Über 650 britische Bomber greifen in der Nacht vom 10. auf den 11. August 1943 Nürnberg an. Es ist der Laurentiustag, an dem in die nach Laurentius benannte Kirche St. Lorenz eine Mine durch das Dach des Hallenchores kracht, gegen die Trennwand von Hallenchor und Hauptschiff trifft und im Chor explodiert. Gewölbejoche werden herausgerissen, das Dach des Langhauses abgedeckt, die Maßwerke der Fenster zerstört.

Auch beim schwersten Angriff auf Nürnberg am 2. Januar 1945 fallen Bomben auf St. Lorenz, das damals bereits wieder ein provisorisches Dach auf dem Chor hat. Die apokalyptischen Minuten fordern in der ganzen Stadt mehr als 1.800 Todesopfer. Zeitzeugen des verheerenden Angriffs erinnern sich: "Man hatte mit dem Leben abgeschlossen", nachzulesen in dem Band des Stadtarchivs, "Der Luftkrieg um Nürnberg".

Nach jedem Angriff: Notsicherung der Kirche

Aber wenn die Flieger verschwunden sind, machen sich die Nürnberger immer an eine Notsicherung ihrer Kirchen. Bauteile, die im Schutt gefunden werden, bewahren sie für die Zeit nach dem Krieg auf. Der Denkmalexperte Marco Popp hält den großen Wiederaufbauwillen für eine Nürnberger Besonderheit. Auch angesichts meterhoher Schuttberge sei "nicht lange diskutiert worden, ob die Kirche überhaupt wieder aufgebaut wird".

Bereits bei den ersten Angriffen auf Nürnberg sind alle beweglichen Kunstwerke der Nürnberger Kirchen in den Kunstluftschutzbunkern in den Sandsteinfelsenkellern unter der Kaiserburg "bombensicher" verwahrt. Das berühmte Sakramentshaus ist eingemauert. Die Weitsicht, so die Kunst vor dem Krieg zu schützen, zeugt zwar nicht unbedingt von einer Zuversicht, den "Endsieg" zu erringen, meint Popp. Sie ist aber Glück im Unglück. Der Autor mehrerer Bücher über die bedeutende gotische Nürnberger Bischofskirche hat sich auch mit dem Wiederaufbau der Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg befasst.

Dach, Fußboden, Gestühl und Orgel zerstört

Nachdem im April 1945 die letzten Schüsse der amerikanischen Artillerie in Nürnberg verhallt sind, sind hauptsächlich das Dach und das Gewölbe der Lorenzkirche, Fußboden, Gestühl und die Orgel zerstört, die Türme und einige Glocken beschädigt. Der Dachstuhl muss wegen des Holzmangels aus Stahl errichtet werden. 1,5 Kilometer Gewölbestreben müssen eingebaut werden.

Eine Ironie der Geschichte ist es, dass ein Bauunternehmer bereits im Jahr 1946 ein Holzgerüst von der Baustelle der Kongresshalle holt, dem Mammutprojekt, das die Nationalsozialisten, deren Bau 1943 gestoppt worden ist. In der Kirche St. Lorenz trägt das eine Arbeitsplattform, von der aus das Rippennetz des Gewölbes saniert werden kann. "Das haben sich die Erbauer der Kongresshalle sicher so nicht vorgestellt, aber so war das Gerüst noch zu etwas gut", sagt Popp.

Ein Fund in einer Holzkiste im Germanischen Nationalmuseum half, die berühmte Rosette in der Westfassade zu retten. In der Kiste waren so viele Teile der 1865 entfernten mittelalterlichen Scheiben von etwa 1350, dass das Fehlende ohne Schwierigkeiten rekonstruiert werden konnte, hat Denkmalpfleger Popp recherchiert.

Kosten für Wiederaufbau lassen sich nicht beziffern

Welche Kosten vor über sieben Jahrzehnten für den Wiederaufbau anfielen, lässt sich gar nicht beziffern, sagt der Denkmalpfleger, der bereits mehrere Bücher über die St. Lorenzer Baugeschichte geschrieben hat. Die meisten Rechnungen habe die Kirchengemeinde übernommen, für die Pfarrer Gerhard Kübel und Oberbaurat Julius Lincke intensiv Spenden eintrieben. Die Währungsreform vom 20. Juli 1948 bringt jedoch einen großen Einschnitt. Das Spendenaufkommen sinkt drastisch.

Über Kontakte tritt man mit Rush Kress aus New York in Verbindung, dessen Vorfahre Anton Kreß als Geistlicher an St. Lorenz tätig war. Durch die Vermittlung des Amerikaners erhält der Verein zur Erhaltung der Lorenzkirche großzügige Geldsummen für den Wiederaufbau: 840.000 D-Mark fließen. An Rush' Unterstützung erinnert eine Bronzegedenktafel an einem Chorpfeiler.

Nach nicht einmal sechs Jahren Bauzeit konnte die Gemeinde am Laurentiustag 1952 den ersten Gottesdienst in der beinahe wiederhergestellten Kirche feiern. Die Arbeiten gingen noch bis in die 1960er-Jahre weiter. An diesem Sonntag (7. August) feiert St. Lorenz den 70. Jahrestag der Wiedereinweihung und dazu den Abschluss der neuesten Sanierungen vor allem am Dach der Kirche. Denn gebaut wird an St. Lorenz seit 700 Jahren.