EKD will nach Kurschus-Rücktritt Vertrauen zurückgewinnen

Mittwoch, 6. Dezember 2023: Rückschau auf den Rücktritt: Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) blickt selbstkritisch auf den Rückzug ihrer obersten Repräsentantin Annette Kurschus von deren Leitungsämtern. Die amtierende EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs sorgt sich um die Glaubwürdigkeit bei der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt und räumte am Dienstag bei einer digitalen Tagung der EKD-Synode eine schlechte Kommunikation rund um die Vorwürfe gegen Kurschus ein. Viele Synodale äußerten Unzufriedenheit mit dem Krisenmanagement der EKD und im Umgang mit der ehemaligen Ratsvorsitzenden.

"Für mich kommt es jetzt darauf an, verlorenes Vertrauen wieder herzustellen", sagte die Hamburger Bischöfin Fehrs, die bislang stellvertretende Ratsvorsitzende war. In der vergangenen Woche habe es intensive Beratungen mit den Betroffenen-Vertretern im EKD-Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt gegeben.

Annette Kurschus war am 20. November vom EKD-Ratsvorsitz und als Präses der westfälischen Kirche zurückgetreten. Ihr wird vorgeworfen, mit einem mutmaßlichen Fall sexualisierter Gewalt nicht angemessen transparent umgegangen zu sein. Der Fall reicht in die 90er Jahre zurück, Beschuldigter ist ein ehemaliger Kirchenmitarbeiter aus Kurschus' früherem Arbeitsumfeld in Siegen, den sie laut eigener Aussage sehr gut kennt. Er soll junge Männer sexuell bedrängt haben.

Die "Siegener Zeitung" hatte unmittelbar vor und während der EKD-Synodentagung Mitte November in Ulm darüber berichtet. Kurschus nahm am Abend des 14. November vor der Synode Stellung zu den Berichten. Die EKD-Jahrestagung wurde wegen des bundesweiten Bahnstreiks am nächsten Morgen unterbrochen und am Dienstag digital abgeschlossen.

Mehrere Synodale sagten in der Aussprache am Dienstag, sie seien "überrumpelt" worden von dem Vorgang. Eine konsequente Krisenkommunikation hätte ein anderes Handeln ermöglicht, sagte die Leiterin der Evangelischen Akademie in Berlin, Friederike Krippner. Die badische Landesbischöfin Heike Springhart adressierte konkret den Rat der EKD. Sie hätte erwartet, dass der Rat zunächst auf eine Klärung dringe. Das Problem werde nicht dadurch gelöst, "dass Einzelne von uns zum Rücktritt gedrängt werden".

Ratsmitglied Jacob Joussen sagte, der Rat sei von den Informationen genauso überrumpelt gewesen. Er habe nur wenige Tage vor der Synode "Gerüchte" gehört und selbst durch die "Siegener Zeitung" erst mehr erfahren. Kurschus wusste nach eigenen Worten seit dem Frühjahr durch eine Anzeige von den Vorwürfen gegen den Beschuldigten.

Andere Redner problematisierten, dass Kurschus in ihrer Stellungnahme den Medienberichten widersprach, die auf Schilderungen Betroffener beruhten. Es gehe um die Glaubwürdigkeit der Kirche und die Frage, ob sie der Ort sei, an dem Betroffenen geglaubt werde, sagte Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne), die der Synode angehört. Deswegen habe es keine andere Möglichkeit als den Rücktritt gegeben, den sie persönlich bedauere. Auch Synodenpräses Anna-Nicole Heinrich unterstrich, für sie sei "handlungsleitend, dass betroffene Personen und die Aufarbeitung an erster Stelle stehen müssen".

Abstimmung über Beschlüsse wegen Bahnstreik vertagt

Mittwoch, 15. November 2023, 10.10 Uhr: Wegen des angekündigten bundesweiten Bahnstreiks hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ihre Synodentagung in Ulm vorzeitig beendet. Am Mittwochmorgen kam das Plenum noch einmal kurz zusammen, die abschließenden Beratungen und Entscheidungen über Kirchengesetze und Entschließungen zu kirchlichen und gesellschaftlichen Themen wurden aber auf eine digitale Sitzung zu einem späteren Zeitpunkt verschoben.

Nach Angaben der EKD waren viele Synodale wegen der Streikankündigung bereits am Morgen aus Ulm abgereist. Die Reihen unter den 128 Mitgliedern des Kirchenparlaments hatten sich zum geplanten Sitzungsbeginn bereits erkennbar gelichtet.

