Sonderführung "Tiere der Bibel"

Für den Zoopädagogen im Nürnberger Tiergarten, Christian Dienemann, ist klar:

"Das Buch der Bücher ist auch ein Biologiebuch."

Er hat daher eine Sonderführung "Tiere der Bibel" konzipiert. Dienemann liest Bibelpassagen nicht unter religiösen Aspekten, sondern "kulturgeschichtlich als Biologe", erzählt er. Dabei fällt ihm beispielsweise auf, dass im Raum Palästina bis Ägypten zu damaliger Zeit noch Flusspferde, Löwen - davon zeugt Daniel in der Löwengrube - oder Strauße natürlich vorkamen. Ein frühes, schriftliches Zeugnis über einen einstigen Lebensraum, in dem heute keine dieser Tierarten mehr in freier Wildbahn existiert.

Das Stab-Wunder von Moses

Mit einem Biologenblick erklärt der Zoopädagoge auch das Stab-Wunder von Moses (Exodus 4). Da befiehlt ihm Gott, einen Stab auf die Erde zu werfen, der sich daraufhin in eine Schlange verwandelt. Für Dienemann ist dieses Wunder ein Hinweis auf die Sandrennnatter, eine Schlangenart, die gern mal 120 Zentimeter lang wird. "Diese Schlange kann sich steif wie ein Ast machen, wenn sie sich bedroht fühlt."

Mensch und Tier in der Bibel

Die Bibel bietet auch eine interessante Lektüre mit Blick auf die Beziehung von Mensch und Tier. In biblischen Zeiten kannte man noch nicht die biologische Systematik von Familien, Gattungen und Arten. Daher wurden Tiere nach ihrer Genießbarkeit bezogen auf die Speisevorschriften unterteilt, erklärt Dienemann.

Nur "reine Tiere" mit gespaltenen Klauen - also Paarhufer - durften geschlachtet und gegessen werden, wenn sie zugleich auch Wiederkäuer waren. Das traf auf die damals bekannten Haus- und Arbeitstiere, also Rind, Schaf und Ziege, zu. Sie waren auch gleichzeitig Opfertiere. Kamel oder Schwein waren zwar domestiziert, galten aber als unrein klassifiziert. Denn das Kamel ist nur Wiederkäuer, das Schwein nur Paarhufer.

Tierschutz in der Bibel?

Dienemann, der die Idee von "Tiere der Bibel" bei seiner früheren beruflichen Station im Zoo Dortmund kennengelernt hat, entdeckt in der Heiligen Schrift auch einen "ersten Ansatz für Tierschutz". Er meint damit die genauen Schlachtanleitungen, die sich beim Lesen finden ließen. Hinter "Kümmert euch um eure Tiere" stecke die biologische Botschaft: Man darf zwar Tiere halten und essen, muss sie aber "gut behandeln". Diese Lektion könne heutzutage auch auf die Massentierhaltung angewendet werden.

Stationen bei dem Rundgang

Einen wahren Schrecken verbreiteten als biblische Plage die Heuschrecken, mit denen Gott die Ägypter strafte. Auch sie finden sich im Tiergarten, und Dienemann greift gern in den Käfig, um sie zu präsentieren. Interessanterweise gelten Wander-, Feld-, Laub und Springheuschrecken als rein und dürfen auf dem jüdischen Speisezettel stehen (Leviticus 11,22).

Eine Station beim Rundgang durch den Nürnberger Zoo ist der Ziegenstall. Schon in der Bibel werden beispielsweise die verschiedenen Farben der Ziegen erwähnt. Dieser bunte Mix verrät dem Biologen, dass Ziegen zu der damaligen Zeit schon lange Haustiere waren. Denn bei einer Domestizierung ist die Fellfarbe erst einmal gleich, führt Dienemann aus.

Besonderes Augenmerk wirft die Nürnberger Sonderführung auf den Esel, auf dem Jesus bejubelt in Jerusalem einreitet. Dabei fällt dem Zoobiologen auf, dass der Esel in die Gruppe der unreinen Tiere gehörte. Dass der Messias auf einem Eselfohlen einreitet, müsse also für viel Aufregung gesorgt haben, zumal damals das Pferd das gehobene Reittier für bedeutende Persönlichkeiten war.

Auf die Nürnberger Tiergarten-Sonderführung habe er positives Feedback bekommen, erzählt Dienemann. Jugendliche seien selbst von der ruhigen Schlange fasziniert, gerade dann, wenn sie das Schuppentier auch mal selbst anfassen oder halten dürfen.

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