Wen würde Martin Luther wählen? Würde er erst einmal im Internet den Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung anklicken?

Der vor 500 Jahren schon den »Neuen Medien« äußerst zugewandte Reformator würde sich bestimmt nicht nur online informieren, sondern seine Gedanken auch über Facebook, Instagram, Twitter & Co. verbreiten. Klar ist aber auch, dass Luther sich über die (Stil-)Blüten vieler Parteien wundern würde.

Am meisten wohl über die Wahlwerbung der NPD, die ein Plakat mit Luthers Konterfei entworfen hat und ihn darauf sein Kreuzchen mit dem Satz »Ich kann nicht anders« machen lässt. Nun, vielleicht hätte sich Luther bei den Rechtsextremen in einigen Thesen bestätigt gesehen. Sicher aber hätte er protestiert, wenn ohne zu fragen sein Kopf zu Werbezwecken missbraucht worden wäre.

An zwei Parteien wäre der Blick Luthers wohl hängen geblieben: bei den Liberalen, auf deren Plakaten Parteichef Christian Lindner sinnlich wie ein Model dreinblickt und man sich fragt, in welcher Parfümerie man diesen Herrenduft »FDP« wohl kaufen kann; und dann gibt es noch eine andere extreme Partei, die mit einem Promi wirbt: Die marxistisch-leninistische Partei Deutschlands lässt Che Guevara für »Internationale Solidarität« werben. Immerhin auch ein Revoluzzer, das hätte Luther vielleicht ein bisschen gefallen.

Wahrscheinlich ginge es Luther in diesen Tagen genauso wie den meisten Deutschen, die sich im Einheitsbrei, den vor allem die beiden Volksparteien anzubieten haben, eine Mischung von allen Parteiprogrammen wünschen würden und ihr Kreuz dort machen, wo sie das vermeintlich kleinste Übel vermuten.

Könnte aber auch sein, dass Luther dann das tun würde, was er schon vor 500 Jahren gemacht hat: eine neue Partei gründen.