Johann Müller ist und war nie ein Popstar. Als hart arbeitender Schreinermeister, der den elterlichen Betrieb in Burghaslach übernommen hatte, hat Müller sich neben seiner Arbeit, der mittlerweile 33 Jahre währende Ehe mit Inge und den vier mittlerweile erwachsenen Kindern mit dem Gitarre spielen und Songs dichten aber schon lange eine Extravaganz gegönnt, wie sie die Menschen im Aischgrund nur selten zeigen. Die Musik war für den "Steigerwald Bob Dylan", wie er von Freunden und Fans schon früh genannt wurde, aber sicher immer Art Ventil zum Arbeitsalltag und die Flucht in eine andere, musische Welt. Dass Müller eben nicht nur mit Hammer und Hobel kann, sondern ebenso akribisch virtuose Fingerpicking-Techniken auf den sechs Saiten erlernt hat, können die Besucher bei seinen Konzerten hautnah miterleben. Und wenn er sich die Mundharmonika noch umschnallt und seine Lieder auf ungekünstelte, ausdrucksstarke Weise singt, dann hat man manchmal tatsächlich das Bild des US-amerikanischen Songpoeten vor sich, mit dem Müller so gerne verglichen wird.

Vielleicht ist dieses Yin und Yang aus "Musik und Möbel", wie Müller auch seine Webseite genannt hat, irgendwann ins Wanken gekommen. In Gnodstadt singt er zum ersten Mal sein im September 2018 in einer psychosomatischen Klinik entstandenes Lied "Zeit", das genau sein damaliges Dilemma beschreibt, aber auch die Hoffnung, sich daraus zu befreien. "Man übersieht so oft, was wichtig ist", singt Müller und spricht von der bislang wohl dunkelsten Phase seines Lebens, in der ihm sogar der Mut fehlte, die Gitarre wieder mal in die Hand zu nehmen, die ihm über die Jahre doch so viel Kraft geschenkt hatte.

Schwieriges Liebesliederschreiben

Gut, dass er´s wieder getan hat. Und da Johann Müller als "zwischen Scheinfeld und Schlüsselfeld geborener" zwar grundehrlich und geradeheraus, aber kein nach Mitleid heischender Selbstdarsteller ist, wird diese Nabelschau eben nur zur Episode in einem rund zweistündigen Konzert, bei dem es vor allem viel zu lachen für das Publikum gibt. Sogar beim Liebeslied für seine Inge, bei dem Müller bekennt, dass "Liebeslieder schreiben immer schwieriger wird, je länger man verheiratet ist." Oder beim lakonischen Song über die Polizei, die ständig Autofahrer anhält und die man zum Abschrecken eventuell selbst mal anhalten müsse, um die Beamten zu bitten nachzusehen, ob auch wirklich alles in Ordnung ist.

Da er auf Einladung des Männergesangvereines Gnodstadt gekommen ist, der in diesem Jahr sein 150-jähriges Jubiläum feiert, müssen die anwesenden Mitglieder auch hin und wieder mitsingen. Das lockert auf, selbst bei politischen Liedern über den Umgang mit Flüchtlingen oder die Hahnenkämpfe in den kommunalen Gemeinderäten, die der "wertkonservative Anarchist" ebenso im Gepäck hat. Was das ist, erklärt er natürlich, und gibt damit eine Definition eines wirklich fränkischen Liedermachers: "einer, der die Gosch aufmacht und sagt, was er denkt." Das macht Johann Müller hoffentlich noch lange - und spielt dazu weiterhin eine so tolle Gitarre.