernschrank erinnert. Blickfang ist zudem ein Kronleuchter mit der Jahreszahl "1917". "Künftig soll wieder an jedem letzten Sonntag des Monats in der Kapelle Gottesdienst gefeiert werden", sagt Natascha Kress. Die Kirchengemeinde hatte sich an der Reinigung der Orgel beteiligt.

Münzen, Scherben und Nachgeburtstöpfe

Kreisheimatpfleger und Archäologe Thomas Liebert hat in den vergangenen Monaten nicht nur tief in der Erde rund um die Seckendorfer Kapelle gegraben, sondern auch in der Geschichte. Liebert fand heraus, dass erstmals im Jahr 1246 ein "Arnoldus Seckendorf" als Vertreter des Namensgeschlechts in einer Urkunde der Nürnberger Burggrafen genannt wird. Eine Urkunde bezeugt den Verkauf eines Hofes in Seckendorf durch Konrad von Seckendorff-Hörauf an Heinrich Weinschröter im Jahr 1326 – somit sind dies die frühesten archivalische Nachrichten zur Seckendorfer Kapelle.

"Anhand der Untersuchung des erbauungszeitlichen Mauerwerks der Kapelle an der Süd- und Nordseite lassen sich aber anhand der Mauerwerkscharakteristik und dem Tympanon der Kapellenbau noch in die Stauferzeit, sehr wahrscheinlich in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts datieren", sagt der Archäologe.

Zudem wurde ausschließlich mittelalterliche Keramik aus der Zeit vor bis gegen die Mitte des 13. Jahrhunderts geborgen. "Erst ab dieser Zeit setzte sich in unserer Region die vollständig auf der Töpferscheibe gedrehte Keramik durch", weiß Liebert. Südwestlich der Kapelle wurden beim Baggern Münzen gefunden. Die älteste, eine Silbermünze, stammt von 1555. Es handelt sich um einen Berliner Dreier aus der Zeit des Kurfürsten Joachims II. von Brandenburg.

Beim Ausheben des Grabens entlang der Kapellensüdseite kam eine Reihe von Gefäßen zum Vorschein, deren Existenz einige Fragen aufwirft. Alle Gefäße standen aufrecht, mit der Öffnung nach oben im Boden. Thomas Liebert fragt sich, warum die Töpfe in der frühen Neuzeit unter der südlichen Dachtraufe der Kapelle vergraben wurden. "Zum Auffangen des Regenwassers wären die Töpfe, die zudem sicher nicht gleichzeitig vergraben wurden, viel zu klein gewesen. Als Gefäße zur Bevorratung kommen sie aus dem gleichen Grund nicht infrage", mutmaßt er.

Angst vor Hexen und bösen Wesen

Unter anderem aus Baden-Württemberg seien seit Jahren aber vergleichbare Topfdeponierungen insbesondere aus Hauskellern bekannt und als sogenannte Nachgeburtstöpfe interpretiert. Meist wurden Töpfe des häuslichen Alltagsgeschirrs verwendet. In ihnen wurde die Nachgeburt des Kindes aufbewahrt und im eigenen Haus oder dem unmittelbaren häuslichen Umfeld vergraben. Hintergrund des Brauches ist die in der christlichen und abergläubischen Glaubenswelt vorhandene ambivalente Betrachtungsweise der Nachgeburt. So können ihr einerseits heilende, übernatürliche Kräfte innewohnen, andererseits kann von ihr auch großes Unheil ausgehen. "So ist das Begraben der Nachgeburt eine Reaktion auf die vorhandene Furcht vor Hexen und bösen Wesen", erklärt Liebert.

Bemerkenswert sei auch die Tatsache, dass Funde von Töpfen belegt sind, durch deren Mitte ein angespitzter Pflock getrieben worden war. Möglicherweise sollten so Lebende vor Wiedergängern bewahrt werden. Hintergrund könnte der Tod der Mutter im Kindbett oder gar eine Totgeburt, was die letzte Ölung der Mutter beziehungsweise die rechtzeitige Taufe des Säuglings verhindert hätte, gewesen sein.

Vor der Taufe gestorbene Säuglinge, die kirchenrechtlich deshalb nicht auf dem Friedhof bestattet werden durften, hat man zu ihrem Wohl und dem der Lebenden unter außerhalb von Friedhöfen gelegenen Dachtraufen kirchlicher Gebäude begraben. Von dem vom Dach herablaufenden Regenwasser erhoffte man sich eine posthum segnende Wirkung des Verstorbenen. Nicht zuletzt wollte man das Irrlichtern der toten Säuglinge verhindern. Liebert konnte im benachbarten Roßtal solche Säuglinge unter der Dachtraufe des spätmittelalterlichen Pfarrhauses ausgraben.

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