Das Synodenpräsidium habe davon ausgehen müssen, dass das ausstehende Plenum nicht mehr ordnungsgemäß hätte stattfinden können, teilte die EKD mit. Es habe daher beschlossen, die Tagung zu unterbrechen und in den kommenden Wochen zu einem noch nicht festgelegten Zeitpunkt digital fortzusetzen. Das Präsidium suche derzeit nach einem Termin, sagte Synodenpräses Anna-Nicole Heinrich am Morgen vor den verbliebenen Synodalen.

EKD wählt neues Ratsmitglied und debattiert über Finanzen und Ökumene

Montag, 13. November 2023, 18.19 Uhr: Finanzen, Ökumene und eine Nachwahl in den Rat: Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat am Montag in Ulm ihre Beratungen fortgesetzt. Dabei wurde der Jurist Stefan Werner neu in den 15 Mitglieder zählenden Rat der EKD gewählt. Der Direktor des württembergischen Oberkirchenrats war der einzige Kandidat und folgt in dem Leitungsgremium der Juristin Stephanie Springer. Sie war Ende Oktober aus dem Kirchenamt in Hannover ins niedersächsische Justizministerium gewechselt und damit nach acht Jahren aus dem Rat ausgeschieden.

Der amtierende Rat wurde 2021 gewählt. Die Wahlperiode beträgt sechs Jahre. Werner war einziger Kandidat bei der Nachwahl. Er erhielt 111 von 129 gültigen Stimmen. Es gab sechs Nein-Stimmen und zwölf Enthaltungen.

Zudem beschäftigte sich das Kirchenparlament am Montag bei seiner Jahrestagung mit dem EKD-Haushalt für das kommende Jahr, der rund 250 Millionen Euro umfassen soll. Angesichts des Mitgliederverlusts und einer zu erwartenden Reduzierung der Kirchensteuereinnahmen hatte sich die EKD 2020 einen Sparkurs verordnet. Nach Angaben des für Finanzen zuständigen EKD-Ratsmitglieds Andreas Barner wird diese Finanzstrategie wie vorgesehen umgesetzt.

Thema war am Montag auch der Ausstieg der EKD aus der gemeinsam mit der katholischen Kirche verantworteten "Woche für das Leben". Ein Delegierter hatte die Entscheidung hinterfragt. Der sächsische Landesbischof Tobias Bilz, der dem Rat der EKD angehört, erklärte, die "Woche für das Leben", die Aufmerksamkeit für medizin-ethische Themen schaffen und für Lebensschutz werben will, habe in der Vergangenheit nur noch geringe Resonanz erfahren.

Bilz versicherte, man werde gemeinsam mit der katholischen Kirche ab 2025 mit einem neuen Konzept das Thema ökumenisch weiterverfolgen. 2024 findet noch einmal die "Woche für das Leben" statt. Jüngst hatte auch eine Stellungnahme des Rates der EKD für die Bundeskommission zur möglichen Reform des Abtreibungsrechts für Irritationen in der Ökumene gesorgt.

Der Landesbischof von Schaumburg-Lippe, Karl-Hinrich Manzke, bezeichnete die Zusammenarbeit von evangelischer und katholischer Kirche als wichtiger denn je. Gerade als Partner für die Kooperation mit dem Staat sei diese unerlässlich, sagte der Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).

Der Verbund lutherischer Landeskirchen tagte am Montagvormittag in Ulm und hatte dazu den Präsidenten der Synode der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Ukraine (DELKU), Oleksandr Gross, zu Gast. Die russische Invasion in der Ukraine im Februar 2022 habe der Kirche mindestens 60 Prozent aller Gemeindemitglieder geraubt, sagte er: "Einige unserer Gemeinden sind praktisch zu kleinen Gruppen geworden, andere existieren gar nicht mehr." Derzeit umfasst die Minderheitskirche 24 Gemeinden mit rund 1.000 Gläubigen.

Stellungnahme zu Abtreibung sorgt für Kontroverse

Montag, 13. November 2023, 9.38 Uhr: Das Plädoyer des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für eine teilweise Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs hat bei der Jahrestagung der EKD-Synode für eine kontroverse Debatte gesorgt. Mehrere Redner kritisierten in der Aussprache in Ulm die Stellungnahme des Rates für die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission, die über Möglichkeiten einer Abtreibungsregelung außerhalb des Strafrechts beraten soll.

