Auf Initiative einer Arbeitsgruppe aus den Kirchengemeinden hatte Pfarrer Herbert Ullmann Ende März zu einem ersten "Segnungsgottesdienst für alle sich liebenden Paare" in Mettmann eingeladen. Laut katholisch.de beschrieben Anwesende die Stimmung anschließend als "stimmungsvoll und bewegend". 

Ende Juli jedoch schickte das Erzbistum Köln unter Kardinal Rainer Maria Woelki Ullmann eine offizielle Verwarnung – zuvor soll eine unbekannte Person Anzeige im Vatikan in Rom erstattet haben. Auch wurde Ullmann im gleichen Zuge untersagt, in Zukunft erneut homosexuelle Paare zu segnen.

Abmahnung nach gleichgeschlechtlicher Segensfeier 

Kardinal Woelki ist mit seiner drastischen Reaktion auf offizieller Linie der katholischen Kirche, deren Glaubenskongregation die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare zuletzt 2021 offiziell mit einem klaren "Nein" ablehnte.  

Gleichzeitig hatte die Synodalversammlung des katholischen Reformprozesses Synodaler Weg im März mehrheitlich empfohlen, dass es in der katholischen Kirche in Deutschland Segensfeiern für homosexuelle Paare geben soll. Auch erhielt Ullmann Unterstützung von zahlreichen Stellen.

Kritik an der Entscheidung Woelkis

So kritisierten zwei Pfarrgemeinderäte im Erzbistum Köln das Verbot. Man sei "sehr enttäuscht" von den Reaktionen aus Rom und Köln und könne "nicht nachvollziehen, warum statt innerer Erfahrung und Erleben die Moral in den Vordergrund gerückt wird". Die "befreiende christliche Botschaft" gerate durch die ablehnende Reaktion in den Hintergrund.

Auch die katholische Reformgruppe Maria 2.0 befand die Abmahnung als "unerträglich". Während Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki den Segen für einen Zaun am Dom zum Schutz gegen Hunde zulasse, verweigere er dies hingegen sich liebenden Paaren, erklärte die katholische Frauenbewegung.

Reaktion von Pfarrer Ullmann 

Der gemaßregelte Mettmanner Pfarrer selbst kritisierte das gegen ihn ausgesprochene Verbot im Nachgang.

"Nach 38 Jahren in der Seelsorge befremdet es mich und macht mich auch traurig, dass ich mich in Widerspruch zur kirchlichen Lehre setzen muss, wenn ich die Menschen erreichen will", sagte der katholische Theologe dem "Kölner Stadt-Anzeiger".

Um den von Rom verlangten Umgang mit homosexuellen oder wiederverheirateten geschiedenen Paaren konsequent zu handhaben, "müssten wir über die Hälfte der Leute, die unsere Pfarrgemeinden tragen, von der Kommunion und den Sakramenten ausschließen", sagte Ullmann. Das sei undenkbar.

"In der Geschichte der Kirche war vieles verboten, was die Gläubigen sich irgendwann nicht mehr haben verbieten lassen", erklärte der Pfarrer der Gemeinden St. Lambertus Mettmann und St. Maximin Wülfrath. "Im bürgerlichen Bereich nennt man das zivilen Ungehorsam."

Er werde aber das von Woelkis Generalvikar Guido Assmann auf Betreiben Roms ausgesprochene ausdrückliche Verbot akzeptieren, erneut Segensfeiern für homosexuelle Paare abzuhalten, kündigte Ullmann an. Er sehe sich an sein Gehorsamsversprechen als Priester gebunden. Zum Vorgesehen Woelkis sagte er, der Kardinal hätte auch viele Möglichkeiten, das Verbot aus Rom abzubiegen: "Den Bischöfen in den Nachbarbistümern gelingt das ja auch."

Situation in Bayern

Auch in Bayern gibt es katholische Pfarrer, die queeren Paaren in der Praxis Segen spenden. So sagte Andreas Artinger, Pfarrer im Bistum Passau, BR24: "Wenn zwei Menschen zu mir kommen und sagen, wir bitten ganz bewusst um den Segen Gottes, dann sage ich nicht Nein. Warum ihnen den verweigern?" 

Bei seinen Segnungen wähle er passende Bibeltexte und Fürbitten aus, schreibe eine Predigt und segne sowohl das Paar als auch deren Ringe, falls gewünscht. "Letztlich versuchen sie, die gleichen Werte zu leben wie Mann und Frau", erklärt Artinger BR24.

"Sie sagen, wir wollen in Liebe, in Zuneigung, in Treue dieses Leben gestalten. Und dafür wollen wir um den Segen Gottes bitten. Mit welchem Recht verweigere ich zwei Menschen diesen Segen?"

Kirchenrechtliche Konsequenzen musste Artinger deshalb bislang laut eigener Aussage nicht erleiden.

Bayerische Bistümer uneinig

In Bayern hatten die Bischöfe aus München und Würzburg bei der Abstimmung des Synodalen Wegs für gleichgeschlechtliche Segensfeiern gestimmt, die Bischöfe von Passau, Regensburg, Eichstätt und Augsburg dagegen.

Wie die Bistümer in der Praxis nun damit umgehen, variiert laut BR24. Während eine Projektgruppe in München-Freising Vorschläge erarbeite, wie queere Segensfeiern künftig aussehen könnten, sei "eine solche Praxis" in Passau nicht bekannt. Eine offizielle Erlaubnis gibt es in keinem der Bistümer – es gelten offiziell überall das katholische Kirchenrecht und die Vorgaben aus Rom, die homosexuelle Praxis untersagen.

In Köln erwägen Priester nun eine Protestaktion vor dem Kölner Dom zum Jahrestag der Amtseinführung von Kardinal Woelki am 20. September – in Form eines queeren Gottesdienstes.

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Christophilos am Mo, 21.08.2023 - 09:14 Link

Das Dilemma der Kirche liegt in einem Selbstverständnis begründet, das nicht mit dem Geist der Botschaft Jesu korrespondiert, wonach eine richtige bzw. eine gute Handlung nur aus Einsicht in die eigene menschliche Schwäche und Fehlbarkeit getan werden soll. In dieser inneren Auseinandersetzung mit der eigenen Schwäche und Fehlbarkeit ist jene Erkenntnis möglich, die das Gute hervorbringt. Und ohne diese innere Auseinandersetzung bleibt jede Handlung heuchlerisch, selbst wenn sie nach außen hin richtig oder gut erscheinen mag. Aber Kirche verhindert eben diesen Erkenntnisprozess, indem sie meint, als eine Instanz fungieren zu müssen, die den Menschen reine Handlungsweisen vorgibt – eine Instanz, die ihnen verbindlich sagt, was die richtige und was die falsche Handlung sei. Gegen diese irrigen Meinung, dass Handlung an sich gut oder schlecht sind, ohne die innere Haltung des Handelnden zu berücksichtigen, hatte sich bereits Jesus vehement gewandt:

Weh euch Schriftgelehrten! denn ihr habt den Schlüssel der Erkenntnis weggenommen. Ihr kommt nicht hinein und wehrt denen, die hinein wollen. Luk 11, 25