Um 1500 wütete die Pest in Nürnberg. Die Stadt entschied, die vielen Toten nicht mehr rund um die Kirchen, sondern außerhalb der Stadtmauern zu begraben. Der bisherige Hauptbegräbnisort in der Lorenzer Altstadt rund um die Kirche wurde wie viele andere aufgelassen. Doch im Zentrum Nürnbergs starben weiter Menschen, darunter nicht nur Bürger, die das nötige Kleingeld oder den passenden Stand für ein eigenes Grabrecht besaßen.

So entstanden auf dem neuen, dem "Pestheiligen" Rochus von Montpellier geweihten Friedhof, "Bürgergruben" für diejenigen, die wenigstens das Bürgerrecht der Stadt besaßen, für die untersten Schichten sogenannte "Gemeingruben". "Zehntausende wurden hier in Massengräbern bestattet", sagt Antonia Landois und zeigt auf die Fläche neben der heutigen Aussegnungshalle und den Platz mit Containern und Kompost. Namenlose Tote inmitten der rund 3.500 Grabplatten, die den Friedhof säumen. Das sind etwa 3.000 weniger als auf dem berühmteren Johannisfriedhof mit dem Albrecht-Dürer-Grab als touristischem Highlight.

Nicht nur Promi-Gräber sind auf dem Rochusfriedhof interessant

Der Rochusfriedhof hat mit den Grabmalen des Bildhauers Peter Vischer und des Komponisten Johann Pachelbel auch ein paar "Promis" zu bieten. Für die städtische Archivarin viel interessanter sind aber die Epitaphien von Menschen mit Berufen, die vor 500 Jahren noch als "unehrenhaft" galten und daher eigentlich nach geltendem Recht in Nürnberg nicht hier hätten bestattet werden dürfen. Zum Beispiel Georg Harlas, Pfannenschmied und Totengräber in Personalunion, der auf der Platte seines Grabsteins seine zwei Frauen, vier Töchter und sieben Söhne verbildlichen ließ. Nur eine der Töchter wird ohne ein Kreuz dargestellt - sie war die einzige, die noch am Leben war, als Harlas das Zeitliche segnete.

Oder der Tuchmachergeselle Franz Jordan, der seiner Zunft eine ganze Grabstätte stiftete. "Im Lauf der Jahre wurden immer wieder Tuchmacher hier begraben, normalerweise hätten sie an diesem Ort nicht ihre letzte Ruhe finden dürfen", erklärt Landois. Wie auch der bekannteste Henker der alten Reichsstadt, Franz Schmidt, auf dessen Konto 361 bezeugte Hinrichtungen gehen. Er hatte sich bereits im Alter von rund 30 Jahren im Jahr 1585 sein Epitaph für die Grabstelle anfertigen lassen, wie heute noch zu entziffern ist. Erst als Schmidt, der auch als Mediziner tätig war, 1593 das Bürgerecht erworben hatte, war der Weg frei für eine ehrenhafte Bestattung.

Probleme mit Vandalismus

Die Gräber auf dem Rochusfriedhof sind alle kartiert. Die Nummern 1 bis 19 fehlen aber. Die Gründe dafür weiß auch Heiko Leuchtenstern nicht, der die Ruhestätten hier aber wie kaum ein Zweiter kennt. Der Pensionär und passionierte Fotograf hat rund 24.000 Fotos im Auftrag des Stadtarchivs geknipst, jedes Grab aus mehreren Perspektiven und die teils kunstvollen Epitaphien im Detail. "So werden sie wenigstens bildlich erhalten", sagt er und zeigt auf einige Schilder, von denen Vandalen sich ein Stück abgebrochen haben, oder Stellen, an denen Bronzeplaketten gewaltsam aus ihrer Verankerung gerissen wurden. Ein echtes Problem auf diesem Friedhof.

Kaum ein Problem ist es aber, hier eine eigene Grabstätte zu finden, erklärt Elfi Heider, Leiterin der evangelischen Friedhofsverwaltung des Friedhofsverbands St. Johannis und St. Rochus. Es gebe immer wieder freie Plätze. Voraussetzung sei allerdings, dass man einer Kirche angehört, die wiederum Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland ist.

In der Rochuskapelle selbst werden seit 500 Jahren ausschließlich die Mitglieder der Stifterfamilie Imhoff bestattet. Aber für alle kirchlichen Beerdigungen auf dem Friedhof kann sie genutzt werden. Ein Schatzkasten ist sie nicht zuletzt wegen ihrer vielen Kunstwerke aus Malerei, Glas, den Plastiken und den drei Altären.