Sie verwiesen auf die Bedeutung des Lebensschutzes. Er halte den Einsatz für das ungeborene Leben für eine Kernaufgabe der Kirche, sagte etwa der württembergische Delegierte Friedemann Kuttler. Der Rat verteidigte die Stellungnahme.

Er hatte sich darin dafür ausgesprochen, Abtreibungen in frühen Stadien nach verpflichtender Beratung nicht mehr strafrechtlich zu sanktionieren.

Zu den Kritikern der Stellungnahme gehört auch der CDU-Politiker Thomas Rachel, der dem Rat angehört. Bei der Synode erinnerte er daran, wie schwierig es war, den Kompromiss für die geltende Regelung zu finden, die Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich verbietet, in bestimmten Fristen nach einer Beratung aber straflos stellt. Dieser Kompromiss sollte nicht ohne Not aufgekündigt werden, sagte Rachel.

Der Synodale Steffen Kern aus Württemberg forderte, über die Position der evangelischen Kirche nochmals zu diskutieren. Die Synodale Christine Axt-Piscalar, Theologieprofessorin in Göttingen, sprach sich sogar dafür aus, dass der Rat der Kommission gegenüber noch einmal deutlich macht, dass die Meinungsbildung zu diesem Thema in der EKD noch nicht abgeschlossen sei. Einzelne Redebeiträge lobten die Stellungnahme auch. Insgesamt überwogen aber Wortmeldungen der Kritiker.

Für den Rat antworteten auf diese Kritik nicht die Ratsvorsitzende Annette Kurschus, sondern ihre Stellvertreterin Kirsten Fehrs und der sächsische Landesbischof Tobias Bilz. Fehrs sagte, die innerkirchliche Debatte um das Thema Schwangerschaftsabbruch sei damit nicht abgeschlossen. In der Stellungnahme gehe es nur um den Aspekt der strafrechtlichen Regelung. Sie räumte aber ein, die Stellungnahme bedeute einen Perspektivwechsel, "von dem wir überzeugt sind, dass er diskutiert werden muss".

Bilz hielt den Kritikern entgegen, es schmerze, wenn der Eindruck vermittelt werde, der Rat der EKD gebe den Schutz des ungeborenen Lebens auf. Das sei nicht so. Kurschus hatte in ihrem Bericht vor der Synode angekündigt, dass eine innerkirchliche Kommission das Thema weiter diskutieren soll. Wie ein Sprecher sagte, soll sie zum Jahresende ihre Arbeit beginnen.

Kurschus: Empathie mit Israelis und Palästinensern

Sonntag, 12. November 2023, 17.31 Uhr: Zu Beginn ihrer Synodentagung unterstreicht die Evangelische Kirche in Deutschland ihr "Nein zu Antisemitismus". Die Ratsvorsitzende Kurschus räumt ein, Judenfeindlichkeit keime auch unter Kirchenmitgliedern, komme aus der christlichen Geschichte.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat sich entschieden gegen Antisemitismus gestellt und dabei auch Selbstkritik geübt. Jeder Versuch, das Massaker der Hamas gegen Juden im Nahen Osten vom 7. Oktober zu relativieren, sei Antisemitismus.

"Jedes 'Ja, aber' verharmlost", sagte die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus zu Beginn der viertägigen Beratungen der EKD-Synode in Ulm. Antisemitismus habe seine Wurzeln "nicht bei den anderen" und blühe nicht nur in kleinen extremen Gruppen. "Er kommt aus unserer christlichen Geschichte, er keimt auch in unserer Mitte, unter unseren Kirchenmitgliedern", sagte sie.

Kurschus betonte erneut ihre Solidarität mit dem von der Terrororganisation Hamas angegriffenen Israel. Das Land habe nach dem grauenhaften Massaker das Recht, sich zu verteidigen und seine Bevölkerung zu schützen, sagte die westfälische Präses. Das mindere in keiner Weise ihr Entsetzen über das Leid, das die Menschen im Gaza-Streifen erlebten. Der Angriff der Hamas sei "ebenfalls ein Angriff auf die Palästinenserinnen und Palästinenser, christliche und muslimische, die sich für Frieden einsetzen" gewesen.

