Für Torsten Geiling ist klar:
"Die wenigsten Paare schaffen es, ihr ganzes gemeinsames Leben im Gleichschritt zu gehen."
Geiling ist Systemischer Coach, Kommunikationswissenschaftler, Autor und: selbst Betroffener. Denn auch er hat eine Beziehung beendet. Wem es nicht gelinge, in Sichtweite zu bleiben und sich einander immer wieder anzunähern, mag mit einer Trennung langfristig besser fahren, findet er. Doch: Leichtfertig gehe niemand diesen Schritt:
"Ich selbst habe gelitten und gekämpft, vielleicht auch versagt."
Gequält von Angst, Wut und Schuldgefühlen, blieb er dieser schwierigen Lebensphase einsam, verzweifelt und orientierungslos zurück. Mit seinem Ratgeber "Ich will mich trennen" will er anderen Menschen Mut machen, "den Absprung zu finden", wie er es nennt, einen Schlussstrich zu ziehen und auch: das Gedanken-Chaos zu sortieren. Denn die Auflösung einer Paarbeziehung sei ein schmerzhafter Prozess, nicht selten ein traumatisches Erlebnis - "nicht nur für den, der übrig bleibt", betont Geiling in seinem Buch.
Nach Trennungen: Umgang mit Schuldgefühlen und Trauer
Darin gibt er etwa Antworten auf die Frage: "Wie begegne ich Ex-Partner, Kindern, Familie und Freunden?" Oder: "Wie starte ich in ein neues, selbstbestimmtes Leben?" Während es im ersten Teil des Ratgebers besonders um die Zeit vor der Trennung geht, um die Frage, wie es so weit kommen konnte, um Paartherapie und Scheidungsanwalt, legt der zweite Teil den Fokus auf die Umsetzung des Planes. Zuletzt schaut der Ratgeber auf die Zeit danach, auf den Umgang mit Schuldgefühlen und Trauer.
"Dieses Buch soll dir vor allem zeigen, dass du nicht allein mit deinen Sorgen bist", schreibt der Autor, der in der Nähe von Bayreuth lebt. In seiner Arbeit mit Betroffenen spürt er immer wieder: Viele Menschen seien in Abhängigkeiten, Gewohnheiten, gesellschaftlichen Konventionen und Bequemlichkeit gefangen. Schließlich sei der Partner mal die große Liebe gewesen.
Meist gebe es gute Gründe zu bleiben: "Weil wir Verantwortung spüren, Treue und Vertrautheit." Aber eben auch, zu gehen: "Weil wir auch nach Leben lechzen."
In seinem Ratgeber, der auch für Menschen gemacht ist, die sich nicht trennen wollen, greift Geiling in die Vielfalt einer Werkzeugkiste, stellt praktische Übungen und Denkanstöße vor, die helfen wollen, Schieflagen zu entlarven und eigene Ressourcen zu entdecken und zu nutzen. Auch sein "Wissen to go" am Ende eines jeden Kapitels trägt in zusammenfassender Art und Weise zu (mehr) Orientierung bei. "Die größte Gefahr im Leben ist doch oft", findet der Autor, der wieder glücklich verheiratet ist, "dass wir (…) zu vorsichtig sind".
Loslassen und Platz für Neues schaffen
Loslassen bedeutet laut Geiling Überholtes aufzugeben, sich von Belastungen und Gewohnheiten zu trennen, sich weiterzuentwickeln und Platz für Neues zu schaffen. "Um abschließen zu können, müssen wir über uns hinauswachsen", sagt der 48-Jährige. Beziehungen seien nicht für ewig gemacht; nichts sei schmerzhafter, als in einem unglücklichen Leben festzustecken:
"Wer leidet, darf gehen."
Wichtig sei immer wieder der "Blick nach innen", der dabei helfe, Ängste und Sorgen zu sortieren sowie Struktur ins Chaos zu bringen.
So habe sich ein 42-jähriger Betroffener, der anonym bleiben will, monatelang "blockiert" gefühlt, berichtet er. Über Geilings Coaching habe er einen Weg aus seiner unglücklichen Beziehung gefunden, den Ratgeber schon mehrfach weiterempfohlen. Auch eine 47-jährige Anwältin hat Geilings Unterstützung gesucht und konnte so sich selbst gegenüber die richtigen Fragen zum richtigen Zeitpunkt stellen, resümiert sie. "Man merkt oft erst im Nachhinein, wie belastend eine Beziehung sein kann, in der man unzufrieden ist", findet sie.
Dabei müsse es nicht zwangsläufig zu einer Trennung kommen, betont der Autor. "Die lässt sich oft verhindern, wenn das Paar das große Ganze im Blick behält, weiß, wo es in diesem Moment steht, und im Gespräch darüber bleibt, wo es gemeinsam hin möchte." Den entscheidenden Schlüssel sieht er in der Paarkommunikation. Denn es gehe ihm nicht darum, Beziehungen zu beenden, betont er im Nachwort zu seinem Buch, sondern Menschen bei Problemen zu unterstützen.
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