Sarah ist 16 Jahre alt, bildschön, bitterarm. Das junge Mädchen lebt allein mit seiner Mutter in einer Barackensiedlung in Casablanca, Marokko. Nur schlecht gelingt es der Mutter, die beiden durchzubringen. Häufig bestiehlt sie ihre wechselnden Liebhaber und steht dadurch mit einem Bein im Gefängnis. 

Sarah stellt sich intelligenter an und ist ambitioniert: sie will einen Mann, der "so reich wie der König" ist, was dem Debütroman von Abigail Assor den Titel verleiht.  

Kühl und kalkuliert auf der Suche nach einem reichen Mann

Sarah ist Französin, ihre Mutter folgte einem Liebhaber nach Marokko, der sie sitzen und dort stranden ließ. Doch die Teenagerin zeichnet ein überaus starker Wille aus, ihren "König" zu finden. Im Umfeld des Französischen Gymnasiums von Casablanca ebenso wie in ihrem Freundeskreis aus der Oberschicht geht sie auf die Pirsch.

Weil sie clever ist, verschafft sie sich Zutritt zur Clique aus dem Villenviertel auf den Hügeln der Stadt, die in üppigen Gärten Joints raucht, an Pools chillt und nachts durch die Clubs der Stadt zieht. Dort sucht Sarah zielstrebig nach einem zukünftigen Ehemann – kühl, kalkuliert, kompromissbereit. Mit äußerster Sorgfalt pflegt sie ihre Fassade. 

"Sie trug aus Paris importierte Jeans (…). Noch nie hatte man ihren Chauffeur gesehen, aber man hatte sie auch noch nie in einem Bus gesehen. Man sah, dass sie Französin war, hübsch, ganz nach dem Geschmack der Jungs, man konnte bemerken, dass sie den Unterricht schwänzte (…) Aber man konnte nicht ahnen, dass sie arm war; das war unmöglich."

Und Sarah ist nicht anspruchsvoll. Ausgerechnet der introvertierte, schüchterne Driss soll es sein - ihr reicher König. Zwar ist er nicht besonders attraktiv, aber er gehört einer der wohlhabendsten Familien Marokkos an. Sein Vater ist im Import-Export tätig, handelt mit Textilien bis hin in die USA.

Flucht aus der Armut und vor den reichen Eltern

Zielstrebig schmeißt sich Sarah also an den jungen Driss heran, erobert ihn – auf der Grenze zwischen Berechnung und aufkeimender Liebe tänzelnd. Hat Driss anfangs nur Augen für sein Motorrad, beißt er allmählich an. Auch obwohl er Sarahs Tarnung durchschaut, weil ihr dann doch die teure Uhr und der wertvolle Schmuck als Statussymbole fehlen. 

Die beiden kommen schließlich zusammen, womöglich verlieben sie sich sogar. Auf jeden Fall sehen sie in ihrem Gegenüber ihre Chance auszubrechen. Sarah aus der Armut, Driss aus seinem strengen Elternhaus.

"Nach dem Abitur hatte sein Vater ihn nach Frankreich geschickt (..). Er hatte ihn in einer ihrer Wohnungen in Paris untergebracht, hatte die Business School bar bezahlt und ihm jeden Monat 30.000 Dirham geschickt."

Der Vater investiert in seinen Sohn wie in eines seiner Geschäfte, doch die Anforderungen sind hoch, die Erwartungen seines Vaters schier unerfüllbar. Auch was seine Freundin angeht. 

Ungewöhnliche Liebesgeschichte zwischen Schönheit und Härte

Am Ende findet der junge Driss den Mut, Sarah seiner Familie vorzustellen. Und die Zeit drängt, denn Sarah ist bereits schwanger. Doch ob sie die strengen Regeln der marokkanischen Oberschicht erfolgreich bezwingen… Lesen Sie selber! 

Denn Abigail Assor erzählt so eingängig und spannend von der sich entwickelnden Liebe und dem pulsierenden, von Gegensätzen geprägten Marokko der 1990er Jahre, dass ich das Ende hier nicht verraten kann. Dramatisch bis zum Ende beschreibt die Autorin die Wirklichkeit Casablancas von Arm und Reich, ihren Stränden, Bars und Restaurants, von der korrupten Polizei bis hin zu den raffinierten Kaugummi-Verkäufern. "So reich wie der König" ist eine überraschende Liebesgeschichte im Wechselspiel aus Schönheit und Härte. 

Abigail Assor (2022): So reich wie der König. Insel-Verlag; 224 Seiten, 23,00 Euro.

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Die Autorin Abigail Assor

Die Autorin Abigail Assor wurde selber 1990 in Casablanca geboren. Sie lebte dort bis sie mit 17 Jahren nach Paris zog. Nach einem Studium der Philosophie und Soziologie widmete sie sich dem Schreiben und dem Film. "So reich wie der König" ist ihr erster Roman. Absolut lesenswert!