Mit einem ungewöhnlichen Projekt beginnt am 28. Juni die 68. Internationale Orgelwoche Nürnberg (ION): Bei "SingBach" bestreiten mehr als 250 Nürnberger Grundschüler unter Leitung von Friedhilde Trüün ein Konzert in der Lorenzkirche. Musik bereite ihr ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit und der Freude, sagt die Kinderstimmpädagogin und Kirchenmusikerin. Das will sie an die Kindern weitergeben. Sie sagt: Begeisterung ist Dünger für den Gesang, und diese Begeisterung bleibt.

Frau Trüün, innerhalb weniger Proben sollen vor dem großen Konzert hunderte Schüler "singfest" gemacht werden. Wie geht das mit den Nürnberger Mädchen und Jungen vonstatten? 

Trüün: Die erste große Voraussetzung zur Durchführung des Projektes SingBach ist die Begeisterung der Lehrkräfte. Bei einem Einführungsseminar mit den beteiligten Lehrkräften, die mit ihren Klassen das Projekt durchführen möchten, habe ich die Basics der Kommunikation mit den Kindern beschrieben, die da sind: Begeisterung, Beziehung und Kompetenz sind miteinander verbunden. Die Lieder werden im Rahmen einer gemeinsamen Projektwoche mit allen Kindern und den Lehrkräften einstudiert.

Das wird in zwei Gruppen erfolgen. Jede Gruppe besteht aus etwa 120 Kindern. Ein Korrepetitor wird mir in dieser Zeit zur Verfügung gestellt werden. Die Einstudierung der zwölf zu singenden Lieder erfolgt folgendermaßen:

Ich singe den Kindern die Melodien vor und zeige gleichzeitig mit gebärdenunterstützenden Gesten und mit stimmbildnerischen Gesten den Text dazu.

Das Verhältnis des Erlernens der Kinder von Melodie zu Text ist 1:3, die Melodie wird sofort erfasst, beim Text dauert es länger, daher die Hilfe über die Gesten. Diese Gesten werden die Kinder am Anfang mitmachen, die Älteren Kinder werden sie ablegen, wenn sie den Text erfasst haben.

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht mit dem, was Sie an Noten und Stücken Grundschülern zumuten können, so dass diese ein Erfolgserlebnis und die Zuhörer ein tolles Konzerterlebnis haben? 

Trüün: Ich mute den Kindern Großartiges zu, und damit beginne ich auch die Probe: der Zauberblick der Kinder, nicht zuviel, aber auch nicht zu wenig. Der Grad ist schmal zwischen albern sein und cool sein, alles das wird mit den Kindern gespielt und wahrnehmbar gemacht, gleich am Anfang der ersten Probe. Das Publikum, in den meisten Fällen ja die Eltern, möchten die Kinder sehen und hören. Das bedeutet, das erste Bild, das die Kinder abgeben, ist eminent wichtig, so wie auch der erste Höreindruck. Der erste Ton entscheidet, ob das Publikum zuhört oder nicht. Auch hier fordere ich die Kinder zum Wahrnehmen auf. Ich vergleich das manchmal mit dem Speeddating: der erste Moment ist wichtig.

Wenn Kinder in der Nürnberger Lorenzkirche singen, dann sind das meistens die Windsbacher Knaben. Diesmal ist der Anlass immerhin die ION. Wie nehmen Sie Kindern und Angehörigen die Scheu?

Trüün: Kinder haben diese Scheu nicht, und viele Kinder wissen auch nicht, wer die Windsbacher sind. Und doch erlebe ich immer wieder Knaben mit Goldstimmen, die von ihrer Stimme bisher nichts wussten. Diese werden bei Dona nobis pacem aus h-Moll-Messe am Schluss des Konzertes ein kleines Solo singen. Darum geht es mir: der Konzertort soll geöffnet sein für alle, auch für die SingBach Kinder.

Aus ihnen wird nur dann ein Sänger, eine Sängerin, wenn sie die Musik selber erfahren und das tun sie in SingBach: mit ganzer Seele und von ganzem Herzen - das ist meine Aufgabe.