Markus Lüpertz trägt am Vormittag weißes Hemd zu schwarzem Gehrock, das Einstecktuch kunstvoll gebauscht. Ein Riesenring funkelt provokant an der Hand, die den Gehstock führt. Lüpertz, der Malerfürst, ist an sich schon ein Kunstwerk - nun will er sich an der fast 800 Jahre alten Ulrichskirche in Regensburg, einem der ältesten Bauwerke der Gotik in Deutschland, messen und in ihr die Glasfenster gestalten.
Die vor zwei Jahren profanierte Kirche steht an der Ostseite des Regensburger Doms, ist älter als dieser und erhält nach Angaben des Künstlers die ausgeführte Glaskunst bis Anfang des Jahres 2022. Er werde die prominente Fensterrose im Westportal sowie die kleinere Rosette auf der Ostseite gestalten, führte er am Donnerstag bei der Vorstellung des Projekts aus. In der großen Rosette am Westportal werde er eine Ornamentalkunst realisieren, die Vergangenheit und Gegenwart zusammenführe, sagte Lüpertz. Die kleinere Fensterrose sei dem Kirchenpatron St. Ulrich gewidmet. Hierfür gebe es bereits Entwürfe, in denen der Fisch als Symbol vorkomme.
Lüpertz über Ulrichskirche: "ästhetische Herausforderung"
Regensburg werde damit ein neues Kapitel in der Geschichte der Glaskunst schreiben, sagte der Regensburger katholische Bischof Rudolf Voderholzer. Markus Lüpertz sei für ihn einer "der originellsten Evangelisten", die er kennengelernt habe. Mit seinen Werken führe er nicht nur die Tradition der mittelalterlichen Glasbildkunst in der Stadt fort, sondern seine Kunst sei auch geeignet, "Glauben zu verkünden". Er sei dankbar und glücklich, dass der international renommierte Künstler den Auftrag angenommen habe.
Dass Lüpertz' Kunst in Regensburg eine dauerhafte Bleibe findet, sei für die Stadt "etwas ganz Besonders", sagte Regierungspräsident Axel Bartelt als Hausherr des Kirchengebäudes. Die fast 800 Jahre alte Ulrichskirche liege in der "Kulturecke" Regensburgs, und die Stadt sei eines der Herzstücke Bayerns.
Lüpertz selbst bezeichnete das Projekt als eine "ästhetische Herausforderung". Er müsse sich in dem kunsthistorischen Ensemble, mit dem Dom in der Mitte, mit seinen Glasfenstern gegen diesen Anspruch "behaupten". Das sei "spannend, aber machbar", sagte der Maler, Grafiker und Bildhauer, der am vergangenen Sonntag (25. April) seinen 80. Geburtstag feierte.
Idee entstand per Zufall
Religion sei die Fähigkeit zu glauben, sagte Lüpertz. Alles Andere ende in Zynismus. Er warnte davor, Kunst zur Unterhaltung zu degradieren. "Der Künstler ist das poetische und lyrische Gewissen der Welt." Deshalb müsse er sich anstrengen, denn ein Künstler kämpfe immer gegen die Götterdämmerung an: "Wenn Kunst gut ist, ist sie der Mittelpunkt der Welt." Und ihre Vollendung finde sie im Auge des Betrachters.
Die Idee zum Kirchenfenster-Projekt sei per Zufall entstanden, erläuterte Diözesankonservatorin Maria Baumann. Sie habe sich in den Vorgesprächen zu der gleichzeitig geplanten Ausstellung ergeben. Als Initiativimpuls soll am 10. September die Ausstellung "Göttlicher Funke II" in der Ulrichskirche eröffnet werden. Gezeigt werden Lüpertz' monumentale Ganzfiguren aus Gips in Kombination mit bereits ausgeführten Glasmalereien, die für seine Begeisterung stünden, "mit dem Licht zu malen". Die Ausstellung im Kirchenraum, der künftig als Diözesanmuseum dienen soll, geht bis zum 31. Oktober.