Zuvor hatte der württembergische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl in seiner Predigt im Eröffnungsgottesdienst gesagt: "Nein zu Antisemitismus. Da sind wir uns als Kirche einig, und hoffentlich auch in der Gesellschaft." Es sei ein schrecklicher Gedanke, dass sich Jüdinnen und Juden in Deutschland nicht mehr sicher fühlen.

In einem Grußwort bei Eröffnung der Synodentagung äußerte sich Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) besorgt über das schwindende Vertrauen der Menschen in demokratische Prozesse. Sie trauten Staat und Politik immer weniger zu. Bas machte dafür Meinungsblasen im Internet und eine durch die AfD verrohte Debattenkultur verantwortlich.

 
 

Kirchen sollten "mutiger und reformfreudiger" werden

Sonntag, 12. November 2023, 15.15 Uhr: Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat die Kirchen dazu aufgerufen, "mutiger und reformfreudiger" zu werden. "Ein paar kosmetische Änderungen und ein 'Weiter so' wird nicht reichen", sagte er am Samstagabend beim Empfang der evangelischen Landeskirchen in Baden-Württemberg und der Landesregierung von Baden-Württemberg vor dem Auftakt der Synode der EKD in Ulm.

Die Kirchen seien lange Zeit Volkskirchen gewesen, doch nun würden sie wegen sinkender Mitgliederzahlen bald "eine Kirche im Volk" sein und damit Teil einer Gesellschaft, die nicht mehr selbstverständlich mit Christlichem umgehe. Das erfordere ein Umdenken. Deshalb müssten die Kirchen wieder existenzieller werden: Ihre elementare Frage müsse sein: "Warum und wie soll ein Mensch heute noch an Gott glauben?" Es gehe um nicht weniger als darum, dass Christen zeitgemäß von der Hoffnung reden, die sie erfüllt. Dazu brauche es in der Kirche niederschwellige gottesdienstliche Angebote und eine Experimentierfreudigkeit, aber auch bewährte Formen und Angebote müssten erhalten bleiben.

Die Gesellschaft stehe vor großen Herausforderungen, wie dem Kampf gegen den Klimawandel und der Digitalisierung. Die Kirche könnte in den vielfältigen Umbrüchen zeigen, wie es möglich ist, auch in Krisen zuversichtlich und mutig zu handeln. "Kirchen sind Glaubensgemeinschaften, keine Partei oder NGO", deshalb könne der Glaube der unverwechselbare Beitrag der Kirchen für die Gesellschaft sein, sagte der baden-württembergische Ministerpräsident.

Schwerpunkt der von Sonntag bis Mittwoch dauernden Jahrestagung der EKD-Synode ist die "Sprach- und Handlungsfähigkeit im Glauben". Ein zentrales Thema ist am Dienstag die Vorstellung der sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, eine soziologische Studie über die Haltung zu Religion und Kirche in der Gesellschaft.

 

 
EKD-Synode in Ulm 2023
EKD-Synode in Ulm 2023
EKD-Synode in Ulm 2023
EKD-Synode in Ulm 2023
EKD-Synode in Ulm 2023
EKD-Synode in Ulm 2023
Anna-Nicole Heinrich vor der EKD-Synode
Anna-Nicole Heinrich vor der EKD-Synode
EKD-Synode in Ulm 2023
EKD-Synode in Ulm 2023
EKD-Synode in Ulm 2023
EKD-Synode in Ulm 2023

Start der EKD-Synode mit Gottesdienst in Ulm

Sonntag, 13.13 Uhr: Mit einem Gottesdienst zum Schwerpunktthema der Synode "Sprach- und Handlungsfähigkeit im Glauben" ist heute in Ulm die 4. Tagung der 13. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eröffnet worden. In seiner Predigt ermutigte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl aus der Evangelischen Landeskirche in Württemberg dazu, für Glaubensüberzeugungen einzustehen.

Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl aus der Evangelischen Landeskirche in Württemberg sagte: "Vom Glauben reden ist also kein Marketingkonzept für die Kirche. Ob die Menschen zustimmen oder den Kopf schütteln kann nicht Maßstab sein." Die Kirche müsse mit der Zeit gehen, passe sich nicht dem Zeitgeist an. "Das Wort Gottes zählt"! so Gohl.

"Letztlich muss jeder und jede für sich selbst entscheiden, was das für den eigenen, den persönlichen Glauben bedeutet. Wer aber eine Antwort gefunden hat, soll dazu stehen."

