Seit Jahren wird die Streichung von §219a gefordert. Der neue Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte bereits Ende 2021 angekündigt, dass er dieses Thema angehen möchte. Anfang der Woche hat er seinen Worten Taten folgen lassen und einen Referentenentwurf vorgestellt.
Umgangssprachlich hört man im Zusammenhang mit §219a immer wieder die Formulierung "Werbeverbot für Abtreibungen". Mit Werbung hat das Ganze aber überhaupt nichts zu tun.
Warum §219a zu streichen nicht ausreicht
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte in einem Interview, dass §219a "zu einer objektiven und seriösen Beratung und Information der Frau in einer Konfliktsituation" beitrage. Nein, Herr Bätzing, das tut er nicht.
Seit Jahren sorgt der Paragraph dafür, dass schwangere Menschen in dieser schwierigen Situation alleine gelassen werden. Dass man sich emotional aufgewühlt durchs Netz klickt, um kleine Häppchen an Informationen zu bekommen, um eine Entscheidung zu treffen, die das ganze Leben beeinflusst. Und lassen Sie sich an dieser Stelle gesagt sein, dass niemand diese Entscheidung leichtfertig trifft. Außerdem wage ich zu bezweifeln, dass sich ein Mann, der sich zudem dem Zölibat verschrieben hat, jemals in die Lage ungewollt oder ungeplant Schwangerer hineinversetzen kann.
Abtreibung in der Mittagspause? Wohl kaum!
Kein Arzt und keine Ärztin wird nach Abschaffung dieses Gesetztes erstmal eine Großbestellung an Neonschildern aufgeben, auf denen dann zu lesen ist:
"Zwei Abtreibungen zum Preis von einer!" Als würden die Menschen dann einfach fröhlich in der Mittagspause in eine Praxis marschieren, um zwischen Zoom-Konferenz und Monatsabschluss mal schnell eine Abtreibung machen zu lassen. Nichts an einem Schwangerschaftsabbruch ist "mal schnell". Nach der Bestätigung der Schwangerschaft durch Fachpersonal erfolgt eine Aufklärung durch eine Stelle wie zum Beispiel Pro Familia und dann muss die Person noch einige Tage verstreichen lassen, bevor der Eingriff durchgeführt werden kann.
Wenn man überhaupt jemanden findet, der oder die das tatsächlich tut. Zwar sind die Bundesländer dazu verpflichtet, ein "ausreichendes Angebot ambulanter und stationärer Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen" (§13 SchKG) sicherzustellen, aber gerade in Bayern ist die Situation prekär, weil in manchen Regierungsbezirken niemand einen Abbruch vornimmt. Zusätzlich zur seelischen Belastung kommt auf viele Betroffene noch eine weite Anreise dazu.
Ein wichtiger Schritt, der noch nicht ausreicht
Die Streichung von §219a ist ein überfälliger Schritt in Richtung eines selbstbestimmten und gesunden Lebens von gebärfähigen Menschen. Daran, dass es zu wenige Stellen für Schwangerschaftsabbrüche gibt, vor allem in Bayern, ändert sie trotzdem nichts.
Eine Sache ist auf jeden Fall klar: Schwangerschaftsabbrüche gibt es und wird es auch immer geben, ob es nun legal oder illegal ist. Ob darüber informiert werden darf oder nicht. Das muss einem nicht gefallen. Die Streichung kann aber dafür sorgen, dass bei Abbrüchen die körperliche Gesundheit der schwangeren Person nicht darunter leidet und die psychische Belastung verkleinert wird. Und das ist ein Anfang, ob es ein Ende der Diskussion bringt, wage ich aber zu bezweifeln.