Die neuen Pläne der Bundesregierung für ein Einwanderungsgesetz haben die 160 Teilnehmer des ersten gesamtbayerischen Asylgipfels in München begrüßt. Ein "Spurwechsel" für arbeitende Asylbewerber sei gut, sagte der Mitinitiator des Treffens, Pfarrer Jost Herrmann aus Schongau. Es müssten aber auch Voraussetzungen geschaffen werden, dass alle Asylsuchenden arbeiten könnten. Die Flüchtlingshelfer wollen außerdem, dass die Unternehmer, die Flüchtlinge einstellen, einfacher eine Erlaubnis für diese Anstellungen bekommen.
Die Teilnehmer des Gipfels in der Abtei St. Bonifaz verabschiedeten zehn "Handlungsempfehlungen" an die Regierung, darunter die Forderung, allen Flüchtlingen Sprachkurse zu ermöglichen. Auch müsse es für Asylsuchende leichter sein, private Wohnungen zu beziehen. Außerdem sollten die "Experten von der Basis", die Ehrenamtlichen in der Asylarbeit, von der Staatsregierung stärker in den Diskurs miteinbezogen werden. "So hätte sich mancher Irrweg der Vergangenheit vermeiden lassen", stellte Herrmann fest.
Erster gesamtbayerischer Asylgipfel mit 160 Teilnehmern
Zu Beginn des Treffens hatte der Soziologieprofessor Stephan Lessenich von der Ludwig-Maximilians-Universität München für einen mit Humanismus gekoppelten Realitätssinn in der Flüchtlingsfrage geworben. Das Ziel, 350.000 Menschen abzuschieben, sei nur mit Autoritarismus und einer zunehmenden Militarisierung "nicht nur an den Außengrenzen, sondern auch nach innen" zu erreichen.
Gesellschaft und Politik müssten wahrnehmen, dass Deutschland ein Einwanderungsland "war, ist und bleibt", sagte der Soziologe und forderte "ein Ende der Gleichgültigkeit". Antworten auf die auch im Migrationsbereich drängenden Fragen nach Wohnraum, Arbeit, Bildung und gutem Leben würden nicht nur Zuwanderern helfen, sondern allen Bürgern.
Verleger Simon für "Koalition des Hirns"
Für eine "Koalition des Hirns" warb Zeitungsverleger Michael Simon. "Es ist offensichtlich, dass jeder einzelne Tote im Mittelmeer ein zu hoher Preis ist dafür, dass wir um jeden Preis unseren Lebensstil aufrecht erhalten wollen", sagte der Geschäftsführer der Wochenanzeiger Medien GmbH. Die aktuelle Abschottungspolitik der EU verglich er mit dem Löschen von Durst mit Salzwasser: "Hilft nur ganz kurz, danach ist es doppelt so schlimm."
Aus Arbeitgebersicht sagte der Verleger, dass viele mittelständische Betriebe dringend Arbeitskräfte bei gleichzeitiger Planungssicherheit und einem Abbau von Bürokratie bräuchten. Dennoch warnte Simon vor "Behördenbashing": Das Schimpfen auf die oftmals überforderten Behörden "stärkt nur Rechtsradikale, die die Institutionen des Staates ablehnen".
Ursprünglich sollten vier regionale Asylgipfel in München, Nürnberg, Augsburg und Vilsbiburg stattfinden. Die Planung wurde geändert, weil sich die Helfer der an diesem Tag stattfindenden Großdemonstration "Jetzt gilt's - Gemeinsam gegen die Politik der Angst" in München anschlossen, zu der das Netzwerk #ausgehetzt und das Bündnis #noPAG aufgerufen hatten. Polizeiangaben zufolge kamen rund 21.000 Menschen zu der Protest-Veranstaltung. Die Organisatoren sprachen von 40.000 Teilnehmern.