In der Ulmer Martin-Luther-Kirche hatten die Pfarrerskinder Hans und Susanne Hirzel, die eng mit den Geschwistern Scholl befreundet waren, im Jahr 1943 Flugblätter gegen die Verbrechen der Nationalsozialisten vorbereitet und von dort aus in den Umlauf gebracht. Gohl rief im Gottesdienst in der Martin-Luther-Kirche dazu auf, Antisemitismus mutig entgegenzutreten: "Nein zu Antisemitismus. Da sind wir uns in der Kirche einig. Hoffentlich auch in der ganzen Gesellschaft. Aber öffentlich gegen Antisemitismus einstehen, so wie es jetzt gefragt ist, das ist unbequem." Mit der Kraft Gottes im Rücken sei ein Schweigen aber nicht möglich, so Landesbischof Gohl.

Das Schwerpunktthema "Sprach- und Handlungsfähigkeit" stand auch im Mittelpunkt des Präsidiumsberichtes, den die Präses der Synode der EKD, Anna-Nicole Heinrich, zur Eröffnung des Plenums vor den 128 Synodalen hielt: "Die kirchliche Stimme wird umso überzeugender, je klarer sie in den heilvollen Erzählungen der Bibel gründet, je authentischer sie mit persönlichen Glaubensüberzeugungen zusammenstimmt und je praktischer sie sich im eigenen Engagement widerspiegelt", sagte Heinrich.

Auf die Sprachfähigkeit käme es insbesondere dann an, "wenn wir uns außerhalb unseres vertrauten kirchlichen Umfelds bewegen, wenn wir unseren "Safe Space" verlassen. Wenn wir da vom Glauben reden, wo es nicht mehr erwartet wird oder eben nicht selbstverständlich ist." Sprachfähig zu sein bedeute, auf Fragen, Zweifel oder erste Versuche eingehen zu können, eine hörende und dialogorientierte Kirche zu sein. "Sprach- und Handlungsfähigkeit im Glauben heißt gerade nicht, sich mit sich selbst zu beschäftigen, sondern sich aus dem Glauben heraus, klar mit Bezug auf die Botschaften des Glaubens verständlich, wahrnehmbar einzubringen und Position zu beziehen. Reden und Handeln gehören dabei untrennbar zusammen." Für sie persönlich komme dem Gebet eine besondere Bedeutung zu: "Weil Gebet für mich der Ort ist, an dem ich Sachen zusammenbringe, die ich sonst nicht zusammenbringen kann, die oft in einer eigentlich unzusammenbringbaren Spannung stehen."

Um glaubwürdig Kirche sein zu können, sei aber auch ein entschiedener und transparenter Umgang mit der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt notwendig, so die Präses, die auch Mitglied des Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt ist. "Als Synode haben wir in den vergangenen Jahren in verschiedenen Formen und Beschlüssen immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass wir keinerlei Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung und Formen der Diskriminierung tolerieren", sagte Heinrich.

Auch für die Synodentagung in Ulm wurde ein eigenes Schutzkonzept erarbeitet. Erstmals wurde bei der Tagung ein Awareness-Team eingerichtet, das für alle Synodalen und Teilnehmenden der Tagung ansprechbar ist und als Melde- und Clearingstelle tätig ist.

 

 

Themen der EKD-Synode in Ulm

 

Das bundesweite evangelische Kirchenparlament kommt am Sonntag zu seiner jährlichen Tagung in Ulm zusammen.

  • Kernthema der Synode ist die Vorstellung der sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, eine soziologische Studie über die Haltung zu Religion und Kirche in der Gesellschaft, wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) mitteilte.
  • Untersucht wurden nicht nur grundsätzliche Einstellungen zum Glauben, sondern etwa auch Gründe für den Verbleib in der Kirche oder den Kirchenaustritt. Erstmals ist auch die katholische Kirche an der Studie beteiligt, die seit 1972 in regelmäßigen Abständen erscheint.
  • Weitere Themen auf der Synodentagung der EKD sind der Krieg in Nahost
  • sowie die Stellungnahme der EKD zur möglichen Reform des Abtreibungsverbots.
  • Für Sonntag wird Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) zu einem Grußwort erwartet.
  • Am Montag soll die Synode auch den freigewordenen Sitz im Rat neu vergeben. Nach dem Ausscheiden der Juristin Stephanie Springer aus Hannover stellt sich der Kirchenjurist Stefan Werner aus Württemberg zur Wahl.

Bis zum 15. November beraten die Mitglieder des Kirchenparlaments in Ulm.

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