Eine typische Kirchenmusikerlaufbahn ist es gerade nicht, auf die Michael Lippert, hauptamtlicher Kantor an der Ordenskirche Bayreuth und Komponist moderner kirchenmusikalischer Werke, heute zurückblickt. Erst im Alter von 18 Jahren erlernte er das Klavier- und Orgelspiel und begann nach dem Abitur zunächst ein Studium zum Textilingenieur in Münchberg.
Seit Mai 2022 Kirchenmusikdirektor
Doch es kam ganz anders: 1988 absolvierte er an der Hochschule für Evangelische Kirchenmusik in Bayreuth die Aufnahmeprüfung – und bestand. Als Kirchenmusiker und Komponist mit Leib und Seele widmet sich Lippert vorwiegend innovativen Werken und Musikprojekten im Spannungsfeld von Gottesdienst, Liturgie, Theater und Konzert mit dem Ziel, neue Zugänge zur Kirchenmusik zur eröffnen. Für sein Engagement und seine kirchenmusikalischen Leistungen - nicht zuletzt auch für seine eigenen Kompositionen – wurde er im Mai 2022 zum Kirchenmusikdirektor ernannt.
Michael Lippert wurde 1966 in Hof geboren und wuchs in dem kleinen Ort Kirchenlamitz auf, aus-gerechnet dort, wo die Kirchenmusik eher ein Schattendasein fristete. Mit 10 Jahren lernte er im Posaunenchor sein erstes Instrument: Trompete. Er wirkte nicht nur im Posaunenchor und in der Blaskapelle mit, sondern spielte auch immer wieder mit ein paar Jugendlichen an Sommerabenden mitten im Dorf Volkslieder und Choräle. Im Alter von 18 Jahren entschloss er sich schließlich, Klavier und Orgel zu lernen – und das kam nicht von ungefähr.
An die Orgel gesetzt und einfach probiert
"Ich war in Gößweinstein in einem Orgelkonzert, obwohl es mich zuvor zu so etwas nie hingezogen hatte", erzählt Lippert lächelnd, "und das hat mich so begeistert, dass ich mich gleich einen Tag später an die Orgel gesetzt und einfach probiert habe."
Während der Zeit seines Textilingenieur-Studiums in Münchberg hatte er Unterricht bei Dekanatskantor Hermann Engel, der ihn sehr förderte und schließlich so weit brachte, dass er an der damaligen Fachakademie für Evangelische Kirchenmusik in Bayreuth die Aufnahmeprüfung schaffen konnte. Eine wertvolle Zeit war für ihn aber auch der Zivildienst beim Windsbacher Knabenchor, wo er so richtig in die Musik hineinwachsen konnte.
Studium abgebrochen – für die Kirchenmusik
So brach Michael Lippert sein Studium in Münchberg ab, um 1988 das Studium für Evangelische Kirchenmusik in Bayreuth aufzunehmen und sich fortan ganz der Kirchenmusik zu widmen. Von 1992 bis 2005 war er Dekanatskantor in Naila, ehe er schließlich 2006 seine jetzige Stelle als Kirchenmusiker an der Ordenskirche in Bayreuth antrat.
"Der späte Start war natürlich nicht ganz einfach, aber er hatte auch seine Vorteile", sagt Lippert:
"Ich war selbstständiger, da ich mir vieles selbst erarbeiten musste, und bin mit allem etwas unbefangener und freier umgegangen."
Diese zweite hauptamtliche Kantorenstelle an der Ordenskirche sollte von vorneherein ein anderes Profil erhalten als die des Dekanatskantors an der Stadtkirche Heilig Dreifaltigkeit. Im Mittelpunkt steht hier nicht das klassische Repertoire, sondern eigene, moderne Werke des Kantors mit Video- und Lichtinstallationen.
Insgesamt fünf Stücke hat er bereits komponiert und aufgeführt. Den Anfang bildete 1998 das Weihnachtsmusical, es folgten die Passionsbetrachtung "Golgatha" und die "Träumenden Bäume", "Die Schlangeninsel", "Der Mönch am Meer", "Christophorus", "Sonnenwinter" sowie "Der vierte König".
Musik seiner Werke kaum einzuordnen
Die Musik seiner Werke lässt sich kaum in eine bestimmte Sparte einordnen, so vielfältig sind die einzelnen Elemente. Es ist eine Musik, die sich aus der klassischen Tradition und der Kirchenmusik heraus entwickelt und neue Elemente aufnimmt, jenseits von Popmusik und Gospel. Dabei hat jedes Werk seinen eigenen, unverwechselbaren Charakter – angefangen von dem mit spanisch-andalusischer Folklore angehauchten "Golgatha" über den meditativen Grundton in den "Träumenden Bäumen" bis hin zum einfachen Choral und einer Slapstick-Filmmusik der 20er-Jahre in "Der Mönch am Meer".
"Ich denke viel von der Dramaturgie und dem Theater her", erzählt Michael Lippert, "erst ist die Geschichte da und dann finde ich die passende Musik dazu, die Gregorianik, den Choral, aber auch moderne Musik wie Cluster und Zwölftonmusik."
Lobgesang auf die Schöpfung
Das theologische Konzept zu seinem aktuellen Werk "Die Messe des Kosmos" hat er gemeinsam mit der Schöpfungstheologin Enzner Probst entwickelt. Die Messe ist ein Lobgesang auf die Schöpfung und den Schöpfer und erzählt davon, wie Gott sich in seinem Wort, aber auch in seiner Schöpfung offenbart, und von der Aufgabe des Menschen, im Einklang mit Gott die Schöpfung zu vollenden.
Aufgrund der langen Corona-Zwangspause konnte die Messe als Ganzes noch nicht aufgeführt werden und so schuf Lippert kurzerhand das neue Format der "Lichtklanginstallationen" mit Musikausschnitten und Videoprojektionen, die einige Tage sozusagen in "Dauerschleife" in der Ordenskirche liefen und viele Besucher anlockten.
Die Uraufführung der Messe ist für 2023 geplant, denn jetzt bereitet sich Lippert erst einmal auf das große Martin Luther King-Musical vor, das Corona bedingt einige Male verschoben werden musste und im Herbst nun endlich auf die Bühne gebracht werden kann.