Es soll inzwischen Menschen geben, die keine Nachrichten mehr lesen und hören wollen – so sehr belastet sie der Zustand des Weltgeschehens. Corona, Ukrainekrieg und Klimakrise – und nun auch noch das verheerende Erdbeben in Syrien und der Türkei: Wenn man an den Zustand der Welt denkt, kann einem traurig zumute werden.

Ob es eine Lösung sein kann, den Bildschirm schwarz, den Ton aus und die Zeitung zuzumachen, erscheint allerdings fragwürdig. Die Realitäten zu verdrängen führt in die Dunkelheit. Die Folge ist noch mehr Verunsicherung anstatt eines beruhigenden Gefühls, dass die Zukunft gestaltbar ist.

Licht ins Dunkel bringen, Zustände erhellen, den Menschen zum Leuchten bringen

Die trostlose Ausgangslage der Welt dürfte indes auch die evangelische Kirche bewogen haben, die Passionszeit unter das Motto "Leuchten! Sieben Wochen ohne Verzagtheit" zu stellen. Dass dies kein Aufruf zur rosaroten Brille, zur Verklärung der Realitäten ist, verrät das Prädikat "Leuchten", das dem Fastenmotto vorangestellt ist: Licht ins Dunkel bringen, Zustände erhellen, den Menschen zum Leuchten bringen. Dieses Menschenbild legt sowohl die Aufklärung als auch die christliche Erzählung zugrunde. Sie brachten einen substanziellen Begriff von Freiheit hervor, der in Krisen- und Katastrophenzeiten das erste Opfer zu werden droht.

Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, dass sich einer aktuellen Umfrage zufolge eine Mehrheit von Kirchenmitgliedern eine klare politische Haltung der Kirchen wünscht. 62 Prozent der Mitglieder der evangelischen Kirche und 60 Prozent der Katholiken finden es richtig, dass sich die Kirchen "in aktuellen politisch-gesellschaftlichen Fragen deutlich positionieren", wie aus den Ergebnissen einer Umfrage der Managementberatung Horváth hervorgeht. In der Gesamtbevölkerung befürworten demnach 52 Prozent eine deutliche Positionierung der Kirchen in politischen Fragen. Die Zustimmung ist dabei bei Jüngeren bis 40 Jahre größer als bei Älteren.

Kirche wird als wichtige Stimme wahrgenommen

Das lässt den Schluss zu, dass die Kirche als wichtige Stimme wahrgenommen wird und dass vor allem junge Menschen sich Orientierung wünschen, auch im Streben danach, die Erde für künftige Generationen zu erhalten.

Es sieht so aus, als bräuchte es mehr denn je eine christlich-politische Erzählung, wie Menschen sich besser umeinander und um die Lebensgrundlagen sorgen können. Die auch die Demokratie auf ihre Versprechungen hin überprüft und auf die Einhaltung von Menschenrechten drängt.

Der moralische Kompass der Kirche wird gebraucht. Zumindest das lässt hoffnungsfroh nach vorne schauen.

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