Das Sonntags-Special an diesem Sonntag, dem 17. Februar 2019, hat es gleich in einem doppelten Sinn mit dem Neu-Durchdachten zu tun. Um 10 Uhr lädt das Special-Team zu "Gott – der ganz Andere" ein, zu einem Sonntags-Special über den Theologen Karl Barth.
Das ist im wahren Sinne schwerer Stoff, füllt das Hauptwerk des Schweizers, die "Kirchliche Dogmatik", doch ein ganzes, gar nicht einmal besonders kurzes Buchregalbrett. Wegen der hellen Leinenumschläge der Originalausgabe wurde Karl Barths grundsätzlich neue Durchdringung der zentralen theologischen Fragen auch "der weiße Wal" genannt.
Reaktion auf den Besucherschwund
Wolfgang Weich, der erste Pfarrer an der Christuskirche, betreibt das Special-Team gemeinsam mit einem halben Dutzend Laien. Mit dem Gründer der Bekennenden Kirche Barth kocht er keinesfalls einfach sein Promotionsthema noch einmal auf. Seinen Doktor hat Weich nämlich in Physik gemacht, in theoretischer immerhin. Er sagt, an diesem Sonntag wolle man versuchen, "sich Karl Barth mit einfachen Mitteln" zu nähern. Eins dieser Hilfsmittel war in den vergangenen Monaten der Vorbereitung das "Karl-Barth-Magazin" der EKD, wobei auch das Porträt des Theologen im Sonntagsblatt die Gruppe erheblich ermuntert hatte.
"Wie sind wir auf das Thema gekommen?", das wird bei der großen experimentellen Andacht an diesem Sonntag das erste von vier Kapiteln sein. Es folgen ein biografischer Abschnitt und einer zur Theologie Barths. Weich zwei Wochen vor der Veranstaltung: "Das soll ich dann wohl machen." Konzentrieren wird sich der Pfarrer auf einige wesentliche Kernaussagen Barths wie zum Beispiel die All-Versöhnung. Sofern dessen Gegnerschaft gegen die Nationalsozialisten noch nicht den zweiten Teil des Vormittags bestimmt hat, kann der vierte Teil darauf zurückkommen. Hier fragen ein oder zwei Teammitglieder – und wenn möglich alle Teilnehmer an diesem Special: "Wie würde Karl Barth sich in der heutigen Gesellschaft engagieren?"
Musik wird diese vier Kapitel umrahmen und voneinander abgrenzen. Am Anfang und Ende stehen Mozart-Melodien, passend zu Barths Vorliebe. Es fragt sich allenfalls, was er dazu gesagt hätte, dass bei dieser Mozart-Interpretation ein Akkordeon im Mittelpunkt steht.
"Kirchenmusik ohne Orgel" ist eins der Charakteristika der Schweinfurter Sonntags-Specials, wenn auch kein dogmatisches. Die Musiker, ja die Musikepochen, aus denen die Partituren stammen, wechseln jedes Mal. Das unterscheidet die Christuskirchen-Specials von den anderen Besonderen Gottesdiensten in der Stadt, den MehrWegGottesdiensten der Citykirche. Die begleitet eine feste Band mit poppiger Besetzung, die sogar MehrWegBand heißt.
Specials ohne liturgischen Rahmen
Für die Specials wird die Bezeichnung Gottesdienst bewusst vermieden. Denn sie haben keinen liturgischen Rahmen. Bis zum letzten Jahr fanden sie auch nicht zu Gottesdienst-Zeiten statt, sondern waren ein zusätzlicher Termin. "Heuer ersetzt das Special den Gottesdienst", verweist Wolfgang Weich auf die neue Anfangszeit, "damit nicht eine Veranstaltung der anderen die Besucher wegnimmt."
Das nämlich hat die Special-Macher zuletzt enttäuscht: Teilnehmerschwund. Das war noch anders, als das Sonntags-Special vor 23 Jahren aus der Taufe gehoben wurde. Weich: "Am Anfang stand Auflehnung gegen die Strenge auch der liturgischen Formen in der Kirche." Damals feierte man noch monatlich, mittlerweile beschränkt sich die besondere Veranstaltung aufs Vierteljährliche.
Mit ausgefallenen Ideen
Echt außergewöhnliche Themen und Formen hat man schon gefunden. Dass bei einem Männer-Gottesdienst ein Männerbeauftragter auf die Kanzel geht, wundert zwar noch nicht. Aber ein deutsch-finnischer Doppelgottesdienst, der in Echtzeit per Skype-Kamera über die Ostsee hin und her gesendet wird, das war schon eine ausgefallene Idee. Manchmal sei es, sagt Wolfgang Weich, "schwierig, sich immer wieder etwas ganz Neues auszudenken". Aber dann naht schon wieder der sommerliche Draußen-Gottesdienst und es entwickeln sich Gedanken wie der zum Thema "Auftanken" – was auch als MehrWegGottesdienst-Motto denkbar wäre – an eine Tankstelle zu gehen.
Und noch etwas ist speziell: "Es hat kein Generationenwechsel stattgefunden", seit je entwickeln dieselben Leute das Special, nur ihr Pfarrer hat zweimal fluktuiert. Der seit knapp sechs Jahren amtierende Weich findet gerade das so spannend – "wie eine seit Langem bekannte Gruppe ganz verschiedene Themen angeht". Der Seelsorger macht sich sichtbar zu deren Mitglied: Das Sonntags-Special begeht er nicht im Talar, sondern wie alle im Sonntagsgewand.